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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer Bananenschale, Gott sei's geklagt, und brach sich das Bein noch einmal.
    Lars Lüders resignierte und aß auch keine Bananen mehr. Nach seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus in Norden, wo man den komplizierten Bruch heilte, zwar so vortrefflich, daß Lüders nur noch andeutungsweise hinkte (aber er blieb amtlich anerkannter Invalide und seeuntauglich), wurde er Arbeiter der Kurverwaltung, schleppte Strandkörbe hin und her, verlieh Bambusstangen für die lustigen Fähnchen (und das Hissen der deutschen Flagge), Liegestühle und Strandzelte, verkaufte gegen gutes Geld Pensionsadressen attraktiver junger Damen an ältere, gutsituierte Herren, säuberte jeden Morgen den Sand von den haufenweisen Überresten der Zivilisation und der guten Erziehung zur Sauberkeit der Umwelt, ließ sich einen Bart wachsen, wild, windzerzaust und von einer geradezu aufreizenden Weiße (natur, nicht gebleicht!) und wurde für die Kurgäste im Laufe der Jahre zum Inbegriff des alten Seemannes.
    Manchmal erzählte Lüders auch von wahnwitzigen Abenteuern in der Südsee (die er nie gesehen hatte, nur das Bananenschiff, sein großes Schicksal), berichtete im Kreis ehrfurchtsvoll lauschender Kurgäste von Taifunen und Haifischkämpfen, bis er selbst unter seinen Norderneyern nur der ›Südsee-Lars‹ hieß.
    Und langsam wurde er mit diesem Leben zufrieden.
    Kurz nachdem er heute seine Pfeife ausgeklopft hatte – er benutzte dazu seinen Stiefelabsatz –, entdeckte er die Flasche. Lüders kehrte sie auf seine breite Schaufel, ließ sie in den Eisenkarren rutschen und wollte weitergehen, als er durch die Algen hindurch etwas in der Flasche aufleuchten sah. Er griff in den Karren, zog sie unter dem Müll hervor, hielt sie gegen die Sonne und schnaufte dann erstaunt durch die Nase.
    In der Flasche lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Bräunlich, wie von der Sonne gegerbt. Lüders putzte mit dem Ärmel seiner Jacke die Algen fort, versuchte den Klemmverschluß aufzudrücken, aber der war oxydiert und verrostet und wie mit dem Glas verschmolzen. Da steckte er die Flasche in seine Rocktasche, knurrte: »Wart man, di krieg ich open!« und kehrte weiter den Strand.
    Er war heute mit der Zeit zurück. Die ersten Kurgäste erschienen oben in den Dünen. Die Frühaufsteher, in der Mehrheit Nacktbader.
    Sie irrten durch die Sandhügel und suchten ihre vor der Flut geretteten Strandkörbe.
    Erst gegen Mittag hatte Lars Lüders Zeit, sich an seinen Fund zu erinnern. Mit den anderen Strandwärtern saß er in einem Aufenthaltsraum der Strandgaststätte, rauchte seine Pfeife, las die Zeitung und wurde durch die Reklame einer Limonadenfirma angeregt, an die linke ausgebeulte Tasche seiner Jacke zu fassen. Die Flasche war noch da. Er zog sie heraus, stellte sie auf den Tisch, tippte mit dem Zeigefinger auf den verrosteten Verschluß, hüstelte, damit die anderen Kollegen aufmerksam wurden, und schob die Flasche näher ans Licht, zum Fenster.
    »Wat segst di nun?« fragte er und blickte sich um.
    Die anderen warfen einen Blick auf die Flasche und lachten. Bei Lüders wußte man nie, was nach solchen Fragen kommen würde … Lachen war daher immer richtig.
    »Am Morgen schon 'ne Buddel Köm?« fragte ein dürrer Mensch, der Ludwig Sickers hieß.
    »Kiek genau hin!« Lüders hielt die Flasche gegen das Sonnenlicht. »Da is'n Brief drin!«
    »Us de Südsee, Lars?« Der dicke Enno, Vorarbeiter bei der Kurverwaltung und als einziger in der Runde fest angestellt, nicht nur in der Sommersaison, lehnte sich zurück und streckte die Beine von sich. »Bestimmt! Lars, mach de Buddel auf. Das is bestimmt so'n Liebesbrief von deiner Hawaiibraut …«
    »Und so'n praktisches Mädchen«, rief ein anderer. »Ohne Porto …«
    Lüders tat es leid, seine Flasche überhaupt gezeigt zu haben. Er hob sie wieder gegen die Sonne … das vergilbte Papier drehte sich wie ein Gegenstand im luftleeren Raum. Es schwebte wie schwerelos zwischen dem Glas.
    »Sieht so verdammt echt aus …«, sagte er und hielt die Flasche dem dicken Enno hin. »Man sollte sie zur Polizei bringen …«
    »Zur Post!« Der dicke Enno grinste unverschämt. »Da fehlt die Nachgebühr, Lüders. Per Eilboten und Einschreiben …«
    Die anderen Strandwärter brüllten los. Lüders sah sie böse an, steckte die Flasche wieder in seine Tasche und sprang auf.
    »Idioten!« sagte er steif, trat die Tür auf und ging.
    Den ganzen Tag trug er die Flasche mit sich herum, stellte sie unter die Theke, als er

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