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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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darf ihn behalten«, und rannte hinterher. Ich sprang aus dem Auto und sprintete, um sie einzuholen. Der Hut wehte den Strand hinunter, rollte, drehte sich und hüpfte aufs Wasser zu, und wir liefen ihm nach, kicherten die ganze Zeit. Er drehte sich immer weiter, immer knapp außer Reichweite, und ohne es zu merken, standen wir plötzlich in der Brandung. Ich bückte mich nach dem Hut und hätte ihn fast erwischt, als eine ungewöhnlich hohe Welle ihn zu Kate trug. Wir griffen gleichzeitig zu. Unsere Schultern stießen aneinander, das brachte uns aus dem Gleichgewicht, und wir fielen mit einem Platschen ins taillentiefe Wasser. Erschrocken von dem Zusammenprall starrten wir uns einen Moment lang an.
    Dann mussten wir lachen. Es war die Art von Lachen, von dem der Bauch wehtut, man nach Luft schnappen muss und gezwungen ist, sich aneinanderzuklammern, damit man nicht das Gleichgewicht verliert. Als wir endlich aufhörten zu lachen und nach Luft schnappten, lag mein Kopf an Kates Schulter und ihrer auf dem Träger meines nassen Tanktops.
    »Ehrlich, ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte Mal so gelacht habe.«
    »Ich auch nicht.« Es war mit Sicherheit einige Zeit, bevor meine Mutter mich für Joe verlassen hatte.
    Eine Weile war Stille.
    »Kommt es dir auch manchmal so vor, als würde dein Kopf platzen? Als wäre so vieles darin, was heraus will?« Kates Gesicht sah plötzlich erhitzt aus, faszinierend und schön.
    Nein. Aber ich wollte nicht, dass sie sich allein gelassen fühlte. »Total.« Ich umklammerte meine Knie, es war kalt.
    »Ich wusste es.« Sie nickte. »Was machst du dann?«
    »Warten, dass es vorbeigeht«, antwortete ich. »Was machst du?«
    Sie beobachtete mich genau. Im Mondlicht – ihre Haare hingen in nassen Strähnen über den Schultern, das Meer schimmerte hinter ihr – sah sie aus wie eine Wassernymphe, mythisch und irgendwie bedroht. Sie erinnerte mich an jemanden, aber mir fiel nicht ein, an wen. »Ich will dir was zeigen. Komm.« Sie stand auf, zog mich hinter sich her und hielt weiter meine Hand, als wir in unseren durchnässten Jeans zum Strand planschten, zurück zum Auto.
    »Was ist es?«
    »Du musst lernen, Geduld zu haben, kleine Jedi«, sagte sie mit einem spitzbübischen Lächeln.
    Ich hielt an. Das hätte Bonnie gesagt. An sie hatte Kate mich erinnert, das wurde mir jetzt klar.
    Einen Moment lang vermisste ich Bonnie so sehr, dass es schmerzte. Da drehte Kate sich um und blickte mich besorgt an. »Ist irgendetwas, Jane?«
    Ich schüttelte Bonnie aus dem Kopf. »Nichts.«
    Sie lächelte und zog an meiner Hand. »Gut.«
    Wir kamen zum Auto und sie klopfte auf den Beifahrersitz, damit ich mich setzte.
    »Öffne das Handschuhfach.«
    Ich tat es. Ein Dutzend Lippenstifte in schrecklichen Farben, fünf Flaschen Parfüm, eine Packung Kaugummi, eine lange Perlenkette, drei Livingston-Highschool-Ausweise, darunter auch der des stellvertretenden Schulleiters, ein Handy, es war das von Dom, erkannte ich, eine Packung Stilleinlagen und eine Flasche Whiskey. »Was sind das alles für Sachen?«
    »Ich hab sie gestohlen.«
    »Du hast Sachen« – Ich nahm einen der Lippenstifte und blickte auf das Preisschild – »aus einem Drogeriemarkt gestohlen?«
    »Nicht nur von dort. Ich hab einmal sogar einen Pelzmantel gestohlen.«
    »Wie?«
    »Ich hab ihn angezogen und bin damit einfach aus dem Laden gegangen. Aber es war seltsam; das war nicht so befriedigend. Oh, und ich hab ein Auto gestohlen. Das hat Spaß gemacht. Aber ich habe es zurückgebracht, denn wie hätte ich das erklären sollen?«
    »Wissen deine Eltern davon?«
    »Machst du Witze? Sie würden ausrasten.«
    »Aber was, wenn du erwischt wirst? Kate, du musst damit aufhören.«
    Sie lächelte mich an. »Das wollte ich dir erzählen. Das ist so toll.« Sie nahm meine Hand.
    »Was?«
    »Seit Anfang des Sommers habe ich nicht mehr dieses Gefühl gehabt. Das Gefühl zu platzen.« Sie zeichnete die Sehnen an der Innenseite meines Armes nach, streichelte sie so leicht, dass es sich anfühlte wie Schmetterlingsflügel. »Ich habe seit Juni nicht mehr gestohlen.«
    Ich sah sie an. Sie strahlte. »Wirklich?« Ich wusste nicht, was sie damit sagen wollte und warum sie meinen Arm so hielt. Aber ich spürte, dass es wichtig war. Ich war wichtig. Ich half ihr irgendwie.
    »Wirklich.« Sie strich mir mit den Fingern über die Haare, als wäre ich eine Puppe. »Ich wusste vom ersten Moment, als wir uns begegnet sind, dass du was Besonderes bist. Etwas

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