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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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nicht sofort frische Luft, eine Schmerztablette oder beides bekam. Ich ging in mein Dienstzimmer, wo ich die Handtasche mit den rettenden Schmerztabletten deponiert hatte, schimpfte wieder einmal über die Fenster, die sich nicht öffnen ließen, und begab mich erneut in den Konferenzraum. Puupponen hielt mich am Ärmel fest und lächelte wie ein Kind, das seine Mutter fröhlich stimmen will.
    »Wenigstens etwas«, seufzte er. »Fünf Zeugen haben einen mittelgroßen oder knapp mittelgroßen Mann in einem langen schwarzen Mantel, einem breitkrempigen dunklen Hut und einem bis über das Kinn hochgezogenen schwarzen Schal gesehen. Der Kartenverkäuferin im Kino Apple ist ein Mann im schwarzen Mantel aufgefallen, der an ihr vorbei zur Treppe lief. Es klingt nicht nach Spinnerei, die Augenzeugenberichte sind ziemlich gleichlautend. Andererseits kann es sich natürlich um einen Unschuldigen handeln, der nur durch seine ungewöhnliche Kleidung aufgefallen ist.«
    »Hat ihn irgendwer mit einer Waffe gesehen?«
    »Nein. Einer der Zeugen sagt, der Mann hätte die Hände in den Manteltaschen vergraben gehabt und über das Geländer nach unten geguckt. Bisher haben wir allerdings nur einen kleinen Teil der Vernehmungen geschafft. Soll ich die fünf Augenzeugen zum Polizeizeichner schicken?«
    »Ja, tu das. Wie viele habt ihr noch zu befragen?«
    »Zweiundfünfzig. Der Dreiundfünfzigste war so besoffen, dass wir ihn in eine Zelle verfrachtet haben. Den nehmen wir uns morgen vor. Er hat von einem Flitzebogen gesprochen, klang ziemlich phantastisch. Aber er dürfte an die drei Promille intus haben. Wie war’s bei Kaartamo?«
    Ich zuckte die Achseln. Obwohl ich Koivu und Puupponen vertraute, hätte ich gern Taskinen bei mir gehabt. »Du brauchst jetzt einen, der dich mal in die Arme nimmt, das seh ich dir an«, sagte Puupponen plötzlich und zog mich an sich. Er hatte Recht. Ich erwiderte seine Umarmung, bis ich eine belustigte Stimme hörte:
    »Jetzt versteh ich, warum ihr zu zweit nach Savo wolltet. Wart ihr überhaupt in Vesanto, oder habt ihr euch gleich in Kuopio ein Hotelzimmer genommen?« Es war Ursula, doch ihre Stimme klang keineswegs boshaft. Ich schnitt ihr eine Grimasse, und Puupponen versetzte:
    »Du hast es erraten. Willst du morgen dafür mit mir nach Mikkeli? In welchem Hotel soll ich ein Zimmer reservieren?«
    Ursula lachte, und auch ich musste kichern. Da klingelte mein Handy. Antti rief an.
    »Hallo. Du bist nicht zu Hause?«
    »Nee, bei der Arbeit. Schwer im Einsatz.« Ich hörte das Klopfzeichen, ein zweites Gespräch, das ich unbedingt annehmen musste. »Sorry, ich kann jetzt nicht reden, bis später …«
    »Schatz«, fügte ich noch hinzu, aber Antti hatte schon aufgelegt, und eine andere, fremde Stimme ertönte.
    »Miasofia Hietamäki, Chirurgin an der Klinik Jorvi, guten Abend. Bin ich richtig verbunden? Mit der Leiterin des Gewaltdezernats bei der Espooer Polizei?«
    »Ja.«
    »Unser Patient Tero Sulonen ist gerade aus dem Operationssaal gekommen.«
    »Wird er überleben?«
    »Ja, aber wie weit er wiederhergestellt sein wird, lässt sich noch nicht sagen, denn er hatte eine massive Hirnverletzung. Wir halten ihn vorläufig im künstlichen Koma, Sie werden ihn also in den nächsten Tagen, vielleicht sogar Wochen noch nicht vernehmen können. Wir müssen abwarten, wie der Genesungsprozess fortschreitet. Aber es wird Sie sicher interessieren, dass wir in seinem Kopf die Kugel gefunden haben, mit der er angeschossen wurde.«
    »Eine Kugel?«
    »Es handelt sich um eine Stahlkugel, etwa acht Millimeter Durchmesser, rund wie ein Ball. Ich habe nie etwas Ähnliches gesehen, und mein Kollege auch nicht, obwohl er Sportschütze ist. Er meint, das Geschoss sei aus keiner ihm bekannten Waffe abgefeuert worden.«

VIERZEHN
     
    Kaide Söderholm, der Waffen- und Ballistikexperte des Präsidiums, wollte gerade schlafen gehen, als ich ihn anrief.
    »In die Klinik … Jetzt …?« Söderholm gähnte, ich hörte seine Kinngelenke knacken. »Geht es um den Anschlag im Big Apple? Habt ihr die Waffe gefunden?«
    »Nein, aber die Kugel konnte herausoperiert werden. Das kann entscheidend sein. Wir sehen uns in einer halben Stunde in der Klinik.«
    Meine Hände zitterten, nicht nur vor Müdigkeit und vom Kaffee. Das Jagdfieber hatte mich gepackt, wie immer, wenn ein Fall vor der Aufklärung stand.
    »Macht ihr hier weiter, ich fahre in die Klinik. Das Handy muss ich dort leider abschalten, aber wenn es etwas Wichtiges gibt,

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