Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)
Gestalt vom Schaufenster löste, eine große Person mit rotbraunem Haar, wie mir schien. Ich war versucht, hinauszurennen und mich auf der Straße umzuschauen, was total lächerlich war. Das konnte jeder x-beliebige Mensch gewesen sein. Warum sträubten sich mir also die Nackenhaare?
»Zeit, nach Hause zu gehen«, sagte Rosie, aber ich fand nur mühsam in die Realität zurück. »Ich denke, für heute reicht es an Aufregung.«
28. Kapitel
»Was tust du denn da?«
Mum tanzte mit dem Wischmopp durchs Wohnzimmer. »Eins, zwei, drei, eins, zwei, drei, eins, zwei, drei …«, sang sie und wirbelte mit wehenden Rockschößen an mir vorbei. Aus dem Musikkanal erklang Drum ’n’ Bass, und eine Frau mit einer wilden Frisur reckte ihre Faust in Richtung Kamera.
»Mum!« Ich stellte den Fernseher ab.
»Oh.« Sie hielt inne. Ihre Wangen waren rosig. »Ich übe einen Tanz für deine Hochzeit«, keuchte sie. »Könntest du deinen Vater nicht dazu überreden, den Tanzkurs mitzumachen? Auf mich hört er ja nicht.« Achtlos ließ sie den Wischmopp fallen. Vermutlich stellte sie sich vor, es sei Dad.
»Aussichtslos«, sagte ich und versuchte, mir vorzustellen, wie ich als Mrs. Treadwell den ersten Tanz mit Pete absolvierte. Er machte durchaus eine gute Figur auf dem Parkett. Auf Viviennes Wunsch hin waren er und Bob früher zum Ballett gegangen, und ich hegte manchmal den Verdacht, dass sie lieber Töchter gehabt hätte.
»Du kennst doch Dads Einstellung«, erinnerte ich sie. »Er wollte sich nicht einmal Let’s Dance im Fernsehen anschauen.«
»Stimmt.« Sie wirkte betrübt, aber plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf. »Vielleicht wird Roger mir die Ehre erweisen«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. Bei unserer Verlobung hatte sie durchaus Gefallen an Petes Vater gefunden. »Vivienne wirkt eher, als würde es sie umbringen, wenn sie sich amüsieren müsste, ehrlich gesagt.«
»Da ist was Wahres dran, doch würden wir das nicht einmal bemerken«, sagte ich trocken. »Bei all dem Gift, das sie sich ins Gesicht spritzen lässt.«
»Schauen Sie nur, ich bin ja so übermäßig glücklich«, sagte Mum, machte Viviennes Upper-Class-Akzent nach und zog ihre Augenbraue um einen Millimeter hoch. »Und schauen Sie nur, wie übermäßig traurig ich jetzt bin.« Sie zuckte mit der anderen Braue.
»Und ich bin so über die Maßen empört«, stimmte ich ein und bewegte keinen Muskel im Gesicht. »Aber jetzt werde ich mich zusammenreißen und lächeln.« Mit zwei Fingern schob ich meine Mundwinkel hoch, und Mum brüllte vor Lachen.
»Ooh, so etwas sollten wir nicht tun«, sagte sie, als wir aufs Sofa plumpsten und schuldbewusst vor uns hin kicherten. »Du wirkst in den letzten Tagen so beschwingt und hast so ein Funkeln in den Augen«, fügte sie hinzu und neigte den Kopf.
»Ach ja?« Ich stand auf und betrachtete mich im Spiegel. »Übrigens habe ich noch nicht die Musik für den Empfang ausgesucht.« Sollte da ein Glänzen in meinen Augen sein, lag das wohl eher an der Übermüdung. Ich hatte kaum schlafen können und daher Pete gelegentlich wachgerüttelt, damit er mich ein wenig unterhielt, aber das hatte ihm gar nicht gefallen. Er brauchte seine acht Stunden Schlaf.
Im Übrigen knisterte auch noch mein Haar, aber das lag sicher an der elektrisch aufgeladenen Luft gestern in der Umkleidekabine.
»Überlass das mit der Musik doch der Band«, sagte Mum pragmatisch. »Die haben Erfahrung mit so etwas. Ach so, gestern hat übrigens jemand für dich angerufen«, fügte sie hinzu. »Irgendein Frobisher.«
Ich schoss herum und stieß gegen den Couchtisch. Ein Löffel fiel zu Boden. »Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?« Mein Herz schlug so laut, dass sie es eigentlich hören musste.
»Hab ich vergessen. Du bist gestern so spät wiedergekommen.«
»Hat er eine Nachricht hinterlassen?«
»Nein. Er hat gesagt, du sollst ihn auf seinem Handy anrufen.«
Ich versuchte, meine Gedanken zu sortieren. Immerhin schien er das Porträt nicht erwähnt zu haben. Aber hieß das nun, dass er es machen wollte oder eher nicht?
»Glaubst du, die ist etwas wert?« Sie bückte sich, nahm eine Vase aus einem Karton auf dem Fußboden und hielt sie mir hin.
»Das würde ich bezweifeln.« Ich nahm sie und wusste selbst nicht, wonach ich suchte. »Warum?«
»Ich bin dabei, etwas Bargeld für unsere Kreuzfahrt aufzutreiben«, sagte sie, nahm mir die Vase wieder ab und legte sie zurück in die Schachtel. »Vielleicht mache ich dieses Wochenende
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