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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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überraschte mich auch nicht.
    Einmal, als ich noch nicht lange mit David zusammen war, hatte Ollie mir angeboten, mich nach Hause zu fahren. Ich sagte ja, denn es war mir wichtig, mich mit Davids Freunden gut zu verstehen. Aber schon zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich in Ollies Gegenwart unbehaglich, aber ich war entschlossen, einen guten Eindruck zu machen. Als er also fragte: »Willst du was Cooles hören?«, stimmte ich begeistert zu.
    »Es ist ein bisschen abgefahren«, fügte er hinzu.
    »Das ist gut, ich mag’s abgefahren.«
    Er überflog ein paar Stücke auf seinem iPod, drückte dann auf Play.
    »Ich hätte gerne einen großen Café Latte mit fettarmer Milch und wenig Schaum«, sagte jemand mit einem Brooklyn-Akzent. Im Hintergrund hörte ich die Stimme einer Frau sagen: »Nein, der Pudel wird nicht mehr benötigt, das Labor braucht nur Gibbons«, und jemand spielte Bongos.
    »Was ist das?«
    »Umgebungsgeräusche«, sagte er. »Starbucks. Hör dir das an.«
    »… als also jemand die Möglichkeit der Quadratwurzel aus eins negativ in Erwähnung zog …«, sagte die Stimme von Dr. Reed, unserem Mathematiklehrer.
    »Das hast du in der Schule aufgenommen.«
    »Überall.« Er lächelte etwas sonderbar. »Hör dir das an.«
    »… schärfer als du gesagt hast, und er ist so in dich verliebt.« Es war Kates Stimme.
    »Auf keinen Fall. Wir sind nur Freunde. Und er denkt, ich lebe im Autofokus.« Das war ich.
    »Was immer das bedeutet«, hörte ich Langleys Stimme sagen.
    Meine Stimme verriet, wie schockiert ich war: »Das war letztes Wochenende. Du hast uns aufgenommen? In New York? Wie?«
    Ollie drückte schnell auf Stop. »Technik. Ich nehme jeden auf. Ich nenne es Porträts. Irgendwann setze ich sie zu einer Symphonie zusammen.«
    Ich vergaß, dass ich es darauf anlegte, dass er mich mochte. »Das nennt man Ausspionieren.«
    »Nein, es ist Kunst. Louis Armstrong hat es die ganze Zeit gemacht. Er war dafür berühmt. Portiers, Leute in seinem Haus, jeden.«
    »Das ist krank.«
    »Das ist ein hartes Wort.«
    »Wenn die Leute wüssten, dass du das machst …«, begann ich.
    »Wäre es ihnen egal. Die Leute hören sich gerne selbst. Außerdem weiß ich, dass du es niemandem erzählen wirst; es würde die Natürlichkeit zerstören. Ich meine, hör dir das an.«
    Er drückte wieder auf Play, und ich hörte Langley sagen: »Egal, wir haben recht und du nicht. Hast du ihm von deinem Date mit David erzählt?«
    Ich: »Das Thema kam nicht auf.«
    Kate: »Na klar. Es ist zwar das Einzige, wovon du seit ungefähr einer Woche geredet hast, aber, wenn du meinst …«
    »Na vielleicht haben Scott und ich Wichtigeres zu …«
    Ollie stoppte die Aufnahme. »Übrigens sei vorsichtig mit dem Typen, Scott. Er ist mal mit einer Freundin von mir ausgegangen und sie hat gesagt, er sei echt sonderbar. Er hatte diese kleinen Trophäen, die er von einer seiner Freundinnen gesammelt hatte, und war alles in allem ein bisschen unheimlich.«
    Man muss so sein, um so einen zu kennen
, dachte ich.
    Er lächelte mich an und deutete auf das Band. »Toller Stoff, stimmt’s?«
    »Ja … toll«, stimmte ich zu. Ich hatte das ungute Gefühl, dass ich gerade einen gefährlichen Handel eingegangen war.
    »Ich wusste, du würdest es verstehen, wenn du darüber nachdenkst.« Er tätschelte mir die Schulter. Bei seiner Berührung wäre ich am liebsten zurückgewichen. »Ich meine, es ist wirklich nichts anderes, als wenn du Fotos von jemandem machst.«
    Ich konnte nicht glauben, dass er meine Arbeit mit seinem perversen Hobby verglich. Steif sagte ich: »Die Leute posieren für meine Bilder.«
    »Wenn du glaubst, die Leute posieren nicht, wenn sie in der Öffentlichkeit sind, dann bist du naiver, als ich dachte, Jane Freeman.«

    In meinem Krankenhauszimmer war Annie auf einen Stuhl neben meinem Bett geklettert, kniete darauf und hielt mir Robert vors Gesicht. »Willst du wissen, was in Roberts Kopf war?«
    »Robert?«
    »Die Puppe.«
    »Oh, richtig. Ja, was war drin?«
    »Stroh.«
    Ich starrte die Puppe an, fuhr mit den Fingern über den Riss, der quer über ihren Kopf verlief, und dachte, wie perfekt das passte. Wir waren Zwillinge, beide dumm und zerbrochen.

Einundzwanzigstes Kapitel
    D as Klingeln des Telefons weckte mich. Ich hätte beinahe abgehoben, hielt dann aber plötzlich inne, die Hand in der Luft. Meine Augen wanderten zur Uhr, um mir die Uhrzeit zu merken. Fünf nach eins.
    »Loretta«, rief ich. Ich wollte einen Zeugen, jemanden, der

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