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Wer stirbt, entscheidest du

Wer stirbt, entscheidest du

Titel: Wer stirbt, entscheidest du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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der sich, wie auch immer, in unseren Flügel eingeschmuggelt hatte.
    Er schien überrascht, mich zu sehen.
    Ich lächelte ihm zu und stieß ihm die Klinge zwischen die Rippen.
    Kims Körper fiel zu Boden. Der Mann taumelte zurück, eine Hand in die Seite gepresst. Ich folgte, worauf er sich wegdrehte und zur Tür zu rennen versuchte. Von einem gezielten Tritt in der rechten Kniekehle getroffen, geriet er ins Wanken. Ein zweiter Tritt, der auf die andere Kniekehle traf, brachte ihn zu Fall. Er wälzte sich auf den Rücken und hob die Arme.
    Ich stand über ihm, die blutige Klinge in der Hand. Mein Anblick – das zerschlagene Gesicht und die rot verschmierten Hände – war für diesen großen schwarzen Mann offenbar zu viel. Er machte sich in seinen orangefarbenen Overall.
    Ich holte mit der Klinge aus.
    «Nein», krächzte er heiser.
    Ich pflanzte ihm den Blechzinken in den Oberschenkel. Er schrie. Ich bohrte nach.
    Und dann sang ich, für alle hörbar: «All I want for Christmas is my two front teeth, my two front teeth, my two front teeth …»
    Der Kerl flennte, als ich mich über ihn beugte, ihm die langen dunklen Haare vom Gesicht streifte und ihm, wie dem Liebsten, ins Ohr flüsterte: «Sag dem Mann in Schwarz, dass ich ihn aufspüren werde. Er ist als Nächster dran.»
    Ich drehte den Blechzinken ein letztes Mal in der Wunde.
    Dann stand ich auf, wischte die Klinge am Hosenbein ab und drückte den Alarmknopf.

    Trauert man, wenn einem die Welt, in der man lebt, verlorengeht? Wenn der Endpunkt erreicht ist, von dem es kein Zurück mehr gibt?
    Die Wärter waren Sekunden später zur Stelle. Über den gesamten Trakt wurde der Notstand verhängt. Man legte mir Handschellen an. Ich stand auf wackeligen Beinen da, die Arme zerschnitten und mit frischen Prellungen an der Seite und auf dem Rücken.
    Kim wurde auf einer Trage weggebracht. Sie war ohnmächtig, atmete aber noch.
    Die Frau, die das selbstgebastelte Messer gezückt hatte, verschwand in einem Leichensack. Ich sah, wie der Reißverschluss zugezogen wurde, und empfand nichts dabei.
    Erica schrie und kreischte so hysterisch, dass man sie zur Beruhigung in die Krankenstation schaffte. Die anderen Frauen wurden verhört und stellten sich dumm.
    «Ich war die ganze Zeit auf der Zelle …»
    «Hab nichts gesehen …
    «Gehört, ja, aber …»
    «Klang so, als wären die Fetzen geflogen …»
    «Ich habe die ganze Zeit geschlafen, Officer. Ehrlich.»
    Der schwarze Kerl hingegen erzählte jedem, der ihm zuhörte, dass ich der leibhaftige Todesengel wäre, den man ihm bitte, bitte vom Leib halten möge.
    Schließlich baute sich der stellvertretende Gefängnisdirektor vor mir auf. Er musterte mich sekundenlang und ließ an seiner Miene deutlich erkennen, was er von mir hielt.
    Sein Urteil bestand aus einem einzigen Wort. «Einzelhaft.»
    «Ich will meinen Anwalt sprechen.»
    «Wer hat Officer Watters attackiert?», fragte er.
    «Mrs. Doubtfire.»
    « Sir , wenn ich bitten darf. Und aus welchem Grund wurde sie attackiert?»
    «Keine Ahnung, Sir .»
    «Sie sind noch keine vierundzwanzig Stunden hinter Schloss und Riegel. Woher haben Sie diese Stichwaffe?»
    «Von einer der Frauen, die mich kaltmachen wollten.» Ich stockte. «Sir.»
    «Sie haben es mit sechs Frauen aufgenommen?»
    «Eine Polizistin lässt sich nichts gefallen. Sir. »
    Fast hätte er gelächelt. Stattdessen aber zeigte er mit dem Daumen unter die Decke, wo mehrere Überwachungskameras hingen. «Big Brother hat zugesehen. Ich frage ein letztes Mal. Haben Sie mir irgendetwas zu sagen?»
    «Officer Watters schuldet mir ein Dankeschön.»
    Er wusste offenbar bereits mehr, als er zugab. «Sie müssen zum Arzt», sagte er und zeigte auf meine zerschnittenen Unterarme.
    «Ich will meinen Anwalt sprechen», wiederholte ich.
    «Stellen Sie einen Antrag in der vorgeschriebenen Form.»
    «Dazu habe ich keine Zeit.» Ich schaute dem stellvertretenden Gefängnisdirektor in die Augen. «Ich bin bereit, mit der Bostoner Polizei zu kooperieren», erklärte ich für alle hörbar. «Rufen Sie Detective D.D. Warren. Sagen Sie ihr, dass ich sie zur Leiche meiner Tochter führe.»

[zur Inhaltsübersicht]
    27. Kapitel
    «Unverschämtheit!», explodierte D.D. zwei Stunden später. Sie befand sich mit Bobby, ihrem Chef und Tessa Leonis Anwalt Ken Cargill in einem Konferenzzimmer der Polizeizentrale. Der hatte auf ein Gespräch gedrängt, ausdrücklich im Beisein des Vorgesetzten. Es ging offenbar um Verhandlungen, die

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