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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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mehr. Dann wurden die Gesetze über die Annulierung minderwertigen Nachwuchses verabschiedet. Niemand wollte noch jemanden einstellen, der nach den neuen Gesetzen gar nicht hätte am Leben bleiben dürfen. Da saß ich nun mit vier Diplomen und zwei Doktorhüten. Sollte ich Spike-Jockey werden oder mich als Abnormität im Zirkus zur Schau stellen? So wurde ich Detektiv. Aber, wer weiß, ohne die verschwundenen Eisberge...«
    Wir hier DRAUSSEN vergessen zu leicht, welch ein Problem Trinkwasser ist. Ohne die Zuteilung von Eisbergen wären die USA nicht in der Lage, auch nur ihren dringendsten Bedarf an Wasser zu decken.
    Man kann sich die Aufregung vorstellen, als plötzlich Eisberge auf ihrem Weg zwischen Atlantikküste und Eriesee verschwanden, obwohl der eigens zu diesem Zweck angelegte Kanal von keinem Schiff befahren werden darf und Kilometer für Kilometer mit Elektronenaugen gesichert ist. Auch daß man die Eisberge von Flugzeugen begleiten ließ und alle paar Minuten fotografisch kontrollierte, half nichts – immer wieder verschwand ein Eisberg spurlos, als hätte er sich in Sekundenschnelle in Luft aufgelöst.
    Die Erklärung, die Timothy Truckle dafür fand, war so simpel, daß die eine Hälfte Amerikas über die Unfähigkeit von NSA und FBI, Polizei und Militär lachte, während die andere zutiefst bestürzt war; Timothy hatte das Vertrauen in die Allmacht der Technik in den Grundfesten erschüttert.
    Er hatte etwas getan, was jeder andere für total verrückt gehalten hätte: Er war selbst an den Eisbergkanal gefahren und hatte sich an Ort und Stelle durch Augenschein überzeugt, was los war, hatte in lebensgefährlichen, halsbrecherischen Scooterfahrten zwei Eisberge begleitet und war selbst vor den Müll-und Schlammwüsten nicht zurückgeschreckt. Plötzlich sah er, wie der Eisberg in einen Felshangar gelotst wurde; hier wurden die Berge aufgetaut und per Pipeline abtransportiert, von wem, wurde nie veröffentlicht. Für die elektronische Überwachung hatten die Wasserdiebe einen fliegenden Videoschirm eingesetzt, der den Eisberg scheinbar noch ein paar hundert Kilometer weiterschwimmen ließ, wo dann natürlich keine Spuren entdeckt werden konnten.
    Diese Fahrt kostete Timothy fast das Leben. Sein Skaphander hatte nicht annähernd gehalten, was in der Garantieerklärung versprochen worden war, ein drittes Mal hätte Timothy die Strahlungen der Müllwüsten nicht überlebt; er lag fast ein halbes Jahr im Krankenhaus und mußte sich ein Dutzend Geschwülste aus Armen und Beinen schneiden lassen.
    Sein Erfolg machte ihn mit einem Schlag berühmt und wohlhabend: Außer einem lebenslangen Abonnement für alle Wassersorten der Staaten erhielt Timothy eine Erfolgsprämie, von der er das Appartement im »Nebraska« erwerben und Napoleon anzahlen konnte. Noch wichtiger für ihn aber war die Genehmigung für das Mausoleum, das ihm erst die Voraussetzung bot, zum gefragten Detektiv der Upperclass aufsteigen zu können; welcher Bigboss will sich schon einem Privatdetektiv anvertrauen, wenn er nicht absolut sicher ist, daß wirklich kein Dritter zuhören kann!
    So konnte die staatliche Überwachung auch nicht hören, was Timothy mir berichtete. Manchmal wunderte ich mich, wie offen er mit mir sprach; er verließ sich wohl auf seine Menschenkenntnis, die schließlich eines der Geheimnisse seines Erfolges ist. Ich schätze mich glücklich, daß Timothy Vertrauen zu mir faßte. Sonst hätte ich ihn, den ich für einen der bemerkenswertesten Charaktere der Erde halte, nie kennengelernt und hätte wohl nie von seinen, in diesem Buch zum erstenmal veröffentlichten Kriminalfällen erfahren, die Sie, liebe Leser, so unglaublich sie Ihnen auch erscheinen mögen, getrost glauben dürfen, denn Timothy Truckle verabscheut nichts mehr als Lügen. Höchstens noch gepanschten Whisky.

Wer stiehlt schon Unterschenkel?
    1.
    Der Communicator leuchtete, als Timothy aus dem Bad kam.
    Timothy zögerte, er hatte die Haare bereits entfärbt und den Abendmantel übergeworfen, einen graublauen Seidenmantel, dessen zarte Stickereien ihn als ein Tschengli-Original auswiesen. Er kuppelte den Bildgeber aus und gab den Communicator frei.
    »Hallo, Tiny, sind Sie da? Ich kann nichts sehen!« Paddingtons unverwechselbare Stimme quäkte aus dem Lautsprecher; der Professor hatte als junger Mann seinen Kehlkopf bei einem Selbstversuch für ein Krebsmittel eingebüßt.
    »Hallo, Edward! Mein Bildgeber scheint wieder mal zu streiken. Ich sehe Sie

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