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Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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unmöglich, aber Marilyn glaubte es offenbar. Vorsichtig sagte er: »Sie hatten also den Eindruck, als wären aus Tammy und Timmy plötzlich eine Person, ein Mensch geworden?«
    »Ja, genau. Sie hat sich ’n paarmal gedreht, und dann war auf einmal Timmy da, mit seiner frechen, dreckigen Klappe.«
    »Als Tammy sich in Timmy verwandelt hat, wie sah sie da aus?«
    »Na ja, wie Tammy, aber wie ein Kerl eben, verstehen Sie?«
    Virginia Cosgrove sah total verwirrt aus. Sie machte schon den Mund auf, um etwas zu sagen, doch Savich schüttelte unauffällig den Kopf. Er wollte gerade Marilyn bitten, Timmy zu beschreiben, da stand diese auf einmal mucksmäuschenstill und wie erstarrt. Es kam ihm so vor, als wittere sie Gefahr wie ein verängstigtes Tierchen. Sie flüsterte: »O mein Gott, ich hab Angst. Der dreht mir den Hals um, weil ich Ihnen geholfen hab.«
    »Ich verstehe das alles nicht.« Auch Virginia Cosgrove flüsterte, so wie Marilyn. »Dann ist Tammy also in Wirklichkeit ein Mann?«
    »Das werden wir schon rausfinden, Agent Cosgrove. Kümmern Sie sich nicht weiter darum. Ihre Priorität ist Marilyn. Beschützen Sie nur Marilyn.«
    Marilyn drängte sich an Virginia und tastete nach ihrer Hand. »Sie lassen nicht zu, dass er mich schnappt, ja, Agent Cosgrove?«
    »Nein, Marilyn, ich lasse ihn nicht mal in Ihre Nähe.« Zu Savich sagte sie: »Sie können sich auf mich verlassen. Ich werde sie unter Einsatz meines Lebens beschützen.«
     
    Neunzehn Uhr, nur eine Stunde später. Da schon Herbst war, ging die Sonne früher unter, und es war bereits dunkel. Der Himmel füllte sich mit Sternen und einem Halbmond. Eine wunderschöne, laue Nacht. Grillen zirpten, und die Zikaden veranstalteten ein regelrechtes Konzert, dem jedoch niemand so recht zuhören wollte.
    Im Flughafen sah alles ziemlich normal aus, bloß ein wenig zu belebt für diese Tageszeit vielleicht, und Savich hoffte, dass Tammy das nicht auffallen würde. Doch er wusste, dass sie es merken würde, denn die hiesigen Polizisten waren viel zu nervös, wirkten viel zu unbehaglich, als dass man es übersehen konnte. Timmy jedenfalls würde sich nicht täuschen lassen. Oder wer immer von den beiden auch auftauchen mochte.
    Savich, der die Leute beobachtete, holte tief Luft und sagte: »Timmy ist da irgendwo, Sherlock, das hat Marilyn jedenfalls gesagt. Sie hat gesagt, sie kann ihn fühlen. Das war vor einer Stunde. Ich glaube, sie hat sogar noch mehr Angst als ich. Außerdem ist sie felsenfest davon überzeugt, dass Tammy sich ganz nach Belieben in einen Mann verwandeln kann, in diesen Timmy.«
    Sherlock erwiderte: »Wenn ein Timmy auftaucht, dann spendierst du uns das Bellevue.«
    »Abgemacht.«
    Zu dieser Zeit waren kaum mehr Touristen im Flughafen, zumindest keine echten. Die Fernflüge aus und in die Staaten waren alle abgefertigt, die Passagiere hatten sich zerstreut, nur mehr ein paar Inselflüge würden heute Nacht noch rausgehen. Das war sowohl gut als auch schlecht. Es gab weniger Deckung, dafür aber auch weniger Gefahr, dass ein unschuldiger Zivilist getroffen wurde.
    Als es dann passierte, ging alles so schnell, dass überhaupt keine Chance bestand, irgendwie koordiniert zu reagieren. Ein schmächtiger, totenblasser Mann mit kurz geschnittenen schwarzen Haaren, nur am Oberkopf waren noch ein paar Locken, schien wie aus dem Nichts hinter Agent Virginia Cosgrove aus dem Boden zu wachsen. Er hauchte ihr ins Ohr: »Eine Bewegung, Süße, eine einzige Bewegung, ein Mucks, und ich schlitz’ dir die Kehle auf, egal wie viele von euch Bullen hier rumhängen. Und weißt du, was das Gute dabei ist? Du wirst noch sehen können, wie dir das Blut in hohem Bogen aus dem Hals spritzt.«
    Virginia hörte Marilyn wimmern. Wie war er hinter sie gekommen? Wieso hatte niemand sie gewarnt? Wieso hatte ihn niemand gesehen? Ja, er klang wie ein Mann, wie dieser Timmy Turtle, von dem Marilyn geredet hatte. Was ging hier vor? Sie musste ruhig bleiben, musste auf ihre Chance warten. Langsam nickte sie. »Ich rühre mich nicht. Ich mache gar nichts.«
    »Gut«, sagte der Mann und schlitzte ihr die Kehle auf. Ein Schwall Blut schoss hervor. Virginia konnte nur einmal aufschreien, doch es war kein richtiger Schrei, mehr ein ersticktes Gurgeln.
    Dann blickte er Marilyn an, grinste und sagte: »Komm, lass uns gehen, Baby. Hab meinen kleinen Liebling schon vermisst. Fertig, Baby?«
    Marilyn flüsterte: »Ja, Timmy.«
    Mit seiner blutigen Hand ergriff er die ihre, und mit der

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