Wer Wind sät
Tag.«
»Du hast recht. Wenn sich etwas tut, werden sie uns schon rufen.«
Am Haus von Theodorakis und Frau Franzen stand eine Streife, ebenso auf dem Feldweg in der Nähe des Stalles. Frau Theissen würde sich hoffentlich melden, sollte Mark nach Hause kommen. Die Fahndung nach ihm lief, sämtliche Polizisten in und um Königstein herum waren informiert. Sonst konnten sie nicht viel tun. Pias Handy klingelte, kaum dass sie im Auto saÃ.
»Mist!«, fluchte sie und verdrehte die Augen. Sie überlegte kurz, ob sie das Telefon einfach ignorieren sollte, doch dann siegte ihr Pflichtbewusstsein. Der wachhabende KvD teilte ihr mit, dass ein Mann bei ihm warte, der dringend mit ihr sprechen wolle.
»Wie heiÃt er?«, fragte Pia und formulierte im Geiste schon eine Ausrede.
»Eisenhut, Dirk.«
Was hatte das denn wohl zu bedeuten? Was konnte der Mann von ihr wollen? Offiziell wusste sie nichts über die Suche nach Annika Sommerfeld, und eigentlich wollte sie nicht in diese Angelegenheit mit hineingezogen werden. Auf der anderen Seite war sie neugierig. Es könnte interessant sein, etwas mehr über Bodensteins neue Liebe und Eisenhuts Sicht der Dinge zu erfahren.
»Ah ja«, sagte sie also zu ihrem Kollegen von der Wache. »Sag ihm bitte, er soll sich noch einen Moment gedulden. Ich bin in einer Viertelstunde da.«
*
Die tiefstehende Sonne blendete ihn durch die von Mückenleichen übersäte Windschutzscheibe. Kurz vor Stuttgart hatte er die A 8 verlassen und fuhren vorbei an Reutlingen und Pfullingen Richtung Sigmaringen über die Schwäbische Alb. Bodenstein hatte keinen Blick für die Landschaft rechts und links der StraÃe. Nach dem Auftauchen von Störch und seinen Leuten heute Morgen war ihm klargeworden, dass er nicht mehr länger warten durfte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Annikas Verfolger sie finden würden, und schlieÃlich konnte er sie nicht in seiner Wohnung gefangen halten. Ganz sicher waren sie einem konkreten Hinweis gefolgt. Störch würde den Gutshof zweifelsohne fortan beobachten lassen. Sie hatten wahrscheinlich gar nicht gewusst, dass er in der Wohnung im Kutscherhaus wohnte, sonst hätten sie vielleicht auch ohne Durchsuchungsbeschluss das Haus betreten und Annika gefunden. Nachdem sie wieder verschwunden waren, hatte er Quentin um sein Auto gebeten; am frühen Nachmittag waren sie losgefahren.
Annika war vor einer halben Stunde eingenickt, und das war Bodenstein ganz recht. Er brauchte Ruhe, um nachzudenken. Gleichzeitig fragte er sich, was Pia und seine Kollegen machten. Es war nicht seine Art, sich einfach aus der Verantwortung zu schleichen, schon gar nicht in der heiÃesten Phase der Ermittlungen. Pias nüchterne Objektivität, der selbstverständliche Meinungsaustausch mit ihr fehlten ihm. Er fühlte sich abgeschnitten von der Realität, wie ein Artist, der ohne Netz und doppelten Boden auf dem Drahtseil balancierte.
Wären doch bloà diese Zweifel nicht gewesen! In der Theorie war ihm sein Vorhaben, Annika zu helfen, notwendig und ohne Alternative erschienen, aber seitdem sie unterwegs waren, schwand die feste Ãberzeugung, das Richtige zu tun, mehr und mehr.
Das Navigationssystem führte ihn auf die B 311 Richtung Sigmaringen / Bodensee. Noch 28 Kilometer bis zum Ziel, Ankunft 18 : 17 .
Er seufzte. Unter anderen Umständen hätte er die Reise genossen. Seit Jahren hatte er vorgehabt, mal an den Bodensee zu fahren, mit Cosima allerdings. Die Computerstimme dirigierte ihn quer durch Bad Saulgau, danach ging es auf schmalen LandstraÃen weiter durch kleine Dörfer. Ställe mit Misthaufen davor, ein Traktor hier und da, sonst weit und breit keine anderen Fahrzeuge. Hier unten im Süden war die Natur weiter als im Taunus. Saftig grüne Wiesen wechselten sich mit dunklen Wäldern und Ãckern ab, auf denen das Getreide schon kniehoch stand.
In Heratskirch bog er nach links ab. Die StraÃe wurde einspurig. Ein nächstes einsames Dörfchen mit einer Handvoll Bauernhäusern. Wolfertsreute.
»Annika.« Bodenstein berührte ihren Arm, sie fuhr hoch und starrte ihn erschrocken an. »Entschuldige. Aber wir sind gleich da.«
Sie blinzelte benommen und warf einen Blick aus dem Fenster.
»Da vorne geht es rechts ab nach Milpishaus«, sagte sie und beugte sich etwas vor. »Wie spät ist es?«
»Viertel nach sechs.«
»Vielleicht erwischen wir
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