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Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Wer stirbt schon gern in Düsseldorf?

Titel: Wer stirbt schon gern in Düsseldorf? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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den Landtag, um wenigstens einen F.R.-Vertreter vor die Aufnahmegeräte ihrer öffentlich-rechtlichen oder privaten Medienanstalt zu zerren. Hatte man doch in einer von den Demoskopen aus Noelle, Allensbach und Neumann abgesicherten Überheblichkeit die Kleinpartei unter »Gar nix« noch weit hinter der PDS einkalkuliert.
    Endlich, die »Tagesschau« rückte schon gefährlich näher, konnte ein freier Mitarbeiter des Düsseldorfer WDR-Hörfunkstudios den F.R.-Spitzenkandidaten Ludwig Förster in der Düsseldorfer Kneipe »Op de Eck« am Grabbeplatz ausfindig machen, wo dieser nicht nur ausgiebig seinen Sieg im eigenen Wahlkreis »Aachen III – Euskirchen I« feierte, sondern auch mit baffem Erstaunen so manch ungeliebtes Altbier auf das immer konkreter werdende Endergebnis hob.
    Ludwig Förster enttäuschte wenig später in der »Tagesschau« all die, die sich unter dem Chef der F.R.-Partei einen tümelnden Blut- und Heimaterde-Fanatiker im Trachtenjanker vorgestellt hatten. Der Buchhändler aus Monschau erklärte vielmehr in kurzen, wenn auch noch recht unsicher wirkenden Zügen seine Vorstellungen von einem Westfalen-Lippe-freien Bundesland: Pappnasenfreie Kultur und rheinischer Freigeist, der selbst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bei einem gewissen Herrn Adenauer aus Köln auszumachen gewesen sei. Seine Ausführungen beendete er:
    »Vom Rheinland ist, soviel ich weiß, nie ein Krieg ausgegangen, von Berlin immer wieder – zuletzt sogar im Kosovo. Nun ja, ich gebe zu, dass die ersten Entscheidungen sicher noch in Bonn gefallen sind. Und zu Afghanistan werde ich später noch etwas sagen.«
    Die beiden letzten Sätze fielen in der Ausstrahlung allerdings der Schere zum Opfer.
    Mehr war an diesem Abend in Sachen politischer Standortbestimmung nicht zu erfahren – zumal man für die Düsseldorfer Runde, die natürlich eine Berliner Runde war, keinen Vertreter der rheinischen Separatisten eingeladen hatte.
    Der weitere Fernsehabend zog sich dahin mit Bafferstaunt-Kommentaren, Kopfschüttel-Statements von Nicht-NRWlern und Teufel-an-den-Landtag-Gemale von Noch-Nordrhein-Westfalen.
    Neben der Politik gab es an diesem Abend noch die Meldung, dass der Papst das Geheimnis von Fatima gelüftet hatte.
    Das Attentat auf ihn selbst sei das große, erschreckende Geheimnis gewesen.
    »Mehr nicht?«, formulierte ein öffentlich-rechtlicher Nachrichtensprecher recht salopp – aber darüber konnte sich an diesem Abend kein Rundfunkrat aufregen – zumal »Bayer Leverkusen« an diesem Tag noch Deutscher Meister hätte werden können … es aber dann doch nicht wurde.
    Aber das sind völlig andere Geschichten – im wahrsten Sinne des Wortes: Geschichte eben.
    Als sich die ARD gründlich über die übrigen, recht unbedeutenden Ereignisse des Tages ausgemeldet hatte, ging man gegen 23.10 Uhr zur verlängerten Tagesthemen-Ordnung über und verkündete das vorerst amtliche Wahlergebnis:
    Die F.R.ler hatten auf Anhieb 19,6 Prozent der Stimmen geholt und zogen mit 48 Abgeordneten in den Landtag ein. Die SPD erhielt glatte 33 Prozent bei 78 Abgeordneten, die CDU 27,2 und 64 MdLer, die Grünen 7,1 Prozent und 17 Sitze und die FDP 9,8 Prozent und 24 Sitze für das Düsseldorfer Parlament. Damals war auch noch der Fallschirmspringer mit dem harten Aufschlag dabei.
    Unter normalen Wahl-Umständen wäre das FDP-Ergebnis die Sensation des Abends gewesen – doch nach dem »Freies-Rheinland«-Erfolg interessierten sich nur noch die Liberalen selbst für ihre Zahlen und riefen ihren Stolz laut, aber unerhört in die nordrhein-westfälische Parteienlandschaft hinaus.
    Das WDR-Fernsehen entließ seine Zuschauer genau um 0.03 Uhr mit einem süffisanten »Nun koaliert mal schön« in die dunkle Nacht. Da fielen auf dem Sportkanal bereits die ersten Hüllen einer Stripperin in einer schlecht aufgeräumten Turnhalle, die sehr stark an eine Gesamtschule erinnerte. Die Turnhalle … nicht die Stripperin.
    * * *
    Ludwig Förster war der Mann des Montags – wenn auch noch nicht in der Fakten-Fakten-Fakten-Postille des angedickten Chefredakteurs. Bereits ab 7.30 Uhr – also zur besten Prime-Zeit – stand der Buchhändler aus Monschau aspiringestärkt Radio-Morgensendungen aus sieben Bundesländern, darunter sogar »Bayern I« mit der »Schon-wieder-dreißig-Tote«-Verkehrsfunkfanfare, wenig Rede und mehr Antwort. Kurz vor 9 Uhr meldete sich das Düsseldorfer Regionalbüro des »Spiegel« vom Karlplatz.
    Bis Mittag kam der

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