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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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sie machte, und dass sie sich wie ein hysterisches Mädchen benahm – sie hatte jedes Recht dazu, zumal die abgebrüht-professionelle Tour überhaupt nichts gebracht hatte.
    »Was für ein Name ist Tron überhaupt? Woher wussten Sie eigentlich, dass der Kerl ein Gewehr hatte? Warum haben Sie ’ne Pistole unterm Auto, obwohl Sie in ’nem Frauenhaus arbeiten? Was waren das für Kerle? Ach ja, und warum wollten die Sie umbringen ?«
    Ingrams machte eine beschwichtigende Geste. Einen Augenblick dachte sie, er würde sie berühren, sie an den Armen fassen oder vielleicht umarmen, um sie zu trösten. Sie wurde steif, bereit, jeden Körperkontakt abzuwehren, obwohl sie sich heimlich danach sehnte.
    »Ich kann ja verstehen, dass Sie ziemlich fertig sind«, sagte er, »und es tut mir wirklich leid, wenn ich Ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworte: Aber könnten Sie mir vielleicht sagen, warum Sie genau meinen, dass die nicht hinter Ihnen her waren?«

Die Gnade des Gerichts
    Catherine überquerte auf der Gorbals Street den Fluss, dann fuhr sie das Bridgegate entlang zum Parkplatz auf dem St.   Margaret’s Place. Sie war früh genug dran und fand einen Platz, wofür sie an diesem Morgen besonders dankbar war. Über die nahe Brücke rumpelte eine Bahn, und sie fragte sich kurz, wo Drew wohl jetzt war. Vielleicht ging er gerade die Treppe aus der Buchanan Street Station hinauf, vielleicht war er schon auf der Queen Street und holte sich einen Kaffee für die Fahrt.
    Sie lief den Bürgersteig entlang und unter den kleinen Rundbau vor dem Eingang des High-Court-Gebäudes. Der Zylinder aus sieben Säulen sah für sie immer wie eine Riesenversion eines Telefontischchens ihrer Großtanten aus. Wie bei jedem öffentlichen Gebäude heutzutage war der Eingang rauchverhüllt, aber die richtigen mystischen Portale lagen weiter im Inneren. Für viele bestimmte die Tür, durch die sie das Gebäude verließen, die Zukunft, manchmal auf zehn Jahre oder länger.
    Catherine war der Gnade des Gerichts nie ausgeliefert gewesen, aber im Gebäude wurde ihr trotzdem immer etwas unwohl. Zwar hatte sie hier auch viele Erfolge eingefahren, aber genauso wie manche Leute sagten, dass sie sich schon schuldig fühlten, sobald sie einen Polizisten sahen, hatten Gerichtsgebäude oft eine ähnliche Wirkung auf Polizisten.Es war das gleiche Prinzip: das Bewusstsein, dass man einer höheren Macht ausgeliefert ist, die man kaum kontrollieren oder beeinflussen kann, und deren flüchtige Launen für einen unverhältnismäßige, unwiderrufliche und unerklärliche Auswirkungen haben können. In Catherines Fall ging dieser Effekt auf eine tiefere, persönliche Wut zurück, die immer noch köchelte, und auf eine Kränkung, die ihr insgeheim immer noch zu schaffen machte, obwohl der kaum nennenswerte Vorfall schon viele Jahre zurücklag.
    Er hatte auch nicht in diesem Gericht stattgefunden, sondern am anderen Flussufer, am Carlton Place. Doch ob Sheriff Court oder High Court, die Erinnerung holte sie oft ein, sobald sie die Amtstrachten, die Richterbänke und die Aktenkoffer sah.
    Sie war damals erst gut zwei Jahre Polizistin gewesen. Zwar keine blauäugige Anfängerin mehr, aber auf keinen Fall mit allen Wassern gewaschen. Einer Anfängerin hätten sie so etwas nicht zugemutet, und auch ihr hätten sie es nicht zumuten dürfen, verdammt. Die hatten sich selbst in die Scheiße geritten, sich die eigene Grube gegraben, und dann zerrten sie Catherine mit hinein, damit sie helfen konnte, weiterzuschaufeln.
    Es geschah an einem ansonsten ruhigen Donnerstagabend in ihrer ersten Wache in der Barnes Street drüben in Braeside. Die Polizisten, um die es ging, waren Roddy Howard, ein autoritärer Roboter, der schon bei seiner Geburt fünfundvierzig gewesen sein musste, und wie der eifrige junge Padawan zu seinem Yoda, Mark McLean, dem selbst die unerfahrene Catherine ansah, dass er seine Unsicherheit kompensierte.
    Howard war klassisches Constable-auf-Lebenszeit-Material. In jeder Wache gibt es einen: hochkorrekt, pflichtverliebt, jeden Humors unverdächtig und dumm wie Brot. McLean war weniger jemand, der in der Schule gemobbt worden war, als vielmehr einer, der gerne gemobbt hätte, aber nicht hartgenug war. Als er dann den langen Arm des Gesetzes hinter sich spürte, hatte er einiges aufzuholen.
    Den drei Angeklagten zufolge (und Catherine glaubte ihnen ihre Version mittlerweile hundertprozentig), waren sie gegen elf auf dem Heimweg vom Pub, als zwei von ihnen,

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