Wer nach den Sternen greift
nicht um die Mine kümmern, und Mary Ann schauderte bei dem Gedanken an so viele Menschen, aber Frank schenkte ihnen trotzdem eines der Grundstücke und erwiderte: »Ihr könnt uns ja zumindest immer besuchen kommen.«
Er hatte die Pläne selbst gezeichnet, hatte tagelang an seinem Schreibtisch in seinem Haus am Boulder Drive in Denver darüber gebrütet und Annie zu Rate gezogen. Als sie dann im Herbst nach New York gefahren waren, hatte er Mr. Hunt aufgesucht, den Architekten, der die Paläste weiter unten an der Fifth Avenue entworfen hatte, aber der Mann lehnte seinen Auftrag ab, weil er sich mit diesem Niemand aus dem Westen, auch wenn er die Curran-Mine besaß, nicht den Ruf verderben wollte. Mr. Hunt arbeitete nur für die New Yorker Familien, die von den ersten holländischen Einwanderern abstammten und Sommerhäuser in Newport besaßen, die er ebenfalls entworfen hatte.
»Wo ist Newport?«, fragte Annie.
»Auf Rhode Island«, antwortete Frank.
»Wo ist Rhode Island?«, fragte Annie. An Sommerhäusern war sie nicht interessiert. Den Sommer würden sie in Denver verbringen.
New York nahm das prächtige Haus an der Fifth auf dem Land zur Kenntnis. Es war so groß und auffallend wie ihre Paläste, aber von einem Londoner Architekt entworfen, den keiner von ihnen kannte. Sie hatten zwar von Frank Curran und seiner Silbermine gehört, aber er galt als
nouveau riche,
und Geld allein öffnete den Currans nicht die Tür zu ihrem inneren Zirkel. Vor allem nicht, nachdem Annie im Theater einmal zu laut gelacht hatte. Außerdem trug sie zu grelle Farben, auch wenn ihre Kleider zu den teuersten in der Stadt gehörten. Also verkehrten lediglich normale Bürgerliche, Politiker und Theaterleute im Haus der Currans, was Annie recht war, da sie nach New York gezogen war, um ein aufregenderes Leben zu führen, und das garantierten ihr diese Leute.
Die Partys, die sie gab, erregten Aufsehen, gelangten jedoch nicht in die Gesellschaftsspalten. Und Frank begann, in Grundbesitz zu investieren. Die New Yorker lachten und nannten ihn ein Landei, der sein vieles Geld ohne Sinn und Verstand ausgab. Und es stimmte, die Grundstücke, die Frank kaufte, lagen noch jahrelang brach, aber ihm war das egal. Er baute sich ein Gewächshaus und züchtete Orchideen, während Annie Kleider kaufte und Partys gab. Und ihre Kinder, Sophie, Adam und Jerome, rannten im Haus und im Garten herum, ritten auf ihren eigenen Ponys, und niemand brachte ihnen Disziplin bei.
Schließlich beschloss Frank, dass seine Kinder auf eine Schule gehen sollten. Für Sophie kam dabei nur Miss Shibleys in Frage, wo die Kinder der »oberen Vierhundert«, der High Society hingingen. Mit genügend Geld konnte man seinem Kind einen Platz in diesem Institut kaufen.
Glück jedoch konnte er seiner Tochter mit Geld nicht kaufen.
5
W eder Annie noch Frank waren über die sechste Klasse hinausgekommen, und Frank stellte immer mehr fest, wie der Mangel an Schulbildung sein gesamtes Leben beeinträchtigte. Ethan war damals nach der Grundschule für vier Jahre in eine andere Stadt gegangen und hatte seinen Highschool-Abschluss gemacht, und im Vergleich zu seinem Bruder wusste Frank nur wenig. Nachdem er die Silbermine entdeckt hatte, machte er sich daran, etwas zu lernen. Ethan brachte ihm Mathematik bei, damit er im Notfall die Bücher führen konnte, aber obwohl Frank eine Begabung für Zahlen hatte, gefiel ihm das Fach nicht wirklich.
Er begann zu lesen. Er verschlang alles, was gedruckt war, und saß oft bis tief in die Nacht in seinem Arbeitszimmer. Die kleine Bibliothek in Denver hatte keine besonders große Auswahl an Büchern, und er sorgte dafür, dass eine öffentliche Bücherei eingerichtet wurde. Bei seiner ersten Reise nach New York hatte er die große Bibliothek dort entdeckt und sich stundenlang, oder wie Annie behauptete, ganze Tage lang dort aufgehalten. Er hatte sich kundig gemacht, wie man eine Bibliothek aufbaute, einen Bibliothekar gefunden und Bücher ausgesucht. Ungefähr drei Jahre nach seinem ersten Besuch in New York, zur gleichen Zeit, als ihr Haus an der Fifth Avenue beinahe fertiggestellt war, gründete Frank die erste öffentliche Bibliothek in Denver, ein einstöckiges Ziegelgebäude mit Marmorböden. Als Bibliothekarin stellte er Miss Laurel Fisher aus Canton, Ohio, ein. Sie hatte sich schriftlich beworben, und als sie schließlich eintraf – er hatte ihr die Zugfahrkarte nach Denver bezahlt –, stellte er fest, dass sie eine
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