Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
beim Flohmarkt mit.«
»Ich denke, du hasst Flohmärkte«, erinnerte ich sie und fragte mich, wann ich hier wohl wegkäme, um Elliot anzurufen. Vielleicht hatte er mir den Abend neulich verziehen. »Habt ihr denn schon gebucht?« Vage erinnerte ich mich, dass sie vor Ewigkeiten das Budget festgelegt und über mögliche Ziele nachgedacht hatten.
»So gut wie«, sagte sie und fuhr sich mit der Hand durch die widerspenstigen Locken, die ihr in die Stirn fielen. Den Haaransatz hatte sie immer noch nicht gefärbt.
»Wie meinst du das?« Ich sah sie ernst an.
»Das ist doch unwichtig, Schatz.« Sie lächelte. »Das soll jetzt nicht dein Problem sein.«
»Könnt ihr euch die Kreuzfahrt wegen der Hochzeit nicht mehr leisten?«
»Quatsch, du Dummerchen. Sei nicht albern.« Sie schaute an mir vorbei, als wollte sie sich vergewissern, dass Dad nicht irgendwo herumschlich. »Sag deinem Vater bloß nicht, dass ich dir das erzählt habe, aber er hat im Januar eine Mieterhöhung für den Laden bekommen«, flüsterte sie. »Und das Geschäft läuft gerade nicht so gut. Er musste an seine Ersparnisse gehen, um ein paar Rechnungen bezahlen zu können.«
»Das wusste ich ja gar nicht«, sagte ich.
Sie zuckte mit den Achseln. »Woher solltest du, Liebes? Ist auch nicht dramatisch«, fügte sie munter hinzu. »Die Kreuzfahrt können wir uns trotzdem noch leisten. Ich dachte nur, dass es nicht schaden könnte, ein bisschen Kleingeld lockerzumachen.« Sie zog eine Porzellanschäferin aus dem Karton und zeichnete mit dem Finger die Figur nach. »Die könnte etwas wert sein.«
»Schwer vorstellbar.«
Da fiel mir noch etwas ein, und ich kramte in meiner Bademanteltasche. »Mum, was glaubst du, wer das ist?«, fragte ich und legte das Foto, das Elliot mir dagelassen hatte, auf den Tisch.
Ich bemühte mich um eine gleichgültige Miene, während sie ihre Lesebrille suchte.
»Wo hast du das denn her?«, fragte sie und hielt das Foto in das Licht, das durchs Fenster hereinfiel. »Die Frau sieht aus wie deine Tante June in jüngeren Jahren.«
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wie oft hatte ich gehört, dass ich wie Mums Schwester aussah.
»Das könntest aber auch du sein. In ein paar Jahren«, sagte sie und lächelte verhalten. »Sie sieht aber nicht sehr glücklich aus, wer auch immer es ist. Liest sie ein Selbsthilfebuch?«
Ich schnappte mir das Foto, bevor sie es umdrehen und die Worte auf der Rückseite lesen konnte. »Das hab ich … äh … unterwegs irgendwo gefunden«, sagte ich wenig überzeugend. »Ich glaubte ebenfalls, dass sie wie Tante June aussieht.« Könnte sie es wirklich sein? Hat es Elliot irgendwie in die Finger bekommen, und versuchte er nun, mir einzureden, dass ich das war?
Mum nahm die Brille von der Nase und schaute mich an. »Vielleicht sucht jemand das Foto«, sagte sie in ihrem typischen Lehrerinnentonfall. In all den Jahren hat sie Beruf und Leben immer mehr vermischt. »Du hättest es nicht einstecken dürfen. Es gehört dir schließlich nicht.«
»Komm schon, Mum.« Ich nutzte die Chance, den genervten Teenager zu spielen und aus dem Zimmer zu stürzen, sonst hätte mich mein Gesichtsausdruck noch verraten.
In der Küche vergewisserte ich mich, dass sie mir nicht gefolgt war, zerriss das Foto in tausend Stücke und warf es in den Mülleimer.
29. Kapitel
Den Anruf bei Elliot musste ich notgedrungen auf den späten Nachmittag verschieben. Ich hatte eine Verabredung mit einem neuen Kunden, dem wir von Juliette empfohlen worden waren und der für seine Frau eine Fünfzigerjahre-Überraschungsparty plante. Wie versprochen hatte sie uns etliche neue Kunden beschert und zusätzlich auch noch ›Dining In‹ für ein Essen mit den Politikern, die Ted in seiner Show haben würde, selbst engagiert. Großartig – wenn es nicht zwei Tage vor meiner Hochzeit hätte stattfinden müssen.
»Es soll etwas Kleines, aber Erlesenes sein«, hatte sie gesagt. »Könnten Sie Trüffelöl besorgen?«
Diese Aufträge würden hoffentlich ausbügeln, was Belle noch alles im Sinn hatte – sollte Elliot sie nicht davon überzeugt haben, dass ich einen solchen Aufwand nicht wert war. Rosie kannte noch immer nicht die ganze Geschichte, und ich rechnete fast damit, dass sie irgendwann über eine Schlagzeile im Evening Standard oder in einer der Klatschzeitungen stolpern würde. Man konnte es sich leicht vorstellen:
KÖCHIN ERZÄHLT HALBGARE GESCHICHTEN !
Sasha Clayton, Inhaberin eines Catering-Service, wird vorgeworfen, bei
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