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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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nicht gut für Mrs. Frasier, immer so allein zu sein.«
    Heftige Schuldgefühle durchzuckten Savich. Ihm fiel ein, dass er nicht viel gesagt hatte, als Lily beschloss, nach drei Wochen, in denen sie sich bei ihrer Mutter erholt hatte, wieder nach Hause zurückzukehren. Es schien ihr gut zu gehen, sie wollte wieder bei ihrem Mann sein. Und er hatte gedacht: Ich würde auch wieder bei Sherlock sein wollen. Also hatte er sie mit dem Rest der Familie zum Reagan-Flughafen begleitet. Tennyson Frasier schien Lily über alles zu lieben und Lily, so schien es Savich damals zumindest, ihn ebenso.
    Und seit sie wieder in Kalifornien war, hatte sie kein einziges Mal angerufen, um ihr Herz auszuschütten oder um Hilfe zu bitten. Ihre E-Mails waren allesamt fröhlich und zuversichtlich. Und auch wenn Sherlock oder er anriefen, klang sie immer gut gelaunt.
    Und jetzt, nach all den Monaten, war das hier geschehen. Er hätte schon damals etwas unternehmen sollen, hätte sie nicht einfach küssen und in dieses Flugzeug setzen sollen, das sie dreitausend Meilen weit weg, weg von ihrer Familie brachte. Dorthin zurück, wo Beth getötet worden war.
    Er senkte den Blick und sah Sherlock, die seine Hand drückte. Ihre Augen waren voller Liebe, und sie sagte nur: »Wir bringen das in Ordnung, Dillon. Diesmal bringen wir’s in Ordnung.«
    Er nickte und erwiderte: »Ich möchte wirklich noch mal Lilys Schwiegereltern sehen, du nicht, Sherlock? Ich habe das Gefühl, dass wir sie vielleicht gar nicht wirklich kennen.«
    »Einverstanden. Wir schauen bei ihnen vorbei, nachdem wir bei Lily waren.«
    Im Hemlock County Hospital war alles ruhig. Als sie zu Lilys Zimmer kamen, drangen Stimmen auf den Gang, und sie blieben kurz stehen, um zu lauschen.
    Tennyson.
    Und Elcott Frasier, sein Vater.
    Elcott Frasier sagte gerade in kummervollem Ton: »Lily, wir sind ja so erleichtert, dass du diesen Unfall überlebt hast. Es stand einen Moment lang ziemlich auf der Kippe, aber jetzt hast du’s ja überstanden. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr sich Charlotte um dich sorgt. Sie weint andauernd und klagt händeringend, dass ihre kleine Lily fast gestorben wäre und wie schrecklich das gewesen wäre, vor allem so kurz nach dem Tod der kleinen Beth. Aber der Explorer hat leider einen Totalschaden.«
    Das, dachte Savich, war die seltsamste Sympathieerklärung, die er je gehört hatte.
    »Sehr nett, dass ihr euch alle solche Sorgen macht«, sagte Lily, und Savich hörte die Schmerzen in ihrer Stimme, aber auch noch etwas anderes. Angst? Abneigung? Er konnte es nicht sagen. Sie fuhr fort: »Tut mir schrecklich Leid, dass ich den Explorer zu Schrott gefahren habe.«
    »Ach, mach dir darüber keine Sorgen, Lily«, sagte Tennyson und ergriff ihre Hand. Sie blieb schlaff, wie Savich auffiel, erwiderte den Druck nicht.
    »Ich kauf dir einen neuen. Ein Geschenk von mir an meine wunderschöne kleine Schwiegertochter«, verkündete Elcott.
    »Ich will keinen Explorer mehr«, erklärte sie matt.
    »Nein, nein, natürlich nicht«, beeilte sich Elcott zu versichern. »Ein Explorer würde dich bloß an den Unfall erinnern, nicht? Das wollen wir doch nicht. Wir wollen, dass du wieder ganz gesund wirst. O ja, wir würden alles tun, damit du wieder gesund wirst, Lily. Erst heute Vormittag hat Charlotte mir erzählt, wie besorgt alle in Hemlock Bay um dich sind, wie sie dauernd anrufen und sich nach dir erkundigen, wie sie darüber reden. Das alles bringt sie ganz schön aus der Fassung.«
    Savich hätte Elcott Frasier am liebsten zum Fenster rausgeworfen. Er wusste, dass Frasier ein ganz harter Hund war, ein mächtiger, einflussreicher Mann, aber es überraschte ihn schon, dass er nicht ein wenig behutsamer war. Was sollte diese offensichtliche, bewusste Grausamkeit?
    Zornig stürmte Savich ins Zimmer, doch kaum hatte er das bleiche Gesicht seiner Schwester, die vor Schmerz ganz glasigen Augen gesehen, verpuffte seine Wut. Die beiden Männer vollkommen ignorierend, trat er geradewegs zu ihr ans Bett, beugte sich vor und drückte seine Stirn sanft an die ihre.
    »Hast du Schmerzen, Kleines?«
    »Ein bisschen«, flüsterte sie, als hätte sie Angst, zu laut zu sprechen. »Na ja, eigentlich ziemlich viel. Es geht so, wenn ich nicht zu, tief atme oder lache oder weine.«
    »Mehr als ein bisschen, würde ich sagen«, meinte Savich. »Ich werde diesen Dr. Larch suchen und zusehen, dass deine Schmerzmitteldosis wieder erhöht wird.« Er nickte Sherlock zu, und schon war er

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