Wer nach den Sternen greift
gehabt.«
Er drückte ihre Hand.
Kurz darauf sagte er: »Wir fahren jetzt über die Triborough Bridge. Machen Sie die Augen auf und schauen Sie auf die Lichter. Es ist schön, nach den dunklen Kriegsjahren in Europa die Lichter in Amerika zu sehen.«
»Wie haben Sie die Zeit verbracht?«
»Im Vergleich zu Frankreich und dem übrigen Europa hatten wir Glück. Hitler hat uns besetzt, bevor wir überhaupt merkten, was los war. Aber im Gegensatz zu den anderen Ländern durften wir ein relativ normales Leben führen. Die Nazis brauchten die skandinavischen Länder, weil in Norwegen ihre U-Boote lagen, um von dort in den Nordatlantik auszulaufen.
Allerdings wurde die Arbeit in der Käsefabrik meines Vaters stark eingeschränkt, weil wir natürlich nicht mehr die ganze Welt beliefern durften. Als dann die Deutschen von uns Dänen verlangten, die Juden auszuliefern, hat sich der König geweigert, und wir sind seinem Beispiel gefolgt. Ich habe selber zahlreiche Juden mit dem Boot nach Schweden in Sicherheit gebracht. Die Deutschen bewachten unsere Küsten, deshalb konnten wir nicht immer von den gleichen Stellen aufbrechen, aber es waren nicht genug Soldaten da, um die gesamte Küste im Auge zu behalten. Wir sind meistens nachts gefahren, damit wir vor dem Morgengrauen wieder zurück waren, um unsere Familien nicht in Schwierigkeiten zu bringen.«
Wie Philippe, dachte Alex.
»Im Winter haben wir bei stürmischem Wind natürlich viel länger dafür gebraucht als im Sommer.«
»Aber die Nazis haben nicht einen dänischen Juden bekommen.«
»Ich kann nur hoffen, dass das stimmt. Ich habe jedenfalls mein Bestes getan. Und 1943 wurde auch der Widerstand immer stärker.«
»In welcher Hinsicht? In England haben wir in jener Zeit nur wenig von anderen Ländern mitbekommen.«
»Nun, wir haben zum Beispiel Züge entgleisen lassen, mit denen deutsche Truppen nach Norwegen gebracht wurden. Fabriken, die für die Deutschen arbeiteten, wurden in die Luft gejagt. Brücken wurden gesprengt, was in unserem Land entscheidend ist, weil wir ein Inselstaat sind. Die Briten haben uns mit Waffen versorgt und hatten ein System ausgearbeitet, uns über das Radio zu informieren, wann die Übergabe stattfinden würde. Ein dänischer Sprecher bei der BBC sagte zum Beispiel: Grüße gehen an Peter, Hanne und Ole, und dann wusste die Widerstandsbewegung Bescheid. Die Deutschen sind nie dahintergekommen.« Lars lachte.
»Dadurch wurde der Widerstand immer stärker, aber die Deutschen gingen auch immer härter dagegen vor. Sie erschossen Zivilisten, um der Bevölkerung Angst zu machen, und wenn sie einen Widerstandskämpfer fassten, dann erwartete ihn der sichere Tod.«
»Aber ich nehme an, das hat Sie nicht davon abgehalten, oder?«
»Nein. Wir wurden allerdings immer vorsichtiger, und die Deutschen haben nicht viele von uns gefasst. Euer britischer Feldmarschall Montgomery, der im Mai 1945 mit seiner einundzwanzigsten Armee unser Befreier wurde, sagte über den dänischen Widerstand, er sei ›unvergleichlich‹. Er hat uns gegen den Willen Eisenhowers vor dem russischen Zugriff bewahrt, und wir verehren ihn in Dänemark wie einen Helden.«
Schweigend fuhr er weiter.
Alex musste eingeschlafen sein, denn sie fuhr hoch, als Lars auf einmal sagte: »Ah, hier ist das Hamburger-Lokal, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
»Wo sind wir?«
»Wir sind auf dem Sunrise Highway in dem kleinen Ort Freeport, kurz vor der Ausfahrt nach Jones Beach.«
»Wie spät ist es?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich gefragt habe.«
»Um diese Jahreszeit geht die Sonne auf, wenn wir am Strand sind.«
Sie traten in das hell erleuchtete Lokal. Außer ihnen waren nur noch drei andere Gäste anwesend.
Lars warf Alex einen Blick zu. »Sie sind nicht besonders amerikanisch, oder?«
»Ich glaube, ich war nie eine richtige Amerikanerin. Andererseits finden die Engländer mich auch nicht besonders englisch.«
»Ich habe gehört, sie sind sehr stolz auf Sie.«
»Oh, ihnen gefällt, was ich mit dem Geld meines Vaters und meines Großvaters bewirkt habe.«
»Das Geld Ihres Vaters und Ihres Großvaters könnte auch auf der Bank liegen und Zinsen bringen«, sagte Lars.
Alex lächelte ihn an. »So habe ich es nie gesehen.«
Er führte sie zu einem Tisch, auf dem das Besteck in Papierservietten eingewickelt lag.
»Hey«, rief der Mann hinter dem Tresen, »was kann ich für euch tun?«
»Ich habe dieser
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