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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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dazu, ihm diese blöden Fragen zu stellen? Woher sollte er wissen, mit wem Ricky telefoniert hatte? Was wollte die von ihm?
    Verdammt! Jannis und Ricky hatten ihm versichert, man würde nicht auf ihn kommen – nie und nimmer. Mark wälzte sich auf den Rücken und zuckte zusammen. Erst jetzt merkte er, dass er sich beim Sprung vom Balkon ins Blumenbeet wohl verletzt hatte. Sein linker Knöchel schmerzte höllisch. Fluchend richtete er sich auf und schob die Tennissocke ein Stück herunter. Das Fußgelenk war schon angeschwollen. Saublöd von ihm, einfach abzuhauen! Er hätte cool reagieren und alles abstreiten müssen, so, wie Jannis es getan hatte. Der hatte den alten Hirtreiter abgeknallt und das Gewehr auf dem Heuboden versteckt, total kaltblütig! Er hingegen war jetzt so richtig verdächtig, und irgendwann würden ihn die Bullen ja doch kriegen. Ewig konnte er sich nicht im Wald verstecken. Und das wollte er auch gar nicht. Er wollte zu Ricky. Sie sehen. Mit ihr reden.
    Mark atmete tief durch und streckte sich wieder auf dem Waldboden aus. Die Kopfschmerzen sprengten ihm fast die Schädeldecke weg, es war unerträglich! Außerdem hatte er Durst. Er tastete seine Hose ab und stellte erleichtert fest, dass sein Handy noch in der Hosentasche steckte. Wenn er Ricky anrief, würde sie ihn holen. Sie würden in Ruhe über alles sprechen. Ja, das war die beste Idee. Mark fummelte sein Handy heraus und klappte es auf. Kein Empfang! Na super. Mühsam kam er auf die Beine und humpelte den steilen Hang hinauf, weiter und immer weiter, dabei beobachtete er den Balken, der die Empfangsbereitschaft signalisierte. Ah, endlich! Mark lehnte sich an einen Baumstamm, entlastete den schmerzenden Fuß und rief Rickys Nummer auf. Weiter unten schlängelte sich der Ölmühlweg durch den Wald, die wenigen Autos, die dort entlangfuhren, waren klein wie Spielzeuge. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zum Naturfreundehaus, da konnte Ricky ihn abholen. Während er mit wachsender Ungeduld darauf wartete, dass sie sich meldete, klopfte ein weiteres Gespräch an. Nummer unterdrückt. Er brach den Anruf bei Ricky ab und ging dran.
    Â»Mark, hier ist Pia Kirchhoff«, hörte er die Stimme der Bullentante. »Wo bist du?«
    Â»Das werde ich Ihnen grade sagen«, erwiderte er.
    Â»Es hat doch keinen Sinn, wenn du dich versteckst«, sagte sie, und es klang nicht unfreundlich. »Sag mir, wo du bist, und ich hole dich ab. Dir wird nichts passieren, das verspreche ich dir.«
    Das verspreche ich dir. Was war ihm nicht alles schon versprochen worden! Micha hatte ihm versprochen, dass von dem, was zwischen ihnen passiert war, niemand je erfahren würde. Aber er hatte gelogen, denn es hatte jeder erfahren: alle Lehrer, alle Schüler, sämtliche Eltern, das ganze Land! Im Fernsehen und in den Zeitungen hatten sie über ihn berichtet. Mark T. ( 14 ), das jüngste Opfer des pädophilen Dr. Michael S.! Jannis hatte ihm das Blaue vom Himmel herunter versprochen, wenn er die Gutachten besorgte, die E-Mails vom Server der WindPro kopierte, wenn er den Mund hielt und Ricky nicht sagte, dass er mit Nika geknutscht hatte. Ganz zu schweigen von all den leicht dahingesagten »Wir versprechen es dir« seiner Eltern! Alle Welt versprach dauernd irgendetwas, und niemand hielt es je ein! Mark presste die Augen zusammen. Er hielt diese bestialischen Kopfschmerzen nicht mehr aus!
    Â»Mark!«, quakte die Stimme der Polizistin aus dem Telefon. »Bist du noch dran? Mark?«
    Vielleicht orteten sie gerade sein Handy, so, wie er es erst neulich wieder im Fernsehen gesehen hatte, bei Navy CIS . Man musste einen Anrufer nur lang genug in der Leitung halten, und – zack! – schon hatte der Computer den genauen Standort ausgemacht.
    Â»Jannis hat Ludwig erschossen«, sagte er mit zusammengepressten Zähnen. »Das Gewehr hat er in Rickys Stall auf dem Heuboden versteckt. Ich hab damit nichts zu tun!«
    Plötzlich fühlte er sich entsetzlich elend. Er hatte Jannis verraten. Das ließ sich nicht mehr zurücknehmen. Nichts würde mehr so werden, wie es einmal gewesen war. Es war vorbei. Mark ließ sich am Baumstamm hinunterrutschen, verbarg den Kopf in den Armen und fing an zu schluchzen.
    *
    Â»Bei Erfolg, hatten wir vereinbart.« Er lächelte kühl. »Sie hatten aber keinen Erfolg.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Ganz recht. Unter einer

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