Wer stirbt, entscheidest du
dass sie bezaubernd hübsch ist. Es hat mir fast das Herz gebrochen, als die beiden ausgezogen sind.»
«Wann war das?»
«Nachdem sie Brian kennengelernt hatte. Sie und Sophie waren hin und weg. Ein richtiger Märchenprinz, dieser Brian. Aber einen solchen Mann hatte Tessa, die so schwer arbeitete, wirklich verdient. Und auch für Sophie freute ich mich. Jedes Mädchen sollte die Chance haben, Daddys kleine Prinzessin zu sein.»
«Wie fanden Sie denn Brian Darby?», fragte D.D.
«Sympathisch», antwortete Mrs. Ennis, klang aber merklich reservierter.
«Wie haben sich die beiden kennengelernt?»
«Über die Arbeit, glaube ich. Brian war mit einem Trooper befreundet.»
D.D. schaute Bobby an. Der nickte und machte sich Notizen.
«Hat er sich oft bei Ihrer Nachbarin aufgehalten?»
Mrs. Ennis schüttelte den Kopf. «Da war es doch viel zu beengt. Da hatten es die beiden bei ihm besser, in seinem Haus. Für mich war es schrecklich, sie nur selten zu sehen, aber natürlich habe ich mich auch für sie gefreut, das ist gar keine Frage.» Mrs. Ennis seufzte. «Leider habe ich keine eigenen Enkel. Sophie ist für mich wie ein Enkelkind. Ich vermisse sie sehr.»
«Und nachdem sie ausgezogen waren? Wie oft haben Sie dann noch ausgeholfen?»
«Meist wenn Brian zur See fuhr. Dann habe ich mich nachts um Sophie gekümmert, wie früher. Morgens schicke ich sie zur Schule. Mich ruft man auch an, wenn etwas ist, denn Tessa kann nicht immer spontan reagieren. Zum Beispiel wenn der Unterricht ausfällt oder Sophie sich nicht wohl fühlt. Dann springe ich ein. Kein Problem. Wie gesagt, Sophie ist für mich so etwas wie ein Enkelkind.»
D.D. musterte die alte Dame mit kritischem Blick.
«Wie würden Sie Trooper Leoni als Mutter beschreiben?», fragte sie.
«Sie ist eine gute Mutter, die für ihr Kind alles tut», antwortete Mrs. Ennis, ohne zu zögern.
«Trinkt Trooper Leoni manchmal?»
«Nie.»
«Ihr Job ist bestimmt stressig. Und wenn sie nach Hause kommt, muss sie sich um ein Kind kümmern. Anscheinend hat sie kaum einen Moment für sich», tastete D.D. sich weiter vor.
«Trotzdem habe ich sie noch nie klagen hören», erwiderte Mrs. Ennis entschieden.
«Hat sie Sie noch nie um Entlastung gebeten, wenn sie einen schlechten Tag hatte?»
«Nein, Ma’am. Wenn sie nicht arbeitet, möchte sie bei ihrer Tochter sein. Sie ist ihr Ein und Alles.»
«Aber sie hat doch auch einen Mann.»
Mrs. Ennis schwieg eine Weile. «Soll ich ehrlich sein?»
«Ja, bitte», sagte D.D.
«Ich glaube, Tessa liebte Brian vor allem deshalb, weil Sophie einen Narren an ihm gefressen hatte. Zumindest war das anfangs so; Brian und Sophie verstanden sich auf Anhieb.»
«Anfangs», hakte D.D. nach.
Die alte Dame seufzte und blickte in ihren Tee. «Ich schätze, wenn sich zwei zusammentun und heiraten, haben sie anfangs immer eine gute Zeit miteinander.» Sie seufzte wieder. «Ich weiß natürlich nicht, was hinter geschlossenen Türen vor sich geht …»
«Aber?»
«In der Anfangszeit machten Brian, Tessa und Sophie einen glücklichen Eindruck. Tessa erzählte mir immer ganz beseelt von Spaziergängen, Fahrradausflügen und Picknicks im Freien. Die drei haben viel unternommen.
Aber eine Ehe ist nicht bloß das reine Vergnügen. Wenn Brian unterwegs war, musste sich Tessa neben all ihrer Arbeit auch noch um Haus und Garten kümmern. Mal war der Rasenmäher kaputt, mal der Laubbläser, und sie musste allein damit fertig werden. Sie war manchmal richtig verzweifelt. Wenn Brian Urlaub hatte und ihr einen Teil der Hausarbeit abnehmen konnte, lief alles rund, aber ohne ihn schaffte sie es kaum noch, alles unter einen Hut zu kriegen. In der kleinen Wohnung nebenan haben es die beiden sehr viel besser gehabt.»
D.D. nickte.
«Und wie war’s für Brian?»
«Mir hat er sich natürlich nicht anvertraut», antwortete Mrs. Ennis.
«Natürlich nicht.»
«Von Tessa weiß ich nur, dass er, wenn er auf seinem Tanker unterwegs war, rund um die Uhr arbeiten musste. Wenn er dann nach wochenlangem Einsatz nach Hause zurückkam, hatte er nicht immer Lust, sich um den Haushalt zu kümmern, den Rasen zu mähen oder auf Sophie aufzupassen.»
«Er wollte wohl lieber spielen», frotzelte D.D.
«Ein Mann muss sich auch mal entspannen dürfen. Auf Tessas Wunsch bin ich deshalb immer in der ersten Woche nach seiner Rückkehr morgens hingefahren, um Sophie zu versorgen. Aber damit war Brian auch nicht einverstanden; er sagte, er könne nicht entspannen,
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