Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer nie die Wahrheit sagt

Wer nie die Wahrheit sagt

Titel: Wer nie die Wahrheit sagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
gezeigt hast. Dillon, alle nehmen diese Sache bitterernst.«
    »Du glaubst also, ich soll mich wieder abregen?«
    »Nein, das ist unmöglich. Aber du bist klug, ein Spitzenmann. Hör einfach auf, dich und dein Handeln in Frage zu stellen. Du hast alles getan, was getan werden kann. Wenn wir es außer mit Tammy noch mit jemandem zu tun kriegen, dann werden wir eben damit fertig.«
    Die Polizeibeamten der Insel, von denen es nicht sehr viele gab, hatten sich vollzählig am Flughafen eingefunden. Sie versuchten möglichst unauffällig zu wirken, was ihnen nicht sehr gut gelang, aber immerhin bemühten sie sich; ein paar von ihnen scherzten sogar mit den Touristen. Ansonsten hatten sie es hier höchstens mit Einheimischen zu tun, die ein bisschen zu viel vom hiesigen Kraut inhaliert oder vom Rum erwischt hatten, ab und zu einen Touristen, der etwas im Dutyfree geklaut hatte, aber nichts von Tammys Kaliber, nicht mal annähernd. Das hier überstieg bei weitem ihren Erfahrungshorizont.
    Savich konnte einfach nicht anders. Wieder und wieder setzte er sich mit Vinny Arbus in Verbindung, um zu hören, ob es beim SWAT-Team vielleicht schon etwas Neues gab. Falls es Tammy Tuttle also gelingen sollte, sich eine Geisel zu nehmen, dann waren sie bereit. Sechs Scharfschützen waren an strategisch wichtigen Stellen in und um den Flughafen postiert – die Hälfte davon als Touristen verkleidet, die andere Hälfte als Flughafenpersonal. Sie fielen also überhaupt nicht auf.
    Ob Tammy wohl mit dem Flugzeug ankam? Oder würde sie einfach so in den Flughafen hineinspazieren? Keiner konnte es sagen. Jedenfalls waren alle Hotels und Motels überprüft worden, zweimal sogar. Jimmy Maitland hockte im Büro des Polizeichefs und schwitzte sich in seinem herbstlich warmen Anzug die Pfunde vom Leib.
    Fast fünfzig FBI-Beamte nahmen an der Operation »Tripode« teil, wie sie jetzt hieß. Der Name stammte von Special Agent Dane Carver, weil die Tuttle nur mehr drei Gliedmaßen, nämlich einen Arm und zwei Beine hatte, ergo Tripode.
    Wenige Stunden später traf eine bis in die Sohlen ihrer brandneuen Nike-Turnschuhe verängstigte Marilyn Warluski im Flughafen ein. Panisch klammerte sie sich an Agent Virginia Cosgrove, ihren Rettungsanker. Die Cosgrove war ebenfalls nervös, aber noch zu neu beim FBI, um so viel Angst zu haben, wie sie hätte sollen. So wie sie es sah, war sie die wichtigste Agentin vor Ort. Tammy Tuttle würde als Erstes zu ihr kommen. Sie war eine exzellente Schützin. Sie würde Marilyn Warluski beschützen. Sie war bereit.
    »Die kommt, Mr. Savich«, sagte Marilyn mit tonloser Stimme, als er abends gegen sechs noch einmal bei ihr vorbeischaute. Sie stand am Infoschalter, gleich rechts vom Schalter der Caribbean Airlines.
    »Wird schon alles gut gehen, Marilyn«, sagte Virginia, klang dabei jedoch eher aufgeregt als beruhigend. Sie tätschelte ihre Hand wohl zum dreißigsten Mal an diesem Tag. »Agent Savich wird nicht zulassen, dass Ihnen was zustößt, Sie werden sehen. Wir kriegen Tammy.«
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass Timmy mich angerufen hat. Wenn sie Timmy ist, kann sie alles.«
    »Ich dachte, das könnte sie auch, wenn sie Tammy ist«, warf Savich ein.
    »Kann sie auch. Kann er. Wenn sie beide da sind, nicht nur Timmy, dann wird’s böse, echt böse.«
    Savich spürte unwillkürlich, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. Langsam, mit tiefer, ruhiger Stimme, sagte er, »Marilyn, was soll das heißen, wenn sie beide da sind? Meinen Sie Timmy und Tammy? Das verstehe ich nicht.«
    Marilyn zuckte mit den Schultern. »Hab’s vergessen, Ihnen zu erzählen, aber ich hab mal gesehen, wie das passiert is’, vor ein paar Jahren. Wir waren in diesem Touristenkaff, Oak Bluffs. Sie wissen schon, da in der Nähe von Martha’s Vineyard. Hab Tammy aus diesem echt hübschen viktorianischen Haus – es war rosa – rauskommen sehen, wir haben da übernachtet, wissen Sie, na ja, jedenfalls, auf einmal, da dreht sie sich ein paarmal, wui, richtig schnell, Sie wissen schon, wie Lynda Carter, wenn sie sich in Wonder Woman verwandelt hat. Genau so. Na, auf jeden Fall war Tammy plötzlich Timmy, als ob sie irgendwie verschmolzen wären oder so. Das war das Grusligste, was ich je gesehen hab – bis auf da, als Tammy total blutverschmiert ins Motel kam, von dem Blut von dem kleinen Jungen, wissen Sie.«
    Was Savich wusste, war, dass das vollkommen verrückt klang. Tammy konnte sich nicht plötzlich in einen Mann verwandeln. Das war

Weitere Kostenlose Bücher