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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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sagte Sherlock seufzend und rückte an ihre Stuhlkante, um dem alten Schlachtross noch weitere Vertraulichkeiten zu entlocken.
    »Alle paar Wochen hatte ich den Eindruck, jetzt geht’s aufwärts mit ihr, aber das hielt nie lange. Erst letzte Woche fand ich, dass sie fast wieder normal war. Sie saß in ihrem Arbeitszimmer und hat gelacht. Ich hab sie wirklich lachen hören. Sie hat einen dieser Cartoon gezeichnet und gelacht.«
    »Wann war das?«
    »Na ja, Mrs. Savich, ich weiß nicht mehr so genau. Bevor ich ging, kam Dr. Frasier. Ich hab die beiden reden gehört. Dann, am nächsten Tag, war’s wieder ganz schlimm. So schnell. Zuerst lacht sie und dann, keine zehn Stunden später, ist sie total depressiv und ganz still. Ist später an dem Tag bloß durchs Haus geschlichen, ohne irgendwas wahrzunehmen, den Eindruck hatte ich jedenfalls. Dann verschwand sie, und irgendwann danach merkte ich, dass sie geweint hatte. Kann einem wirklich das Herz brechen, wissen Sie?«
    »Ja, ich weiß«, sagte Sherlock. »Diese Tabletten, Mrs. Scruggins, dieses Elavil, besorgen Sie ihr die mit dem Rezept?«
    »Ja, meistens. Manchmal bringt ihr Dr. Frasier auch eine Packung mit nach Hause. Scheinen nicht viel zu helfen, was?«
    »Nein«, sagte Savich. »Vielleicht sollte sie sie besser für eine Weile absetzen.«
    »Ganz meine Meinung. Armes kleines Ding, muss so viel durchmachen.« Mrs. Scruggins gab erneut einen tiefen Seufzer von sich, so tief diesmal, dass Savich um die Knöpfe über ihrem üppigen Busen fürchtete. »Mir selbst fehlt die kleine Beth furchtbar. Manchmal könnte ich mich selbst einfach hinlegen und heulen und nicht mehr aufhören. Und ich war ja nicht mal ihre Mama, nicht wie Mrs. Frasier.«
    »Und Dr. Frasier?«, erkundigte sich Savich.
    »Was meinen Sie?«
    »Hat ihn Beths Tod getroffen?«
    »Ach, er ist ein Mann, Mr. Savich. Sicher war er eine Woche oder so ziemlich niedergeschlagen. Aber wissen Sie, Männer nehmen sich solche Sachen nicht so zu Herzen, mein Vater jedenfalls nicht, als meine kleine Schwester starb. Vielleicht lässt sich Dr. Frasier ja bloß nichts anmerken, vielleicht bewahrt er seinen Schmerz im Innern, aber das glaube ich eigentlich nicht. Vergessen Sie nicht, er war nicht Beths richtiger Vater. Kannte die kleine Beth ja erst seit sechs Monaten oder so.«
    »Aber um Lily hat er sich doch schreckliche Sorgen gemacht, oder?«, wollte Sherlock wissen.
    Mrs. Scruggins nickte, und die kleinen Diamantstecker in ihren Ohrläppchen blinkten im hereinfallenden Sonnenlicht. Diamanten und Muskeln und Ringe, dachte Sherlock verwundert. »Armer Mann, hat sich andauernd um sie gesorgt, hat versucht, ihr ein Lächeln zu entlocken, hat ihr ständig kleine Geschenke und Blumen mitgebracht, aber nichts hat so richtig geholfen, jedenfalls nicht für länger. Und jetzt auch noch das.« Mrs. Scruggins schüttelte den Kopf. Sie hatte ihre dicken grauen Haare zu einem Dutt geschlungen, in dem jede Menge Haarnadeln steckten.
    Sherlock fragte sich unwillkürlich, ob Mrs. Scruggins wirklich etwas an Lily lag oder ob das Ganze nur gespielt sein mochte. War sie wirklich Lilys Freundin oder eher ihre Bewacherin?
    Wo war dieser Gedanke jetzt wieder hergekommen? Hatte Mrs. Scruggins Lily nicht das Leben gerettet, als sie kurz nach Beths Beerdigung die Schlaftabletten nahm? Sie wurde wohl allmählich paranoid; sie musste aufpassen.
    »Ich habe einen kleinen Sohn, Mrs. Scruggins«, sagte Savich. »Ich habe ihn erst seit gut sieben Monaten, aber Sie können mir glauben, ich wäre am Boden zerstört, wenn ihm etwas zustieße.«
    »Das ist gut. Manche Männer sind eben anders, nicht? Aber mein Vater, dieser eiskalte Mistkerl, hat nicht mal eine Träne vergossen, als meine kleine Schwester von einem Traktor überfahren wurde. Ach ja, aber jetzt muss ich langsam an die Arbeit. Wann darf Mrs. Frasier wieder nach Hause?«
    »Vielleicht schon morgen«, sagte Sherlock. »Sie hat eine schwere Operation hinter sich, und es wird ihr die nächsten Tage ziemlich schlecht gehen.«
    »Ich kümmere mich um sie«, sagte Mrs. Scruggins und ließ ihre Fingerknöchel knacken.
    Sherlock erschauderte, warf Savich einen kurzen Blick zu und bedankte sich dann bei der älteren Frau für ihre Hilfe. Sie schüttelte Mrs. Scruggins die Hand und spürte dabei, wie ihr diese ganzen Klunker förmlich in die Hand schnitten.
    Als sie gerade die Küche verlassen wollten, sagte Mrs. Scruggins noch: »Ich bin froh, dass Sie da sind. Ist gar

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