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Wer schlafende Hunde weckt

Wer schlafende Hunde weckt

Titel: Wer schlafende Hunde weckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Anthony McGuire und Allan Reilly, beschlossen, dass sie es nicht bis nach Hause aushalten würden. Wie gesagt, es war ein ruhiger Abend. Die Straßen waren so gut wie leer; die Barnes Street, auf der sie unterwegs waren, war sogar völlig ausgestorben, sonst hätten sie sich ja auch noch ein paar Hundert Meter zusammengerissen, wo die Wache doch gleich gegenüber war. Da aber niemand zu sehen war, gingen sie schnell in die schmale Gasse zwischen der Bank und dem Wohnblock, während ihr Kumpel mit der stärkeren Blase, Steve Gallacher, an der Straße wartete. Als sie gerade richtig losgelegt hatten, kamen Howard und McLean mit ihrem Einsatzwagen von der Main Street um die Ecke. Sie sahen Gallacher an der Straße herumlungern und wollten ihn überprüfen, als sie zwei weitere Gestalten hinten in der Gasse bemerkten. Einer der Polizisten rief »Hoi!«, was die beiden dazu veranlasste, Fersengeld zu geben und sich den Reißverschluss zuzumachen, während sie tiefer in die Gasse und auf den Parkplatz der Bank rannten.
    Wie McGuire später vor Gericht aussagte, nahmen sie an, dass es sich bei dem Rufenden um einen wütenden Anwohner oder, in Braeside ebenso wahrscheinlich, um irgendeinen Schläger handelte, der an diesem Abend nichts anderes vorhatte. Auf jeden Fall warteten sie keine Aufklärung ab. Als sie dann sahen, wie zwei Polizisten den Parkplatz betraten, blieben sie stehen. Reilly sagte aus, er sei in dem Moment richtig erleichtert gewesen.
    Und damit hätte die Sache erledigt sein sollen: mit einer kurzen Verwarnung. Jeder anständige Polizist hätte kapiert, was er vor sich hatte. Die jungen Männer waren weder sturzbesoffen noch aggressiv und vor allem keine bekannten Gesichter. Howard aber beschloss, die beiden festzunehmen, und vervollständigte das Trio, als Gallacher den Fehler beging, darüber seinen Unmut auszudrücken, da die beiden schließlich nur in eine Gasse gepisst hatten, die sowieso schon voller Hundescheiße und Glasscherben war.
    Die drei verbrachten die Nacht in der Zelle, bevor sie wegen öffentlicher Ruhestörung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt wurden. Ersteres nennt man auch »Polizeistörung«, ein Anklagepunkt, der vermeintliche Täter mit zwei Polizisten als Zeugen vor vollendete Tatsachen stellt, und den viele zähneknirschend hinnehmen, egal, ob er den Tatsachen entspricht oder nicht. Den Widerstand gegen die Staatsgewalt bei der Festnahme gibt es auch immer gern als kostenlose, ebenfalls gegenseitig bezeugte Zugabe.
    Die Angeklagten hätten es wohl darauf beruhen lassen, wären sie besoffen, aggressiv und vor allem mit dem Ablauf vertraut gewesen – sie hätten eben ihr Lehrgeld gezahlt. Aber so war es nicht: Sie waren drei anständige Burschen, die noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren. Sie wussten, dass die Anklage wegen Ruhestörung einen Machtmissbrauch darstellte, aber wirklich sauer waren sie über die Sache mit dem Widerstand, weil die völlig frei erfunden war.
    Sie stritten alle Vorwürfe ab, also ging der Fall vor den Sheriff Court. Und da kam Catherine ins Spiel. Howard und McLean sprachen sie allerdings nicht direkt an, sondern ihr Sergeant, Donald Morrison, an den sie sich bei schwierigen Fragen gern wandte. Er bat sie nicht um Hilfe; er erklärte ihr, dass sie helfen werde.
    »Wir müssen das durchkriegen«, sagte er. »Ist auch ’ne wertvolle Erfahrung für dich, wenn du mal im Zeugenstand warst.«
    Catherine war erschüttert. Es war zwar nicht ganz das Ende ihrer Unschuld, kein großer Moment der Ernüchterung, aberes war schon ein richtiger Schock, so direkt aufgefordert zu werden, vor Gericht zu lügen. Doch sie ließ sich von zwei Dingen überzeugen, die der Sergeant ihr eindeutig zu verstehen gab: Mitspielen war keine große Sache; ablehnen war undenkbar.
    Man macht sich immer für seine Kollegen stark. Das ist die goldene Regel.
    Ihr wurde erklärt, was sie sagen sollte, und versichert, dass es ganz schnell gehen werde. Reine Formsache, meinten sie.
    Nichts davon stimmte. Das Einzige was ganz schnell ging, war, dass der Verteidiger sie einerseits als schwächstes Glied erkannte und den taktischen Fehler der Polizei genau durchschaute, der auch von der Aussage seiner Klienten gestützt wurde, dass keiner von ihnen Catherine an dem Abend gesehen habe.
    »Ich saß im Wagen«, erklärte sie wie vereinbart, denn den Einwand hatten sie vorhergesehen. »Vorne. Die haben so einen Lärm gemacht, dass ich nicht wusste, wie viele es waren,

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