Wer nie die Wahrheit sagt
den Vater unseres Schwagers grillen, okay?«
»Kein Problem«, flüsterte Sherlock fröhlich.
Als Dillon Sherlock zwei Stunden später fand, saß sie gerade in der Cafeteria des Krankenhauses, aß einen Salat und hielt ein Schwätzchen mit Dr. Theodore Larch.
»Also, glauben Sie, sie war so depressiv, dass sie’s noch mal versucht hat? Sich umzubringen?«
»Ich bin Chirurg, Mrs. Savich, kein Psychiater. Ich darf nicht spekulieren.«
»Ja, aber Sie haben Erfahrung mit Menschen in Ausnahmesituationen, Dr. Larch. Wie würden Sie Lilys Gemütszustand beurteilen?«
»Ich denke, die postoperativen Schmerzen überdecken die meisten Symptome – falls sie welche hat. Ich selbst konnte keine feststellen. Aber was weiß ich schon?«
»Was halten Sie von Dr. Rossetti?«
Dr. Larch wich ihrem Blick aus. »Er ist, äh, ziemlich neu hier. Ich kenne ihn nicht sehr gut. Dr. Frasier schon, der kennt ihn sehr gut. Sind auf derselben Universität gewesen, der Columbia Presbyterian Medical School in New York.«
»Ach, das wusste ich ja gar nicht«, sagte Sherlock und dachte: Das muss ich mir merken. Sie wollte diesen Dr. Rossetti kennen lernen, diesen überheblichen Schnösel, den Lily nicht leiden konnte und den Tennyson ihr so unbedingt aufdrängen wollte.
Sie lächelte Dr. Larch an, schob sich eine Gabel voll Salat in den Mund und fuhr fort: »Tja, wissen Sie, Dr. Larch, wenn Lily nicht versucht hat, sich umzubringen, dann heißt das, dass es wahrscheinlich irgendjemand gar nicht gut mit ihr meint. Was glauben Sie?«
Dr. Ted Larch hatte an einem Eiswürfel gelutscht und verschluckte sich nun beinahe daran.
»Nein, das kann ich mir nicht vorstellen – unmöglich. Verrückt. Wenn es keine Absicht war, dann stimmte wohl etwas nicht mit dem Auto, dann war’s ein Unfall, ein tragischer Unfall.«
»Ja, da haben Sie wahrscheinlich Recht. Ich bin nun mal beim FBI, und da denkt man immer gleich das Schlimmste. Ist wohl eine Berufskrankheit, fürchte ich. He, jetzt weiß ich’s. Sie hat die Kontrolle über den Wagen verloren – vielleicht ist ihr ja ein Waschbär vor die Haube gelaufen, und sie hat noch versucht auszuweichen, um das Tier nicht zu überfahren, und ist dann direkt gegen den Mammutbaum geknallt.«
»Das klingt mir schon wahrscheinlicher als die Mordtheorie, Mrs. Savich.«
»Ja, die Version mit dem Waschbär ist immer vorzuziehen, nicht wahr?«
Sherlock sah aus den Augenwinkeln, wie Dillon auftauchte. Sie erhob sich, klopfte Dr. Larch auf die Schulter und sagte: »Passen Sie gut auf Lily auf, Doktor.« Zumindest würde er Lily jetzt gut im Auge behalten, dachte sie, während sie rasch auf Dillon zuging, denn er würde nicht vergessen, was sie gesagt hatte. Er würde es zwar als Unsinn abtun, aber vergessen könnte er es nicht ganz.
Savich nickte Dr. Larch zu und lächelte dann seine Frau an. Ihre himmelblauen Augen strahlten heller als vorhin, und er wusste, warum. Sie heckte etwas aus. Und sie war sehr zufrieden mit sich.
»Was ist mit dem Auto?«
»Nichts. Ist in der Schrottpresse gelandet.«
»Ziemlich schnell, findest du nicht?«
»Jep. So als würde man eine Leiche einäschern, bevor der Gerichtsmediziner Gelegenheit hatte, einen Blick darauf zu werfen.«
»Du sagst es. Dr. Larch denkt, Lily ist im Hirn ganz in Ordnung, herzlichen Dank. Weißt du, ich glaube, er ist ein bisschen verknallt in sie. Dr. Rossetti dagegen mag er nicht, aber wer weiß schon, warum? Wusstest du, dass Dr. Rossetti und Tennyson auf dieselbe Uni gingen? Die Columbia Presbyterian?«
»Nein. Interessant. Also gut, Sherlock, raus damit. Ich kenne diesen Blick. Entweder, du willst mich ins nächste Jacuzzi abschleppen und alle möglichen Dinge mit mir anstellen, oder du hast was angestellt. Kein Jacuzzi? Zu schade. Also gut. Was hast du angestellt?«
»Hab ’ne kleine Wanze innen am Bettrand bei Lily angebracht. Und ich hab schon ein paar ziemlich interessante Sachen mitgehört. Komm mit, ich spiel’s dir vor. Hm. Was dieses Jacuzzi betrifft, Dillon …«
Sie gingen zu Lily ins Zimmer, sahen, dass sie noch immer fest schlief und sonst niemand im Raum war, deshalb machte Sherlock die Tür zu. Sie ging zum Fenster, fummelte an dem winzigen Empfangs- und Aufzeichnungsgerät herum, spulte zurück und drückte dann auf Start.
» Verdammt, sie braucht mehr Schmerzmittel. «
»Wer ist das?«, fragte Savich.
»Dr. Larch.«
»Ich habe die Dosis verringert, so wie Sie’s verlangt haben, aber es war zu viel. Hören
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