Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe
erstklassigen Anwalt, der noch nie einen Penny von mir gesehen hat. Das »Verarsch mich bloß nicht«-System im Umgang mit Arbeitgebern habe ich von meiner kampflustigen irischen Mutter geerbt, die sich von keinem einen Bären aufbinden ließ, weder von Lehrern noch von Protestanten, Lebensmittelhändlern oder Priestern. Sie war eine zierliche, gut aussehende Frau in einem meist sehr schicken Kampfoutfit, das den arglosen Lehrer und alle anderen, die sich mit ihr anlegten, davon ablenkte, was ihm oder ihr bevorstand. Die Strafen, die sie zu Hause verhängte, waren nichts im Vergleich zu den Abreibungen, auf die sich jeder gefasst machen konnte, der sie oder ihre Kinder unfair behandelte.
Früh übt sich …
Während meiner Kindheit war die Auseinandersetzung zwischen meiner Mutter und den Nonnen im Prinzip eine reine Formsache und lief stets nach demselben Muster ab: Die Staatsanwaltschaft (in Gestalt der Nonnen) legte ausführlich dar, dass ich mich auf dünnem Eis bewegte – »unverschämte Göre« gehörte in diesem Zusammenhang noch zu den milden Bezeichnungen. Die Verteidigung (meine Mutter) leugnete die Vorwürfe rundheraus, unabhängig davon, wie sie lauteten, und setzte zu einem flammenden Plädoyer für unseren tadellosen familiären Leumund an. Daraufhin drohte die Staatsanwaltschaft mit dem bösen »S«-Wort. Der Skandal, vom Unterricht s uspendiert zu werden, war ein ähnliches Tabu wie Sex mit einer Küchenschabe. Das »S«-Wort wurde stets nur mit angstgeweiteten Augen und im Flüsterton ausgesprochen, und wir konnten von Glück sagen, dass meine Mutter eisern Partei für uns ergriff; allesamt Fingerübungen, die sich noch als nützlich erweisen sollten. Als einer meiner Brüder sich auf dem Gymnasium weigerte, seine lange Mähne abzuschneiden oder sich an diesem, wie er es bezeichnete, brutalen, gewalttätigen Gebolze zu beteiligen, wurde er prompt suspendiert. Wie der Blitz erschien meine Mutter im Sonntagsstaat in der Schule und sorgte dafür, dass mein Bruder der erste brillante Schüler am St. Peter’s College war, der vom Rugby befreit wurde und seinen Pferdeschwanz behalten durfte. Entgegen der Meinung der Klosterbrüder wuchs er zu einem wunderbaren Menschen heran und trägt sein Haar immer noch lang, obwohl er mittlerweile 57 Jahre alt ist. Ein hoffnungsloser Fall …
In jungen Jahren arbeiten die meisten von uns wie von Sinnen, um zu Ruhm und Reichtum zu gelangen und ihre Familie zu ernähren. Ich hingegen fing an, mit Hippies herumzuhängen, die sich für die freie Liebe, den Weltfrieden und Gleichheit für alle einsetzten, statt zu bourgeoisen Kapitalistenlosern zu werden. Dies war völlig neues Ideengut für mich und klang zwar reichlich radikal, aber durchaus einleuchtend. Meine Freunde und ich diskutierten stundenlang über Alan Ginsberg, der riet, LSD einzuwerfen, wenn wir das Universum wirklich verstehen wollten; über Jerry Ruben, der uns nahelegte, keinem über dreißig zu glauben; und über Henry Miller und sein Plädoyer für die Großzügigkeit. Als junge Frau kam mir die Arbeit im Krankenhausschichtdienst sehr entgegen. Mir gefielen die Freiheit und die Flexibilität. Der Verzicht auf Wochenenden störte mich keineswegs, allerdings begann mir die Vorstellung, fünf Tage pro Woche und fünfzig Wochen pro Jahr in derselben gestärkten weißen Kleidung herumlaufen zu müssen, die aussah, als stamme sie von einem anderen Stern, auf meine alternativen Nerven zu schlagen. Wessen Leben führte ich hier eigentlich? Ich rauchte noch einen Joint, aß noch ein paar Mungobohnen und schob die Frage für drei ganze Jahre von mir, bis ich meinen Abschluss machte.
Wie angelt man sich einen Job?
In aller Regel bekommt derjenige, der mit dem größten Selbstvertrauen in ein Vorstellungsgespräch geht, den Job am Ende, auch wenn er möglicherweise die geringste Qualifikation dafür mitbringt. Mag ja sein, dass Sie Vollblutfeministin sind, aber es gibt keinen Grund, weshalb Sie nicht lächeln und ein paar weibliche Eigenschaften an den Tag legen sollten. Möge der liebe Gott mir ersparen, jemals wieder ein Vorstellungsgespräch zu führen, aber als ich in jenen dunklen Tagen meiner Vergangenheit dazu gezwungen war, hat diese Vorgehensweise stets Wirkung gezeigt. Das Vorstellungsgespräch ist eine offiziell legalisierte Foltermethode, die 1. ans Licht bringt, was Sie wirklich draufhaben, 2. die Hochstaplerin entlarvt, die Sie in Wahrheit sind, und 3. es anderen gestattet, aufgrund Ihrer Kleidung,
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