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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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Kind.
    »Sie hat ihn gehasst. Ihren Vornamen hat sie offiziell geändert, Lulu statt Lilli, aber Nightingale wurde als Familienname nicht akzeptiert. Sie hieß also Lulu Mäkinen. Ich habe ihr vorgeschlagen, meinen Familiennamen anzunehmen, aber …«
    Ich unterbrach ihn und wiederholte meine erste Frage, worauf ich erfuhr, dass Lulu ihn im Januar vor zwei Jahren angeheuert hatte, nachdem sie von einem Kunden geschlagen worden war.
    »Wo hat sie dich gefunden?«
    »Ich war Türsteher im Mikado, da sind wir ins Gespräch gekommen. Sie hat sich dort manchmal Freier geholt. Ich sähe zuverlässig aus, hat sie gesagt. Aber das bin ich nicht, sonst wäre ihr heute Abend nichts passiert!« Tero schlug mit der Faust aufs Sofa, das daraufhin ein dumpfes Geräusch von sich gab. Er hatte riesige Boxerhände.
    »Was für einen Arbeitsvertrag hast du? Warst du Lulus einziger Leibwächter?«
    »Ja. Ich hab bei ihr gewohnt. Ich hab im Nebenzimmer geschlafen und immer aufgepasst, wenn Freier in der Wohnung waren.«
    »Hatte Lulu in letzter Zeit einen speziellen Grund, sich um ihre Sicherheit zu sorgen?«
    »Keine Ahnung! Sie hat sich ihre Freier genau ausgesucht. Manchmal haben irgendwelche Betschwestern bei ihr geklingelt und ihr vom Höllenfeuer gepredigt, aber darüber hat sie bloß gelacht.«
    Auf dem Flur wurde es laut, Mira Saastamoinen rief, Medienvertreter hätten vorläufig absolut keinen Zutritt zum Tatort, und Ilari Länsimies bettelte um die Erlaubnis, wenigstens ein kurzes Statement abgeben zu dürfen. Puupponen schloss die Tür, wodurch es in der kleinen Garderobe allerdings noch enger und stickiger wurde. Sulonen schnäuzte sich in den Ärmel. Ich suchte meine Taschen ab, fand aber kein Taschentuch. Zum Glück fiel mein Blick auf die Gesichtstücher auf dem Schminktisch. Ich warf dem Leibwächter die ganze Packung zu.
    »Du sagst, du hättest die ganze Zeit im Kontrollraum gesessen. Was für einen Kontrollraum meinst du?«
    »Von dem aus wird das ganze Gebäude überwacht. Er ist gleich neben der Tonkabine. Man kommt ja nur durch eine einzige Tür ins Haus, und ich wollte aufpassen, dass keiner reinkommt, der hier nichts zu suchen hat.«
    »Sieht man dort auch, was innerhalb des Gebäudes vor sich geht?«
    »Auf den Monitoren sieht man die Eingangstür und den Anfang vom Flur.«
    »War die Tür zu Lulus Garderobe auch zu sehen?«
    »Nee, obwohl das verdammt nötig gewesen wäre. Ist bestimmt nichts mehr zu machen? Das geht doch heute, dass ganz schwer Verletzte wiederbelebt werden, wie in ›Emergency Room‹. Vielleicht hätte man intubieren müssen oder so …«
    »Du hast also dieselbe Adresse wie Lulu Mäkinen?«
    »Ja, in Punavuori. Wo wird Lulu jetzt hingebracht?«
    »In die Pathologie. Hast du irgendwelche Bekannte, zu denen du gehen könntest?«
    Tero schien meine Frage nicht zu begreifen. Es war ein Problem, dass er in derselben Wohnung lebte wie Lulu. Ich bat Mira Saastamoinen, ihm ein Hotelzimmer zu besorgen und Lulus Wohnung sowie das daran anschließende Studio Frivole Nachtigall von den Helsinkier Kollegen versiegeln zu lassen. Die Räume mussten so bald wie möglich durchsucht werden. Vielleicht war der Täter in Lulus Kundenkartei zu finden.
    »Warum darf ich nicht nach Hause gehen?«, wunderte sich Tero.
    »Wie seid ihr beide hergekommen?«
    »Mit Lulus Wagen. Ich bin gefahren, wie immer.«
    »Kann ich bitte den Schlüssel haben? Das Auto muss auch untersucht werden.«
    »Aber womit soll ich denn dann fahren?«
    Ich streckte wortlos die Hand aus, und nachdem er mich eine Weile angestarrt hatte, zog Tero ein Schlüsselbund aus der Tasche. Ich bat Mira Saastamoinen, ihm eine Quittung auszustellen, und ging hinüber in Lulus Garderobe.
    Der Polizeifotograf gab sich alle Mühe, seine Aufnahmen trotz der Enge aus möglichst vielen Perspektiven zu machen. Lulu sah aus wie das Fotomodell einer avantgardistischen Modezeitschrift, wie sie mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf dem Boden lag, das Gesicht unter den Haaren verborgen. Ihre knielangen roten Stiefel waren mit schwarzen Lederapplikationen verziert. Das schwarzrote Lederkleid lag in der Taille und um die Hüften eng an. Die Netzstrümpfe hatten ein Rosenmuster.
    »Hier hat natürlich eine ganze Kompanie Fingerspuren hinterlassen«, schimpfte Hakkarainen. »Könnt ihr die Anwesenden bitte so lange festhalten, dass wir vergleichen können? Mikkola, du junger Spund, fang schon mal an, den Leuten die Fingerabdrücke abzunehmen. Los, mein Junge, aber

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