Wer stirbt, entscheidest du
Erregung. Ein Name, eine Verdachtsperson, ein Ziel. Sie sprang auf den Beifahrersitz. Bobby drückte aufs Gas und raste los.
«Tja», sagte er. «Dürfte nicht allzu schwer sein, eine Scheinfirma zu installieren, wenn Hamilton am Drücker sitzt und seinen Komplizen den Rücken freihält. Aber wie das so ist, alles Schöne hat ein Ende.»
«Wenn die Revision auf den Plan tritt …»
«Ist der Spaß vorbei», ergänzte Bobby. «Weil dann nämlich unabhängige Prüfer rumschnüffeln. Außerdem sitzen Shane und Brian wegen ihrer Zockerei diverse Gangster im Nacken, die ein Stück vom Kuchen für sich haben wollen. Das stört Hamilton natürlich. Brian und Shane sind nicht mehr nur Komplizen, sondern eine Gefahr.»
«Hamilton lässt Brian erschießen und Sophie entführen, um dann Tessa den Mord an ihrem Gatten und die Veruntreuung von Gewerkschaftsgeldern anzuhängen?» D.D. runzelte die Stirn. «Und die Drecksarbeit erledigt ein Geldeintreiber. Einer aus der Bande, mit der sich Brian angelegt hat, jemand, der vor nichts zurückschreckt, um an ihr Geld zu kommen.»
«Jemand, der Fotos von Shanes Familie als letzte Drohung verschickt», fügte Bobby hinzu.
«Das haben hohe Tiere so an sich», sagte D.D. kopfschüttelnd. «Sie lassen sich groß was einfallen, wollen sich aber bei der Ausführung ihrer Ideen die Hände nicht schmutzig machen.» Sie zögerte. «Aber wo ist Sophie? Hamilton würde es doch nie riskieren, ein sechsjähriges Mädchen versteckt zu halten, oder?»
«Keine Ahnung», erwiderte Bobby. «Aber ich wette, wenn wir ihn in die Mangel nehmen, spuckt er’s aus. Jetzt wo Lyons erschossen wurde, wird er mit Sicherheit in der Stadt sein.»
D.D. nickte, packte Bobby aber plötzlich am Arm. «Nein, er ist nicht in der Stadt. Jede Wette.»
«Warum nicht?»
«Weil Tessa frei herumläuft und er das weiß. Außerdem wird er inzwischen erfahren haben, dass Lyons’ Ausrüstung verschwunden ist. Und das bedeutet, Tessa ist verzweifelt auf der Suche nach ihrer Tochter – und bis an die Zähne bewaffnet.»
«Er ist auf der Flucht», spekulierte Bobby. «Vor seiner Untergebenen.» Doch dann schüttelte er den Kopf. «Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ein Mann wie Hamilton haut nicht einfach ab, sondern geht in die Offensive. Sofern Sophie noch lebt, wird er sie in seine Gewalt bringen – als letztes Faustpfand.»
«Also, wo ist sie?», fragte D.D. wieder. «Seit drei Tagen wird nach ihr gefahndet. Ihr Foto ist auf allen Nachrichtenkanälen zu sehen. Es müsste doch irgendeine Spur geben.»
«Das Versteck ist offenbar gut gewählt», meinte Bobby. «Irgendwo auf dem Land, in einem freistehenden Haus. Mit einem Babysitter, der ständig ein Auge auf sie hat. Also an einem unzugänglichen Ort, der aber mit allem, was man so braucht, ausgestattet ist. In einem Versteck, von dem Hamilton sicher sein kann, dass es geschützt bleibt.»
«Sein eigenes Haus kommt nicht in Frage», sagte D.D. «Aber vielleicht das eines Bekannten. Oder hat er ein Wochenendhaus? Wir haben doch diese Bilder von ihm als Jäger gesehen. Vielleicht eine Jagdhütte im Wald.»
Bobby lächelte auf einmal. «Bingo. Hamilton hat tatsächlich eine Jagdhütte, und zwar in der Nähe von Mount Greylock, zweieinhalb Stunden von hier im Westen, an den Ausläufern der Berkshires. Abgelegen, gut zu bewachen und so weit raus, dass er glaubhaft versichern kann, in den letzten Tagen oder Wochen kein einziges Mal dort gewesen zu sein. Er hatte ja jede Menge in Boston zu tun.»
«Findest du den Weg dahin?», fragte D.D. Bobby zögerte. «Ich bin schon mal da gewesen, aber das liegt Jahre zurück. Manchmal lädt er Kollegen zu einem Jagdwochenende ein. Phil kann uns die Adresse mit Sicherheit durchgeben.»
«Gut», sagte D.D. und zog ihr Handy raus. «Ich ruf ihn an. Fahr du schon mal auf den Pike.»
Bobby schaltete das Blaulicht ein und raste auf den Mass Pike zu, die schnellste Verbindung quer durch Massachusetts. D.D. wählte die Nummer der Zentrale. Es war nach Mitternacht, doch niemand der Polizeikräfte der Stadt oder des Staates lag im Bett. Phil antwortete nach dem ersten Rufzeichen.
«Schon von Trooper Lyons gehört?», fragte Phil sofort.
«Ja. Hör zu, ich habe eine heikle Bitte. Wir wollen uns Gerard Hamilton unter die Lupe nehmen und brauchen Informationen. Angehörige, Immobilien, finanzielle Situation. Gib mir alles, was du rausbekommen kannst.»
Es entstand eine kurze Pause. «Sprechen wir von dem Lieutenant Colonel?»,
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