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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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fragte Phil vorsichtig.
    «Wie gesagt, die Sache ist heikel.»
    D.D. hörte es klappern. Phils Finger flogen über die Tasten.
    «Hmmmm, willst du wissen, was mir zu Ohren gekommen ist? Und das nicht etwa in der Gerüchteküche, sondern am Pissoir», fragte Phil, während er tippte.
    «Lass hören», drängte D.D.
    «Hamilton soll eine Affäre haben. Eine italienische Rakete.»
    «Name?»
    «Weiß ich nicht. Der Typ, von dem ich es weiß, sprach nur von ihrem … Hintern.»
    «Männer sind Schweine. Sei’s drum. Mach dich an die Arbeit, Phil. Sag mir, was ich wissen muss, denn wir glauben, er hat Sophie Leoni.»
    D.D. steckte ihr Handy wieder weg. Bobby hatte die Auffahrt erreicht und ging mit so viel Tempo in die Kurve, dass die Reifen quietschen. Die Straßen waren inzwischen geräumt, und es herrschte nur wenig Verkehr. Bobby beschleunigte in Richtung Westen. Sie hatten, wie D.D. überschlug, rund hundertdreißig Meilen zurückzulegen und würden wohl nicht immer mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Zwei Stunden vielleicht. In zwei Stunden konnte Sophie Leoni vielleicht gerettet sein.
    «Hältst du sie für eine gute Polizistin?», fragte Bobby unvermittelt.
    Es war klar, von wem er sprach. «Ich weiß nicht», antwortete D.D. Bobby warf ihr einen Blick zu. «Wie weit würdest du gehen?», fragte er leise. «Wenn es dein Kind wäre, wie weit würdest du gehen?»
    «Das werde ich hoffentlich nie beantworten müssen.»
    «Ich würde Amok laufen», gestand Bobby und krallte die Hände ums Steuerrad. «Wenn jemand Annabelle bedrohen und Carina entführen würde … ja, ich würde Amok laufen.»
    D.D. zweifelte keinen Augenblick an seinen Worten und schüttelte den Kopf. «Es wäre falsch, Bobby», sagte sie ruhig. «Wir sind Cops. Blinde Rache scheidet für uns aus. Wenn wir uns selbst nicht unter Kontrolle haben …»
    Sie fuhren schweigend weiter, hörten nur noch den gequälten Motor und sahen die Lichter der Stadt wie Sternschnuppen vorbeifliegen.
    Sophie , dachte D.D., wir kommen .

[zur Inhaltsübersicht]
    42. Kapitel
    Lieutenant Colonel Gerard Hamilton war mein Chef, aber dass ich ihn kennen würde, wäre zu viel gesagt. Zum einen rangierte er in der Nahrungskette zu weit über mir, zum anderen verkehrte er hauptsächlich mit Männern. Unter den Kollegen hatte er eigentlich nur Kontakt zu Shane und dessen Komplizen, meinem Mann Brian.
    Sie gingen manchmal zu den Red Sox ins Stadion, fuhren übers Wochenende weg, um zu jagen, oder machten einen Ausflug nach Foxwoods.
    Im Rückblick passte alles zusammen. Shanes kleine Trips in Begleitung meines Mannes und Hamiltons.
    Wenn sich Brian verzockte – wer wusste am besten, wie dringend er Geld brauchte? Wer kannte andere Möglichkeiten, schnell liquide zu werden? Wer war in der Lage, die Schwächen meines Mannes auszunutzen?
    Shane hatte nicht allzu viel Grips gehabt. Lieutenant Colonel Hamilton dagegen … er verstand sich darauf, andere zu manipulieren und mal hier, mal da ein bisschen was für sich abzuzweigen. Erstaunlich, wie leicht es ist, die ersten kleinen krummen Dinger, die man dreht, vor dem eigenen Gewissen zu rechtfertigen.
    Vielleicht hatten sich Brian und Shane eingeredet, das Geld nur «leihen» zu wollen. Als Gewerkschaftsvertreter kannte Shane den Kontostand der Pensionskasse. Hamilton hatte Zugriff darauf und kam auf den Gedanken, eine Scheinfirma als Empfängerin der veruntreuten Gelder einzurichten. Er, der alte Netzwerker, hatte wahrscheinlich schon mit einem einzigen Telefonanruf alles Nötige in die Wege geleitet.
    Sie konnten nach Lust und Laune zocken und Schulden machen, die von der Pensionskasse gedeckt sein würden.
    Aber wie lange? Einen Monat? Ein halbes Jahr? Ein Jahr? Vielleicht hatten sie nicht so weit im Voraus geplant oder einfach nicht darüber nachdenken wollen, dass irgendwann im Zuge einer Revision der Schwindel auffliegen würde. Dumm für Brian und Shane, dass es genau dazu kam und eine Sonderkommission eingerichtet wurde, um offene Fragen zu klären.
    War es Hamiltons Idee gewesen, mich als Sündenbock ans Messer zu liefern? Oder hatten sich Brian und Shane, weil sie aus den Spielschulden nicht herauskamen, auf die falschen Leute eingelassen, sodass ihnen am Ende nicht nur die Kassenprüfer, sondern auch Mafia-Geldeintreiber im Nacken saßen?
    Hamilton musste sich darüber im Klaren gewesen sein, dass Shane und Brian dem Druck auf Dauer nicht standhalten, irgendwann auspacken und ihn mit ins Verderben reißen

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