Wer nichts weiß, muss alles glauben (German Edition)
ist entweder fernes Infrarot oder nahe Mikrowelle, wie man will, jedenfalls dazwischen. Ein Passivscanner analysiert die Terahertzstrahlung, die der Körper abgibt, ein Aktivscanner sendet Strahlung aus und misst die Reflexion. Aktiv kann ein bisschen mehr als passiv, aber beide sind leicht zu überlisten, denn Terahertzstrahlung geht durch Stoff durch, durch manche Kunststoffe, aber nicht durch Metall und nicht durch die Haut. Das heißt, Gegenstände im Körper können unbehelligt transportiert werden. Etwa im Mund, im Magen oder im Darm. Pyrotechnische Gegenstände, mit denen man jedes Flugzeug ganz leicht zu einer, sagen wir, unkonventionellen Landung zwingen kann, an den Sicherheitskontrollen vorbeizuschmuggeln, wäre überhaupt kein Problem.
Nacktscanner sind völlig sinnlos und Röntgenscanner sind auch nicht viel besser. Ein Röntgenscanner sieht mehr, ist aber auf Dauer ungesund. Hautkrebs ist dann bei Miles & More möglicherweise gratis dabei. Und wer sich ein wenig mit Naturwissenschaften auskennt, bringt auch am Röntgenscanner ohne weiteres tödliche Waffen vorbei an Bord.
Wer sich mit Naturwissenschaften nicht so gut auskennt, kann es, wie gesagt, auch mit Mehl probieren. Eine Mehlstaubexplosion kann eine beeindruckende Sache sein. Wenn in einem Sagenbuch von einem bösen Müller die Rede ist, den der Teufel geholt hat, dann ist wahrscheinlich die Mühle einer Mehlstaubexplosion zum Opfer gefallen.
Wer es schafft, ein Kilo Mehl in seinem Wohnzimmer gut in der Luft zu verteilen, und es dann entzündet, hört keinen Knall, sondern nur ein kurzes, prägnantes „WUUUPP!“ – und dann stehen die Außenwände vermutlich jeweils circa einen Meter weiter vom Zimmermittelpunkt entfernt. An sich eine kurze und schmerzlose Methode, wenn man die Wohnzimmerfläche ein wenig vergrößern möchte, allerdings kann sich dann das Dach wegen mangelnder Unterstützung oft nicht mehr lange halten.
Mehlstaubexplosionen können unter bestimmten Umständen wirklich gefährlich sein und sollten deshalb auch im Schulunterricht vermieden werden. Und wenn Sie im Flugzeug sitzen und vier oder fünf Männer beginnen Mehl mit dem Föhn im Innenraum zu verteilen, dann wissen Sie, es ist höchste Zeit, den Kapitän zu bitten, er möge bitte die Sprinkleranlage einschalten.
Kurioserweise können Terroristen aber auch Menschen töten, ohne einen Anschlag zu begehen.
Ironischerweise nennt man das Ironie des Terrors. Am 11. September 2001 sind bei den verheerenden Terroranschlägen in den USA rund 3000 Menschen gestorben. Das war es, was die Terroristen wollten, aber sie haben noch viel mehr erreicht, weil das menschliche Gehirn so funktioniert, wie es funktioniert. Aus Angst vor neuerlichen Anschlägen sind nämlich nach dem 11. September viele vom Flugzeug auf das Auto umgestiegen. Die Zahl der Autofahrten hat sich in den drei Folgemonaten verdreifacht, im Oktober 2001 etwa hat sie um rund 20 Prozent zugenommen. Es waren vor allem Fernfahrten, für die die Menschen nun lieber ins Auto stiegen als ins Flugzeug. In der Folge kamen fatalerweise durch den vermehrten Verkehr rund 1600 Personen zusätzlich um. Sie starben als eine direkte Folge der Attentate auf das World Trade Center, obwohl die Terroristen keine weiteren Anschläge mehr verübt hatten.
Wie kann das passieren, warum stiegen so viele aufs Auto um? Wo doch jeder weiß, dass auch Autofahren gefährlich ist, sogar viel gefährlicher als Fliegen.
In der Psychologie spricht man vom „dread risk“, was man mit „fürchterliches Risiko“ übersetzen kann. Und es bedeutet, dass Gefahrenquellen, die als besonders bedrohlich, unkontrollierbar und direkt tödlich eingestuft werden, größere Bedeutung beigemessen wird. Der Wunsch nach Vermeidung dieser Gefahren ist besonders groß.
Einen Flugzeugabsturz überlebt man in der Regel nur ganz selten, einen Autounfall schon eher. Allerdings sterben in Deutschland auch jedes Jahr rund 8000 bis 16.000 Menschen im Krankenhaus aufgrund von falsch verschriebenen Medikamenten. Trotzdem gehen die Menschen weiterhin ins Krankenhaus, wenn sie krank oder verletzt sind.
Die genauen Ursachen, warum wir uns so verhalten, sind bis heute noch nicht ganz geklärt. Es dürfte drei Ursachen geben:
1) Wir können schlecht mit Statistiken umgehen, schlecht abschätzen, dass auch weniger einschneidende Ereignisse gefährlich werden können.
2) Wir wollen Kontrolle haben. In einem Flugzeug sind wir dem Piloten ausgeliefert, beim Autofahren
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