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Wer war Jesus

Wer war Jesus

Titel: Wer war Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Luedemann
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– vor allem nach Berührung mit Totem, nach Ausfluss, Menstruation und Geburt –, war sie
     ein einmaliger Akt und keine Selbstwaschung; der Täufer vollzog sie persönlich, durch Untertauchen.
    Seitdem Jesus durch die »Auferstehung« zur Rechten Gottes erhöht und Mittelpunkt eines Kultes war, mutierte die Johannestaufe
     zur christlichen Taufe. Sie galt von Anfang an als Aufnahmeritus, obwohl Jesus sie gar nicht befohlen hatte, und wurde fortan
     auf seinen Namen vollzogen. Die Gemeinden praktizierten sie übereinstimmend, weil Jesus selbst getauft worden war.
    Indes bereitete frühen Christen die Taufe Jesu durch Johannes auch Schwierigkeiten. Zum einen geschah die Johannestaufe zur
     Vergebung der Sünden. Hatte also auch Jesus gesündigt? Da diese Möglichkeit der Überzeugung widersprach, er sei als Sündloser
     »für unsere Sünden« gestorben, blieb eigentlich nur die Schlussfolgerung übrig, dass seine Taufe überflüssig war.
    Zum anderen entstand leicht der Eindruck, dass Johannes einen höheren Rang als der von ihm getaufte Jesus besaß. Auch dies
     lief dem Glauben der Christen zuwider. Daher gestalteten die Autoren der neutestamentlichen Evangelien die Traditionen von
     der Taufe Jesu um. Die dabei zu beobachtenden Eingriffe vermitteln aufschlussreiche Einblicke in die christliche Theologie
     des ersten Jahrhunderts.
    Markus, Verfasser des ältesten Evangeliums, das die anderen Evangelisten voraussetzen, stilisiert die Taufe Jesu als Akt der
     Einsetzung Jesu zum Gottessohn, dessen Kommen Johannes in Übereinstimmung mit der Schrift angekündigt hat.
    Matthäus lässt Johannes den Taufwunsch Jesu mit den Worten ablehnen: »Ich habe es nötig, von dir getauft zu werden, und du |25| kommst zu mir?« Doch Jesus beharrt darauf, »alle Gerechtigkeit zu erfüllen.« Damit steht fest, dass Jesus nicht als Sünder,
     sondern als Gerechter getauft wird.
    Lukas erweckt den Eindruck, dass Jesus gar nicht von Johannes getauft wurde, denn zum Zeitpunkt von Jesu Taufe saß dieser
     bereits im Gefängnis. Damit ist Jesus von Johannes abgegrenzt, und der Verdacht, dass Jesus dem Täufer untergeordnet sei,
     kommt erst gar nicht auf.
    Johannes erzählt gar nicht mehr von einer Taufe Jesu, obwohl er sicher von ihr wusste, und erwähnt auch an keiner Stelle die
     Bußpredigt Johannes des Täufers. Dieser wird vielmehr zum ersten christlichen Prediger und bezeugt bereits zu Beginn des Johannesevangeliums
     Jesus als Logos (»Wort«), der von Anfang an bei Gott gewesen sei. Er kündigt Jesus mit den Worten an: »Nach mir kommt ein
     Mann, der mir voraus ist, denn er war eher als ich.« Wenn der Evangelist hervorhebt, dass nicht Johannes, sondern Jesus das
     Licht der Welt sei, so ist dies – ähnlich wie die manipulierte Fassung der Täuferlegende im Lukasevangelium – ein Seitenhieb
     auf Johannesjünger, die solches von ihrem Meister behaupteten.
    Die Existenz von Johannesjüngern lässt sich an weiteren Stellen des Neuen Testaments belegen. Sie bestatteten ihren Meister
     nach dessen Exekution, erzählten von den Einzelheiten seines Martyriums und hielten auch danach feste Gebets- und Fastenzeiten
     ein. Das Verhältnis zwischen Täufer- und Jesusjüngern verlief anfangs konfliktfrei, umso mehr, als Jesus selbst und einige
     seiner späteren Jünger vorübergehend dem Täuferkreis angehörten. Durch die Übernahme der Johannestaufe bejahten die ältesten
     Judenchristen, ebenso wie Jesus zuvor, auch den Inhalt der Verkündigung des Johannes: Naherwartung des letzten Gerichts und
     Umkehrpredigt.
    In der ersten Zeit waren die Übergänge zwischen Jesusbewegung und Johanneskreis fließend, zumal sich beide innerhalb der Glaubenstraditionen
     der jüdischen Religion bewegten. Dies änderte sich spätestens, als Täuferjünger – wie aus dem Lukas- und Johannesevangelium
     hervorgeht – ihrem Meister Ehrentitel (»Großer«, |26| »Licht«, »Leben«) zuschrieben, die Christen auch für Jesus in Anspruch nahmen. Ein Bruch war unvermeidlich.
    In den sogenannten Pseudoklementinen – einer Reihe von Texten, die vom Leben des heiligen Clemens von Rom handeln – sind gnostische
     Traditionen aus dem 2. Jahrhundert enthalten. Sie schildern gleichsam die Fortsetzung des Konflikts zwischen Johannes- und
     Jesusgemeinde und malen Johannes im dunkelsten Schwarz. Er gehöre der auf Eva zurückgehenden weiblichen Falschprophetie zu,
     Jesus als der wahre Prophet hingegen der auf Adam zurückgehenden männlichen

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