Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
verdammt noch mal die Klappe und küss mich!«
Also küsste ich ihn. Ich wusste, dass ich ihm dieses Befehlsgehabe nicht mit Küssen und vielleicht einem Blowjob (aber erst im Haus … es gibt ein paar Dinge, die ein anständiges Mädchen nicht im Vorgarten tut) vergelten sollte, doch ich tat es.
Ich kann doch nichts dafür! Wenn ich nicht gerade den irrwitzigen Drang verspüre, Sinclair vors Schienbein zu treten, finde ich ihn unwiderstehlich. Manchmal wollte ich ihn treten und fand ihn unwiderstehlich … Wenn das nicht verrückt war!
Es war immer noch unfassbar, ebenso unfassbar wie die Tatsache, dass er mich unwiderstehlich fand. Ich betete darum, nie so abgebrüht zu werden, dass ich die Tiefe seiner Gefühle und das Ausmaß seiner leidenschaftlichen Hingabe mit einem Schulterzucken abtun würde.
Wenn seine Liebe – die Liebe eines Königs – mich nicht überraschte und zutiefst berührte und überwältigte, worin läge dann der Sinn meines Lebens?
Sinclair nahm mich auf seine Arme und watete durch den Schnee auf unsere Haustür zu.
»Wie jetzt? Keine Schnee-Engel? Sofort zum Vögeln in die Wanne, wie?«
»Oh, aber die Engel sind bereits hier«, erwiderte er schlicht. »Ich habe das Glück, mit einem verheiratet zu sein.«
»Oh, Mann! Solche Bemerkungen verschaffen dir keinen Sex, sondern herzhafte Lacher. Nur heute nicht, da bekommst du beides. Lass dir das eine Lehre sein!«
Das brachte ihn wieder zum Lachen, womit er mich ansteckte, und dann wankte er durch den Schnee, und ich klammerte mich an seinem Hals fest, und wir sahen das Verandageländer nicht, bis er so heftig dagegenrannte, dass mir die Zähne wackelten. Wir fielen um wie zwei Kegel.
Wir wälzten uns kreischend und Bäuche haltend auf der Veranda herum, als Jessica die Haustür öffnete und auf uns herabstarrte. Vom Boden aus sahen wir lediglich die Rundung ihres gewaltigen Bauches und erst ein ganzes Stück darüber ihr kleines Gesicht mit einem großen Stirnrunzeln. (Marc hatte wohl beschlossen, dass mir nichts fehlte, und war wieder ins Haus zurückgehumpelt. (Notabene: Entschuldige dich im Namen von Sinclair! Erklär ihm alles! Bitte deine schwangeren und deine Zombie-Freunde um Vergebung!) Einige Sekunden lang schwieg sie, was für einen neuerlichen Heiterkeitsausbruch sorgte.
»Hi, Leute. Marc hat eine riesige Beule an der Stirn und schmollt und meint, von ihm aus könnt ihr Frostbeulen an den Weichteilen kriegen. Also, soll ich euch reinlassen, wenn ihr endlich ausgelacht habt?«
46
Nein, hatten wir nicht. Soll heißen, wir taumelten ins Haus (Jessica hatte die Tür weit offen stehen lassen, womit wieder einmal bewiesen war, dass wir entweder zu viel auf Sicherheitsmaßnahmen gaben oder gar nichts und niemals das richtige Mittelmaß fanden), während unsere Münder und Hände beschäftigt waren.
Sehr beschäftigt. Gründlich beschäftigt. Total beschäftigt. Wir küssten einander so heftig, dass wir blaue Flecken bekommen hätten, wären wir Menschen, und zerrten an unseren Kleidern. Mein Outfit schien plötzlich nur noch aus Schnallen und Gummi zu bestehen (Zeug, aus dem man sich nur mit Mühe herausschälen kann), und Sinclairs Anzug erwies sich als ebenso widerspenstig.
Ich stolperte, und mein Gemahl versuchte vergeblich, mich aufzufangen. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn wir uns weniger geküsst und mehr auf unsere Umgebung und Kleidung geachtet hätten, doch wir ließen uns nicht eines Besseren belehren. Und so gingen wir vor der geschwungenen Treppe, an deren Ende (weit entfernt) unser Schlafzimmer lag, unter lautem Gepolter zu Boden.
(… meine Liebste … meine Liebste … Elizabeth, mein Herz …)
Ich rollte mich auf die Seite, Sinclair zerrte an meinem Cardigan. Ein Knopf riss ab (ich trug eine dieser sexy Strickjacken für alte Damen, an der weder die Knöpfe aus falschem Perlmutt noch das obligatorische, in den Ärmel gestopfte Tempotuch fehlten … okay, ein Witz), aber der Rest der Wolle widersetzte sich Sinclairs Bemühungen. Blöde Merinowolle! Was hatte ich diesen Schafen jemals getan, dass ihre Wolle ausgerechnet in dem Augenblick, da ich total scharf war, nicht nachgeben wollte?
(… meine Liebste … meine Liebste … Ich liebe dich … meine Liebste … Ich liebe dich … meine Elizabeth …)
Sein Caraceni-Jackett hingegen gab brav nach, was ich aus dem schnurrenden »Prrrr!« einer reißenden Naht schloss. Jetzt musste ich nur noch seine robuste Hose zerreißen, die Krawatte in Fetzen
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