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Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Titel: Wer zweimal stirbt, ist laenger tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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änderte sich mit den ersten katastrophalen Missernten. Auf eine schlechte Ernte folgte eine noch schlechtere, und erst als Millionen Menschen verhungert waren (in Texas und Maine und Kentucky und Florida und Wyoming), erst dann begann die Menschheit zu handeln – soll heißen, in Panik zu verfallen. Sie wollten carpe diem, nicht morte diem, und jetzt raten Sie mal, was dann geschah?
    Für Sinclair war mein Plan ein Schock. Aber wie sonst hätte man die letzten Millionen einer sterbenden Nation retten können? Ich sorgte also dafür, dass jene Millionen nicht mehr essen mussten (oder pinkeln oder bluten). Und nachdem die Gestorbenen aus dem Grab wiederauferstanden waren, wer wäre besser dafür geeignet gewesen, über sie zu herrschen? Doch nur diejenigen mit jahrhundertelanger Erfahrung, wer sonst? Es war also kein Größenwahn, auch wenn mein teurer Gemahl anderer Meinung war. Es war die pure Logik.
    Sinclair vertrat eine andere Meinung dazu. Vehement. Und deshalb musste er sterben. Nur, dass er jetzt …
    Irgendwie hatte mein infantiles Ich alles verändert. Ich hatte keine Ahnung, wie sie das bewerkstelligt hatte. Sie hatte nur das Ziel im Auge gehabt, nicht die Umstände, die unweigerlich dazu führen mussten. Es war die Reaktion eines Kindes gewesen: Mach das wieder heil, Mami! Und wie einem Kind, das das Unmögliche nicht begreift, war es ihr – uns – am Ende gelungen, das Unmögliche möglich zu machen.
    Zeit zurückzukehren. Zeit heimzukehren. Was würde mich dort erwarten? Wer würde mich dort erwarten? Ich fühlte mich wie eine Schauspielerin, die ihren Text nicht gelernt hat. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit hatte ich nicht vorher gelesen, was geschehen würde. Ich besaß nicht länger die zweifelhafte Annehmlichkeit des Vorauswissens. Die Gebrauchsanleitung war verloren gegangen oder sogar vernichtet worden … ein Buch der Toten hatte nie existiert.
    Ich hatte Angst.
    Ich war glücklich.
    Und jenseits von allem, jenseits aller Wunder, erlaubte ich mir zu hoffen: War es möglich, dass ich in eine Welt zurückkehrte, in der Christian Louboutin die wunderbarsten Schuhe in der Geschichte der Fußbekleidung kreiert hatte? Konnte Gott so gnädig sein?
    Es war an der Zeit, es herauszufinden. Ich kehrte heim.

Epilog 3.0
    Natürlich musste ich mir eine Lüge ausdenken, um aus dem Haus zu kommen. Ich erzählte Sinclair, ich müsse unbedingt zu den Vor-Thanksgiving-Ausverkäufen am Blue Wednesday in der Mall of America. Jeder, der auch nur ein bisschen Ahnung vom Shoppen hat, weiß genau, dass es in Amerika keinen Blue Wednesday gibt, sondern nur einen Black Friday. Aber der Vampirkönig war eifrig damit beschäftigt, an der Südseite des Gartens Liegestühle aufzustellen, um bei minus ein Grad ein Sonnenbad zu nehmen, und hörte ohnehin nur mit halbem Ohr zu. Als ich ging, war er gerade dabei, unter seinen neuen sechs Sonnenbrillen die passende auszuwählen. Er hatte sie kurz nach unserem Unfug im Schnee, auf der Treppe und der Trampolin-Matratze gekauft.
    Delk war immer noch nicht von seiner Lesereise heimgekehrt (darum musste ich mich auch noch kümmern und würde es gewiss tun … nur bitte nicht mehr in dieser Woche!), aber seine Hunde-Sitterin war vor Ort. Ich mogelte ein bisschen und becircte sie, damit der Verkauf perfekt wurde, doch immerhin bezahlte ich den angemessenen Preis – und noch etwas drauf. Unter tausend Welpen – so zumindest fühlte es sich an, als sie um meine Knöchel wuselten – würde Delk gewiss keine zwei vermissen.
    Ich gab der Hunde-Sitterin einen Scheck und meine Nummer, falls Delk mit mir reden wollte, und sie drückte mir zwei Leinen in die Hand, an deren Enden jeweils ein kleiner schwarzer Hund hing. Ich klemmte mir die beiden Welpen wie wuschelige, zappelige Fußbälle unter den Arm und trug sie zum Auto. Behutsam wählte ich meinen Weg zwischen Kies und Schnee, während Puppi und Struppi sich wie verrückt wanden und kläfften.
    »Wir haben anscheinend die Betsy-Wohltätigkeits-Woche«, murmelte ich in die beiden schwarzen Fellklumpen. »Das ist einfach verrückt. Sie werden in meinem Haus leben. In meinem Haus. Es gibt kein Entkommen.« Als ich auf die Straße abbog und den Weg nach Hause einschlug, erleichterte sich Struppi auf dem Rücksitz, und ich wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Sinclairs Mustang zu nehmen. Er war nun in der Lage, sich richtig um seine Hunde zu kümmern, und überdies konnte er nun den Wagen am helllichten Mittag in der

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