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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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schon schwanger?»
    «Ja, Ma’am.»
    «Hat sie gesagt, wer der Vater ist?»
    «Nein, den hat sie nie erwähnt.»
    «Mit wem hatte sie sonst noch Kontakt? Freunde oder Angehörige, die sie besuchten?»
    «Sie hatte keine Familie, auch keine Verehrer. Sie arbeitete in einem Café und versuchte zu sparen. Eine alleinstehende Frau, die ein Kind erwartet, hat es nicht leicht.»
    «Gab es wirklich keine Männerbekanntschaften? Sie ist doch bestimmt manchmal abends ausgegangen, um sich mit Freunden zu treffen, oder?»
    «Nein, da war niemand», antwortete Mrs. Ennis entschieden.
    «Wirklich nicht?»
    «Es wäre nicht ihre Art», erwiderte Mrs. Ennis.
    D.D. warf Bobby einen flüchtigen Blick zu. Er schien ebenfalls verblüfft zu sein.
    «Wie ist denn ihre Art?», fragte D.D. schließlich.
    «Tessa ist unabhängig, zurückgezogen. Für sie dreht sich alles nur um ihr Kind. Sie kennt nur dieses eine Thema. Sophie ist ihr Lebensmittelpunkt. Tessa wusste von Anfang an, dass es eine alleinerziehende Mutter schwer haben würde. Sie saß hier an diesem Tisch, als sie eines Abends davon sprach, Polizistin werden zu wollen.»
    «Warum Polizistin?», fragte Bobby.
    «Sie dachte an die Zukunft und wollte eine sichere Anstellung. Als Kellnerin verdient man nicht viel. Wir unterhielten uns über ihre Möglichkeiten. Sie hatte eine Abendschule besucht und die Hochschulreife erworben. Ein Bürojob kam für sie nicht in Frage, weil sie nicht den ganzen Tag an einem Schreibtisch sitzen wollte. Mein Sohn ist bei der Feuerwehr. Ich sagte, das sei doch vielleicht auch etwas für sie, aber Tessa wollte lieber zur Polizei. Sie informierte sich und ließ sich Bewerbungsunterlagen schicken. Die Voraussetzungen hatte sie, und die Verdienstmöglichkeiten sagten ihr zu. Aber dann erfuhr sie, dass sie die Polizeiakademie würde besuchen müssen, und das ließ sie ein wenig unsicher werden. Ich erklärte mich daraufhin bereit, während der Zeit ihrer Ausbildung für das Kind zu sorgen.»
    D.D. wandte sich an Bobby. «Wie lange dauert die Ausbildung?»
    «Ein halbes Jahr», antwortete er. «Die Rekruten sind kaserniert und dürfen nur an den Wochenenden nach Hause. Für eine alleinstehende Mutter alles andere als praktisch.»
    «Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir alle gut mit diesen Umständen zurechtgekommen sind», sagte Mrs. Ennis etwas steif. «Tessa bewarb sich noch vor ihrer Niederkunft und fing ihre Ausbildung an, als Sophie neun Monate alt war. Natürlich hatte Tessa Bedenken, aber sie freute sich auch.» Die alte Dame musterte D.D. mit wachem Blick. «Sind Sie alleinstehend? Haben Sie Kinder? Wer ein neues Kapitel im Leben aufschlägt, schöpft daraus enorm viel Energie und Risikobereitschaft.
    Tessa war immer schon eine gewissenhafte Person», fuhr sie fort. «Aber mit diesem neuen Ziel vor Augen entwickelte sie noch mehr Tatkraft und Engagement. Sie war ungemein fleißig und wusste, was als ledige Mutter, die in den Polizeidienst eintreten wollte, auf sie zukommen würde. Gleichzeitig war sie überzeugt davon, dass dieser Schritt für sie und ihre Tochter das Beste wäre. Sie zweifelte keinen Augenblick daran. Und wenn sich eine Frau wie sie erst einmal für eine Sache entschieden hat …»
    «Alleinstehend, fleißig, engagierte Mutter», fasste D.D. zusammen.
    «Allerdings.»
    «Liebevoll?»
    «Immer», betonte Mrs. Ennis.
    «Was war nach Abschluss der Ausbildung?», wollte Bobby wissen. «Haben Sie ihr gratuliert?»
    «Ich habe ihr sogar ein neues Kleid geschenkt», antwortete Mrs. Ennis.
    «Ist noch jemand zum Feiern gekommen?»
    «Nein, wir waren zu dritt. Nur wir Frauen.»
    «Sie wird anschließend sofort ihren Dienst aufgenommen haben», fuhr Bobby fort. «Nachtschichten. Das heißt, sie hatte nicht viel Zeit für ihr Kind.»
    «Sie dachte daran, Sophie in einen Kinderhort zu geben, aber davon wollte ich nichts hören. Als sie in der Akademie war, sind Sophie und ich schließlich auch schon bestens miteinander zurechtgekommen. Es machte mir doch überhaupt nichts aus, über den Flur zu gehen und auf Tessas Sofa zu schlafen statt in meinem Bett. Und wenn Sophie wach wurde, nahm ich sie mit in mein Apartment, damit Tessa sich ausruhen konnte. Mich um Sophie zu kümmern war die reinste Freude. Ach, dieses Kind … wie es strahlte, kicherte und mit mir schmuste. Jeder kann sich glücklich schätzen, ein solches Kind zu haben.»
    «Ein glückliches Kind?», fragte D.D.
    «Und ob. Lebhaft und heiter, ganz davon abgesehen,

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