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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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war. Sonntag wurde nicht gedruckt, also war Jim spätestens Freitag vor der Lieferung das letzte Mal zu Hause gewesen; und wenn bei den dreien nicht die Montagszeitung dabei war, war er schon seit vier Tagen verschwunden.

Lügen beim Frühstück
    Der Tipp hatte gestimmt: Sie fanden Paddy Steel beim Joggen in der Morgensonne des Strathclyde Park. Er wurde ein wenig gebremst von zwei stämmigen Bodyguards, die offensichtlich nicht ans Laufen gewöhnt waren.
    Catherine und Laura hatten nicht weit von Steels Hummer geparkt und beobachteten die drei vom Bothweller Ufer des Strathclyde Loch aus.
    »Er bemüht sich, in Form zu bleiben«, bemerkte Catherine. »Ist fast jeden Tag hier, geht im Fitnesscenter an die Gewichte. Bei so einem wird das ganze Alphamännchen-Gehabe großgeschrieben: Er muss wissen, dass er es mit einem halb so Alten aufnehmen könnte, wenigstens theoretisch. In der Praxis kommt natürlich keiner an ihn ran. Sonst hat ja kaum ein Tier seine eigene Security.«
    »Tier, Turnschuhträger in edler Reife«, sagte Laura. »Er zerbricht nicht gerade an seiner Trauer, was? Entweder hat er noch nicht von Jai McDiarmid gehört, oder er tröstet sich mit seiner alltäglichen Routine.«
    Catherine lachte trocken.
    »Der weiß Bescheid. Guck dir doch mal die beiden Gorillas an. Sehen die so aus, als ob die jeden Tag joggen? Paddy ist vielleicht noch nicht im Kriegszustand, aber auf DEFCON 3 ist er mindestens. Ist bestimmt mächtig stolz, dass die beiden nicht mithalten können. Nicht, dass sie noch denken, dass ernur deshalb der Boss ist, weil er ein paar Connections und ein bisschen Kohle hat.«
    »Der sagt uns doch kein Wort, oder?«
    »Natürlich nicht. Das ist die Glasgower Omerta, das Schweigen der Schläger. Aber manchmal kann man rauskriegen, dass sie einem etwas ganz Bestimmtes nicht sagen. Und um Informationen geht es hier sowieso nur nebenbei. Hauptsächlich soll er wissen, dass wir ihn beobachten, damit er es sich zweimal überlegt, bevor er zurückschlägt.«
    Laura wollte gerade aussteigen, als die drei auf den Parkplatz zukamen. Die Bodyguards schafften so kurz vor Ende der Tortur nur noch Schrittgeschwindigkeit.
    »Halt«, sagte Catherine. »Er geht jetzt für sein Power Breakfast ins Restaurant. Wir lassen ihn in Ruhe bestellen, dann mache ich mir ein paar Knöpfe auf, klimpere ein bisschen mit den Wimpern und frage, ob wir uns dazusetzen dürfen.«
    »Power Breakfast?«, fragte Laura verwirrt, was den Altersunterschied zeigte. Catherine hoffte nur, dass Frau Detective Inspector verstanden hatte, dass das mit den offenen Knöpfen auch nur ein Witz gewesen war.
    »Paddy Steel ist in den Achtzigern als junger Mann ohne eigenes Geld ins Geschäft eingestiegen«, erklärte sie. »Damals hat er sich seine Ziele gesetzt. Jetzt, wo er das Geld hat, meint er, er ist in Miami Vice .«
    Sie fanden ihn in einer großen Ecknische mit Ausblick in zwei Richtungen durch bodenlange Fenster, zweifellos sein Stammplatz und eindeutig der beste Tisch des Hauses. Catherine hatte ihn dort noch nie aufgesucht, aber vermutete trotzdem, dass er ein bisschen weiter vom Fenster weg saß als sonst.
    Er war kleiner, als sie gedacht hatte. Sie hatte ihn seit einem guten Jahr nicht mehr aus der Nähe gesehen, und genau das fiel ihr jedes Mal auf. In der Erinnerung wuchs er im Laufeder Zeit, sodass der echte Steel buchstäblich den Kürzeren zog. Es lag auch nicht nur an den Proportionen, weil er so breit gebaut war; er war wirklich eine gute Handbreit kleiner als Catherine. Man muss aber nicht groß sein, um der Größte zu sein. Er hatte eine enorme Präsenz. Brachiale Gewalt und eiserne Willenskraft knisterten in der Luft wie unter einem Strommast.
    Er sah gleichmütig auf, als sie an den Tisch kamen und verbarg hinter diesem Ausdruck die Tatsache, dass er sie als Polizistinnen erkannte und was er sonst aus ihrer Anwesenheit schloss. Er machte sich hungrig an einem Omelette mit roten, grünen und gelben Paprikastücken zu schaffen. Neben dem Teller stand ein halber Liter frischer Orangensaft. Seine Bodyguards hatten sich anscheinend eine etwas traditionellere Belohnung verdient, jeder hatte ein beeindruckendes British Breakfast vor sich.
    »Können wir Ihnen helfen?«, knurrte einer der beiden, den Mund voller Black Pudding.
    »Ist okay, Bobby«, rief Steel ihn zurück. »Die Damen möchten uns nur ihr Beileid aussprechen, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Catherine. »Ich möchte gar nicht lange stören. Wie

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