Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
notwendig. Es gibt viele Erkrankungen, die keine Depression sind, aber ebensolche Symptome zeigen. Besuchen die Patienten ausschließlich einen Psychotherapeuten, kann die Erkrankung nicht erkannt werden und der Patient erleidet unnötig Qualen.
Es muss berücksichtigt werden, dass der Selbstmord eine große Gefahr für den Patienten darstellt. Deshalb ist eine möglichst rasche Abklärung mit einem Psychiater respektive einem Neurologen notwendig.
Früher verwendete man Opiate zur Behandlung einer Depression. Dies führte zwar zu euphorischen Zuständen, die aber sehr kurzlebig waren.
Medikamente, die auf den Neurotransmitter Noradrenalin Einfluss nehmen, können eine depressive Phase auslösen. Normalerweise steuert das Noradrenalin die Aufmerksamkeit und die Intensität der generellen Aufmerksamkeit. Für die Behandlung eignen sich diese Präparate nur bedingt.
Heute werden tricyclische Antidepressiva zur Behandlung verwendet. Diese haben relativ geringe Nebenwirkungen, die gewünschte Wirkung tritt aber erst nach rund zwei Wochen auf. Die Antidepressiva hemmen die Inaktivierung des Neurotransmitters im synaptischen Spalt, dem Übergang zwischen zwei Neuronen. Ein Neurotransmitter wird normalerweise, nachdem er sich an einen Rezeptor gebunden hat, inaktiviert. Diese Inaktivierung wird durch die tricyclischen Antidepressiva verhindert. Die Inaktivierung betrifft vor allem die Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin. Unter der Bezeichnung SSRI (Selective Serotonin Reuptake Inhibiter) findet man ein probates Mittel für Depressionen. Das Serotonin steht vor allem in Verbindung mit der Affektregulation und der Regulation von Appetit, Angst und Schmerz. Rund 40 Prozent der Patienten kann mit einem SSRI geholfen werden. Problematisch ist allerdings die rund zweiwöchige Verzögerung des Einsetzens der Wirkung.
Bei einem Viertel aller depressiven Patienten führen die klassischen Antidepressiva nicht zu einer Besserung. Man geht davon aus, dass es sich in diesen Fällen um eine Fehlsteuerung des Stresssystems handelt. Stellt das Gehirn (kognitive Bereiche) Angst oder Stress fest, wird der Hypothalamus aktiviert. Dieser sondert das Corticotropin-Releasing-Hormon ab und aktiviert damit die Hypophyse (Hirnanhangdrüse). Die Hypophyse sondert nun ihrerseits über das Blut das Adreno-Corticotropes-Hormon aus. Zentraler Empfänger ist die Nebenniere, die deshalb Cortison ausschüttet. Damit es zu keiner Übersteuerung kommt und das System sich nach der Angst-oder Stresssituation wieder beruhigt, wird eine Gegenkopplung aktiv. Das Cortison hemmt die Hypophyse und den Hypothalamus. Fällt die Gegenkopplung niedrig aus, kann es zur Depression kommen, denn die ausgeschütteten Hormone verändern den Einfluss diverser Neurotransmittersysteme. So stellte man bei einer größeren Gruppe von Patienten mit einer Depression fest, dass die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse beziehungsweise die Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse über-beziehungsweise unteraktiv war. Das Adreno-Corticotropes-Hormon führt zu einer Defokussierung der Aufmerksamkeit, und Cortisol führt direkt zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Interessanterweise kann bei dieser Form der Depression, der stressbedingten Depression, Lithium helfen. Bereits seit mehr als 40 Jahren ist bekannt, dass Lithiumsalze bei einer Manie helfen. Warum, wusste man lange Zeit nicht. Es klingt auch sehr riskant, jemandem, der an einer Depression leidet, ein Medikament zu verschrieben, das gegen Hyperaktivität hilft, wenn in wesentlichen Teilen aber eine zu geringe Aktivität vorherrscht. Dann fand man heraus, wie Lithium wirkt, nämlich nicht auf einzelne Neurotransmittersysteme, sondern es sorgt dafür, dass alle Neurotransmittersysteme gut abgeglichen arbeiten. Damit wirken Lithiumsalze hervorragend gerade bei stressinduzierten Depressionen.
Es gibt aber auch Formen von Depressionen, die medikamentös gar nicht behandelt werden können. Hier ist die Elektrokrampftherapie das Mittel der Wahl. Die Elektrokrampftherapie genießt zwar einen zweifelhaften Ruf, da früher Patienten damit ruhiggestellt wurden, die Behandlung erfolgt jedoch unter Vollnarkose und die Langzeitschäden sind sehr gering. Es gibt einen kurzfristigen Einfluss auf das Gedächtnis, vor allem auf das Kurzzeitgedächtnis. Langfristige Schäden des Gedächtnisses treten äußerst selten auf.
Wenn die Neigung zur Selbst-mit der zur Fremdauslöschung zusammenfällt, spricht man von
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