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Wer schön sein will, muss sterben

Wer schön sein will, muss sterben

Titel: Wer schön sein will, muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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und die Mutter schimpft auf die Leute im Radio, obwohl sie sie nicht hören können. Die Schwestern sitzen hinten. Die große Schwester hört Musik, und die kleine Schwester versucht an den Autos, an denen sie vorbeifahren, Plaketten von jedem Staat zu finden. Und manchmal hilft ihr die große Schwester.«
    Annie beschrieb unseren letzten Familienurlaub, bevor mein Vater gestorben war, bis hin zum Fluchen über die politischen Talkshows im Radio.
    »Und wie spielt Dora?«
    »Bei Dora fahren sie nach Casa del Campo, das ist aus Kleenex-Kartons gebaut – aber nur aus den silbernen und goldenen. Es sind nur Dora, Ollie und die Mutter dabei, und die Mutter verbringt den ganzen Tag am Pool und lernt dort Leute kennen. Ollie ist dafür verantwortlich, dass Dora Lunch isst und beschäftigt ist. Abends bringt Dora den Gästen ihrer Mutter Cocktails. Und manchmal streiten sich die Mutter und Ollie darüber, warum die Mutter nie Zeit für Dora hat.«
    »Das ist anders. Wo ist Doras Vater?«
    »Er ist vor langer Zeit gestorben. Aber das ist in Ordnung, denn ihr Bruder ist der Mann im Haus und kümmert sich wirklich gut um sie. Sie spielen tolle Spiele. Aber wenn er mit seiner Mutter streitet, wird er nach Hause geschickt. Dort hängt er dann mit seiner Freundin, Angel Face, herum.«
    »Oh.« Ich wusste nicht, dass Ollies Vater tot war, oder dass er wie ich eine alleinerziehende Mutter hatte. Seine Mutter schien jedoch anders zu sein als meine Mutter. Eigentlich hatte der Ollie, der nett mit seiner Schwester spielte und der Mann im Haus war, wenig Ähnlichkeit mit dem Ollie, den ich kannte. Ich fragte mich, wie viel an der Geschichte Realität war und wie viel Phantasie.
    Annie nickte. »Aber er und Angel Face halten es geheim, denn sie sagt, das ist aufregender, und warum sollte die ganze Schule etwas wissen, was nur sie etwas angeht.«
    Das war erfunden, dachte ich, denn Ollie war bestimmt nicht mit jemandem von unserer Schule zusammen.
    Ich beschloss, das Thema zu wechseln. »Wie ist es so bei ihnen?«
    »Meistens haben wir einfach nur alleine gespielt oder mit Rasheena – sie ist die Nanny. Aber zum Dinner kam Doras Mutter herunter. Vorher hatte sie geschlafen, sie ist immer sehr erschöpft. Sie hat uns alles über Charles Dickens erzählt, warum er ihr Lieblingsdichter war, und dass sie deshalb Oliver und Dora nach Figuren in einem seiner Bücher genannt hat. Ich tat so, als wüsste ich nichts über Charles Dickens, auch wenn es nicht stimmt, denn schließlich bin ich kein Baby mehr.«
    Charles Dickens war einer der Autoren, von denen unser Vater Annie zur Vorlesezeit immer etwas vorlesen sollte. In dem Jahr bevor er starb, hatte er schließlich eingewilligt mit der Begründung, sie sei kein Baby mehr. Seitdem hatte sie all seine Bücher alleine gelesen.
    »Klingt, als wäre es ein ziemlich aufregender Tag gewesen.«
    »War es.« Sie beugte sich zu mir, um mir etwas zuzuflüstern. »Wir haben etwas Unartiges gemacht.«
    »Was?«
    Ihre Wangen wurden rot und die Augen hinter den Brillengläsern riesig. »Du musst versprechen, es niemandem zu erzählen.«
    »Ich verspreche es.«
    »Wir sind in Ollies Zimmer geschlichen.«
    Ich bemühte mich, ihren ernsten Ton zu treffen. »Wie sieht es aus?«
    »Er hat ein Bild von dir auf seiner Kommode.«
    »Von mir?«
    »Du mit Kate, Langley und David.«
    »Das ergibt Sinn. Wir sind seine Freunde.«
    »Und er hat Mädchenunterwäsche. Eine ganze Schublade voll. Alles von dem schicken Laden, von dem Langley beim letzten Mal erzählt hat, als sie bei uns war. Das mit den rosa Schildern.«
    Das Verrückte an der Enthüllung, dass Ollie Agent-Provocateur-Unterwäsche sammelte, wurde überschattet von der Tatsache, dass Annie irgendwie hören konnte, was in meinem Zimmer vor sich ging. »Hast du uns etwa nachspioniert?«
    »Nein. Du hattest die Tür nicht zugemacht. Nicht richtig.«
    Ich würde daran denken müssen, wenn ich wieder zu Hause war.
    »Und er hatte all dieses Spielzeug, das man benutzt, um die Gespräche von anderen Leuten abzuhören. Dora sagt, das kommt daher, weil ihre Familie überwacht wird. Die Sachen sind richtig cool. Eines sieht aus wie eine Zigarettenschachtel und eines ist eine Cola-light-Dose, und es gibt eine Pflanze und einen Klebestift. Und ein Teil sieht genauso aus wie das Teleskop in Joes Büro.«
    Es hätte mich nicht überrascht, wenn Joe unser ganzes Haus zur Sicherheit verkabelt hätte. Und was sie mir über Ollie und sein Abhörspielzeug erzählte,

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