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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Letholainen
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verwaschene hellblaue Jeans und eine Jacke aus dem gleichen Material, dazu ein T-Shirt mit der Aufschrift »Hawaii«. Kaartamos Anzug war zerknittert, an seinen Schuhen klebte getrockneter Schlamm. Er sah mich verärgert an. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, der mit Papieren übersät war. Sein Handy piepte, doch er ignorierte die gerade eingetroffene Kurzmitteilung.
    »Da bist du ja endlich. Sag jetzt bloß nicht, du musst dringend nach Hause zu deinen Kindern.«
    »Ich hatte nicht die Absicht. Wer leitet die Ermittlungen über den Anschlag auf Sulonen, du oder ich? Das will ich jetzt sofort wissen, nur deshalb bin ich hier.« Ich stand auf und trat ans Fenster. Von Kaartamos Büro aus sah man den Parkplatz und das kleine Kiefernwäldchen, das man zwischen dem Präsidium und den Nachbargebäuden stehen gelassen hatte. Es war schon dunkel, aber der Raureif auf den Autodächern funkelte im Licht der Straßenlampen. Es schien wieder kälter zu werden.
    »Natürlich leitest du die Ermittlungen«, sagte Kaartamo, »aber ich gebe den Takt vor. Die Zentralkripo bereitet eine Massenverhaftung im Zuhälter- und Prostituiertenmilieu vor, die auf keinen Fall beeinträchtigt werden darf.« Nordström nickte zufrieden.
    »Wenn das alles so supergeheim ist, verstehe ich nicht, warum du die Einladung zu den ›Überraschungsgästen‹ angenommen hast«, fuhr ich Nordström an. »Man sollte doch annehmen, dass du vor deiner großen Heldentat jedes Aufsehen vermeidest. Oder hast du dir gedacht, wenn man dich vorher schon vom Fernsehen kennt, erstrahlt dein Ruhm noch heller?«
    Nordström sah mich scharf an, dann goss er sich Limonade ins Glas. »Nun mach mal halblang, Kallio. Wir stehen doch auf derselben Seite. Vielleicht kann ich dir sogar die Lösung für deinen Fall frei Haus liefern. Ich habe mir nämlich gerade überlegt, wer von den Zuhältern Auftragskiller einsetzen würde. Eigentlich kommt da nur einer infrage: Mischin.« Ein leichtes Zucken lief über sein Gesicht, wie man es manchmal bei Menschen beobachten kann, die von ihrem Liebsten sprechen. Bei Nordström schien jedoch der Erzfeind die tiefsten Emotionen zu wecken.
    »Einigen wir uns darauf, dass die Zentralkripo uns Informationen über Mischins eventuelle Handlanger liefert? Nordström und seine Leute haben umfangreiche Dossiers über sie. Es dürfte sich um die übliche Geschichte handeln: Sulonen wurde angeheuert, die Drecksarbeit zu erledigen, also Lulu aus dem Weg zu räumen, aber dann wurde er zu habgierig. Mischins Leute haben sich das nicht lange gefallen lassen«, sagte Kaartamo und sah mich mahnend an.
    »Ein Bursche namens Jevgeni Urmanov hat früher gelegentlich Aufträge für Mischin ausgeführt«, überlegte Nordström laut. »Er ist zur Fahndung ausgeschrieben, aber nichts und niemand hindert diese elenden Teufel daran, mit falschen Pässen einzureisen. Habt ihr schon Augenzeugen, die den Täter beschreiben können?«
    Ich erklärte, die Befragungen seien im Gange. Nordström ließ noch ein paar Namen fallen und versprach, seine verdeckten Ermittler würden sich weiterhin umhören. Ich wollte meinen Ohren nicht trauen: Nordström, der zumindest technisch zu den Verdächtigen im Fall Lulu Nightingale gehörte, hatte seine eigenen Leute in ebendiesem Fall Nachforschungen anstellen lassen! Normalerweise war ich dagegen, interne Angelegenheiten an die Medien durchsickern zu lassen, aber diesmal hätte ich größte Lust dazu gehabt. Was würde zum Beispiel der nette Reporter vom dritten Programm zu dieser Mauschelei sagen?
    »Und wann soll diese große Säuberungsaktion über die Bühne gehen?«, fragte ich und bemühte mich, das wütende Knurren zu unterdrücken, das mir in der Kehle lag.
    »Frühlingsanfang wäre ein passender Termin, meinst du nicht? Der fällt nämlich auf den Karfreitag, das hätte doch Stil. Mit anderen Worten, stoppt eure Ermittlungen bis dahin und lasst Mischin in Ruhe. Umso besser, wenn wir ihm und seinen Leuten dann auch noch Mord und Mordversuch zur Last legen können – oder womöglich zwei Morde? Wie stehen die Chancen für Sulonen?«
    »Das weiß man im Moment noch nicht. Habe ich dich richtig verstanden? Wir dürfen zwar auf eure Rechnung Mordermittlungen führen, müssen aber mäuschenstill sein, damit deine tolle Aktion nicht gestört wird. Bringst du da nicht die Prioritäten durcheinander? Wir untersuchen mindestens einen Mord, schlimmstenfalls sogar drei, oder hast du Oksana Petrenko schon vergessen? Das

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