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Wer nach den Sternen greift

Wer nach den Sternen greift

Titel: Wer nach den Sternen greift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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selber schuld, und wenn sie nur einen Funken Verstand hätten, würden sie sich nicht mit einem Mann einlassen. Aber als ich dann dein Waisenhaus und deine Entbindungsklinik gesehen habe, wurde mir klar, dass ich durchaus etwas tun kann. Diese Frauen kamen allein nicht zurecht, und ich dachte, dass ihnen einfach jemand helfen muss. Als dann der Krieg und deine französischen Kinder kamen, fand ich einen neuen Sinn im Leben, aber jetzt ist es für mich an der Zeit, mich dieser Aufgabe zu widmen. Natürlich kann ich das nicht allein tun, aber mit Planet Parenthood kann ich viel bewirken. Ich kann Frauen überall auf der Welt ausbilden, damit sie sich selber helfen können. Und ich kann Männern eine andere Einstellung Frauen gegenüber vermitteln.«
    Alex blickte ihre Mutter erstaunt an.
    »Als du damals die Waisen und die schwangeren Frauen im Schloss hattest, hatte ich noch viele Vorurteile, aber mit den Jahren wurde mir klar, dass eine Frau das Recht haben muss, über sich selber zu bestimmen. Es ist einfach tragisch, darauf zu bestehen, dass eine Frau ein Kind austrägt, das ihr Leben ruiniert. Es ist eine Schande! Männer stehlen sich einfach aus der Verantwortung. Wenn jeder Mann ein ungewolltes Kind zur Welt bringen müsste, dann wäre Abtreibung auf der ganzen Welt legal, da kannst du sicher sein!«
    »Vielleicht solltest du in die Politik gehen, Mutter!«
    »Unsinn. Um das bisschen an Moral, was ich gewonnen habe, wieder zu verlieren? Nein, mit Planned Parenthood zu arbeiten ist für mich genau das Richtige. Du könntest es auch tun.«
    »Nein, für mich ist das nichts. Ich finde es wundervoll für dich und für die Welt, aber ich brauche jetzt erst einmal Ferien. Ich muss auf Schloss Carlisle sitzen und dafür sorgen, dass der Garten wieder in Ordnung gebracht wird und vielleicht ein bisschen handarbeiten …«
    »Ach, Unsinn! Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir das ausreicht!«
    Alex lächelte. »Nein, ich auch nicht. Vielleicht fahre ich auch an die Riviera und setze mich in die Sonne. Oder ich reise nach Hawaii. Lina hat gesagt, entweder studiert sie ein Semester lang dort oder an der Tulane in New Orleans.«
    »Ach, du meine Güte. Davon hat sie mir ja gar nichts erzählt.«
    »Es sind die beiden einzigen Universitäten, an denen auch Tropenmedizin gelehrt wird, und sie möchte sich auf Afrika vorbereiten.«
    »Mangelnde Vielseitigkeit kann man ihr sicher nicht vorwerfen.«
    »Ich könnte ein Haus auf Hawaii kaufen, damit Lina bei mir wohnen kann, während sie dort zur Universität geht«, überlegte Alex.
    »Ach, ihr armen Schätzchen! Ihr habt viel nachzuholen, nicht wahr? Ist das nicht Ironie des Schicksals? Ich war dir eine schlechte Mutter, und mir fällt die Aufgabe zu, deine beiden Kinder aufzuziehen. Das Leben ist unfair, weil es mich mit so viel Glück beschenkt. Und ich verdanke es dir, dass ich mit fünfundsechzig noch in die Welt gehe und ein Ziel habe!«
    »Ich beneide dich, Mutter. Ich habe das Gefühl, ich bin zu nichts mehr nütze.«
    »Das darf ja wohl nicht wahr sein, Kind. Willst du nicht mit mir auf einen Ball kommen? Die Vereinten Nationen geben einen Wohltätigkeitsball am Freitag, und ich habe eine Einladung. Ich wette, du bist seit vor dem Krieg nicht mehr richtig ausgegangen.«
    »Da hast du recht. Ich habe überhaupt nichts zum Anziehen. Und ich bin auch nicht über die Vereinten Nationen informiert. Sind sie nicht gerade erst im Entstehen begriffen?«
    »Wir wissen nicht, was letztendlich daraus wird. Mehr als ein Völkerbund hoffentlich.« Sophie lächelte. »Auf jeden Fall findet am Freitag ein großer Wohltätigkeitsball im Waldorf statt, um Geld für die Vereinten Nationen zu sammeln. Ich habe zwei Eintrittskarten geschickt bekommen, wie vermutlich jeder mit Geld hier. Dann kannst du dich endlich mal wieder schön machen.«
    Alex seufzte. »Ich werde mir wohl ein neues Kleid kaufen müssen. Während des Krieges habe ich ganz vergessen, dass es so etwas wie Bälle überhaupt gibt. In England haben wir immer noch Rationierung.«
    »Es könnte dir auch nicht schaden, zur Kosmetikerin und zum Friseur zu gehen«, meinte ihre Mutter.
    »Ich dachte, du mischst dich nicht mehr in das Leben anderer Leute?«, sagte Alex lächelnd. Sie trat zu einem Spiegel und betrachtete sich. »Sehe ich wirklich so schlimm aus?«
    »Ein bisschen Unterstützung täte dir sicher gut.«
    »So kann nur eine Mutter reden. Glaubst du, Lina möchte auch mitkommen?«
    »Nein«, erwiderte Sophie.

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