Wer stirbt, entscheidest du
wenn ich im Haus bin. Also kehrten wir wieder zur alten Routine zurück. Sie haben sich mächtig ins Zeug gelegt», kommentierte Mrs. Ennis ernst. «Aber es reichte nicht. Tessa musste zum Dienst, der auch manchmal länger dauerte. Und dann verschwand Brian wieder für drei Monate. Es war wirklich nicht einfach für die beiden.»
«Hat es Streit gegeben?», fragte D.D. Mrs. Ennis studierte ihren Tee. «Streit nicht … aber es gab wohl Spannungen. Sophie war manchmal … Wenn Brian nach Hause kam, war sie in den ersten zwei, drei Tagen immer ungewöhnlich still. Wenn er ging, war sie dagegen putzmunter. Es ist für ein kleines Kind nicht leicht zu verstehen, dass der Vater ständig kommt und geht. Und Kinder spüren auch, wenn es Schwierigkeiten gibt.»
«Hat er sie geschlagen?»
«Bewahre! Wenn es dazu gekommen wäre, hätte ich ihn persönlich angezeigt.»
«Bei wem?», fragte D.D.
«Bei Tessa natürlich.»
«Hat er sie geschlagen?»
Mrs. Ennis zögerte. D.D. musterte sie mit neu erwachtem Interesse.
«Keine Ahnung.»
«Wirklich nicht?»
«Manchmal habe ich blaue Flecken an ihr gesehen. Vor nicht allzu langer Zeit ist mir aufgefallen, dass sie hinkte. Aber als ich sie fragte, was gewesen sei, behauptete sie, auf vereisten Stufen ausgerutscht zu sein oder beim Schneewandern einen kleinen Unfall gehabt zu haben. Die Familie ist sehr sportlich, und da kommt es manchmal zu Unfällen.»
«Sophie hat sich nie verletzt?»
«Nie», betonte Mrs. Ennis.
«Anderenfalls hätten Sie eingegriffen, nicht wahr?»
Der Frau zitterte plötzlich der Mund. Sie wandte ihr Gesicht ab, doch D.D. sah, dass sie sich schämte.
«Sie ahnten, dass er sie schlägt», stellte D.D. unumwunden fest. «Sie haben sich um Tessa Sorgen gemacht, aber nichts unternommen.»
«Ungefähr vor acht Wochen, vielleicht ist es auch nur sechs Wochen her … da schien etwas passiert zu sein, denn sie bewegte sich seltsam, schien aber nicht weiter darauf zu achten. Als ich sie daraufhin ansprach …»
«Was sagte sie?»
«Dass sie die Eingangsstufen hinuntergestürzt sei. Sie habe vergessen, Salz zu streuen, und es sei ihre eigene Schuld.» Mrs. Ennis presste die Lippen aufeinander. Nach einer Weile fuhr sie fort: «Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Tessa ist Polizistin, gut ausgebildet, und sie trägt eine Waffe. Ich sagte mir, wenn sie wirklich Hilfe braucht, lässt sie’s mich wissen. Oder einen Kollegen. Sie ist ja ständig mit Kollegen zusammen. Warum hätte sie nicht einen von denen um Hilfe bitten sollen?»
Preisfrage, dachte D.D. Bobbys Miene ließ erkennen, dass er das Gleiche dachte. Er beugte sich vor und machte Mrs. Ennis auf sich aufmerksam.
«Hat Tessa jemals den Namen von Sophies leiblichem Vater erwähnt? Ist er vielleicht vor kurzem mit ihr in Kontakt getreten? Hat er womöglich Interesse an seinem Kind gezeigt?»
Mrs. Ennis schüttelte den Kopf. «Tessa hat nie von ihm gesprochen, und ich dachte immer, dieser Mann will einfach kein Vater sein. Er hätte was Besseres gefunden, sagte sie, und dabei beließ sie es.»
«Hat Tessa in letzter Zeit Probleme im Dienst gehabt? Gab es da vielleicht eine Festnahme, die ihr Kopfzerbrechen bereitet hat?»
Wieder schüttelte Mrs. Ennis den Kopf.
«Probleme mit Kollegen? Als einzige Frau in der Kaserne von Framingham wird sie es nicht immer leicht gehabt haben.»
«Über ihre Arbeit hat sie nie gesprochen. Jedenfalls nicht mit mir. Tessa war stolz auf ihren Beruf, das weiß ich. Man konnte es ihr ansehen, wenn sie abends ihren Dienst antrat. Mag sein, dass sie in erster Linie an ihr Kind dachte, als sie sich für die Polizei entschied, aber sie hat auch selbst Gefallen an der Arbeit. Ein harter Job für eine harte Frau.»
«Trauen Sie ihr einen Mord zu?», fragte D.D. geradeheraus.
Mrs. Ennis antwortete nicht.
«Was, wenn er sich an ihrem Kind vergriffen hätte?»
Mrs. Ennis blickte wütend auf. «Gütiger Himmel, Sie wollen doch nicht …» Sie hielt sich die Hand vor den Mund. «Glauben Sie, Brian hat Sophie umgebracht? Glauben Sie, Sophie ist tot? Aber es wird doch nach ihr gesucht. Ich dachte, sie wäre weggelaufen, aus Angst …»
«Wovor hätte sie Angst haben sollen?»
«In den Nachrichten hieß es doch, es habe einen Zwischenfall gegeben. Mit einem Toten. Ich dachte, es sei jemand eingebrochen, es wäre zum Kampf gekommen und Sophie wäre weggelaufen, um sich in Sicherheit zu bringen.»
«Wie kommen Sie auf Einbruch?», fragte D.D.
«Ich
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