Werde mein in Luxor
…“
„Das hast du ja auch.“ Sie ging zu ihm und umfasste seine Oberarme. Er fühlte sich warm und stark an, gleichzeitig aber wirkte er ferner denn je. Er hatte sich vor ihren Augen wieder in einen Fremden verwandelt. „Khalid, du hast mir nur geholfen.“
„Zumindest habe ich es versucht.“ Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie auf die Wange. Sobald seine Lippen ihre Haut berührten, durchzuckte es sie heiß. „Schlaf gut. Und untersteh dich, wieder schlecht zu träumen.“
Sie schaute ihm nach, während er die Tür hinter sich schloss. „Ich habe keine schlechten Träume mehr“, rief sie ihm nach.
Er blieb auf der Schwelle stehen. „Warum nicht?“
„Du hast sie vertrieben.“
12. KAPITEL
Am nächsten Morgen wäre Liv nach einer unruhigen, fast schlaflosen Nacht am liebsten im Bett geblieben, aber Khalid schob die Vorhänge zurück. „Möchtest du denn gar nichts von Paris sehen?“
Sie stützte sich auf einen Ellbogen und schaute aus dem Fenster. „Es regnet.“
„Das ist normal hier. Komm jetzt, steh auf. Wir frühstücken, und anschließend besichtigen wir die Stadt. Sie wird dir gefallen. Man kann unmöglich in Paris gewesen sein, ohne den Louvre und Montmartre gesehen zu haben.“
Liv kam nicht umhin, sein Lächeln zu erwidern. Heute war Khalid wieder so, wie sie ihn kannte. Die Sorgen, die ihn gestern geplagt hatten, waren offensichtlich verflogen. „Also gut. Gib mir eine halbe Stunde.“
„Ich bestelle inzwischen schon mal einen Kaffee zum Aufwachen“.
Der Vormittag verging wie im Flug. Nachdem sie in einem hübschen kleinen Café gefrühstückt hatten, machten sie sich auf den Weg. Khalid führte sie an die historischen Orte, die für ihn eine besondere Bedeutung hatten.
So zum Beispiel die Place de la Concorde, wo man während der französischen Revolution das berüchtigte Schafott aufgestellt hatte, den Arc de Triomphe und natürlich die Champs-Élysées.
Während sie durch Montparnasse mit seinen unzähligen Cafés und Bars, Malerateliers und Musiktheatern schlenderten, ließ der Regen nach, doch am Eiffelturm begann es wieder, wie aus Kübeln zu schütten.
„Oje, ich bin klatschnass“, beschwerte sich Liv lachend. Trotz des Schirms, mit dem Khalid das Schlimmste zu verhindern versucht hatte, waren ihre Kleider durchweicht.
Khalid blieb auf dem Bürgersteig stehen und schob ihr eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. „Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern.“ Er lächelte kurz, dann schaute er ihr tief in die Augen. „Es wird Zeit, Abschied zu nehmen.“
Nach diesen Worten trat er kurz entschlossen auf die Straße, um eins der vielen vorbeifahrenden Taxis zu stoppen. Als ein Wagen hielt, öffnete Khalid den hinteren Wagenschlag.
„Steig ein“, forderte er sie auf.
Liv rührte sich nicht. Unaufhörlich prasselte der Regen auf den Schirm, doch sie bemerkte es gar nicht. Wie betäubt fragte sie: „Was meinst du damit? Wohin fahren wir?“
„ Du fährst. Nach Hause, wo du hingehörst.“
Sie hob die Hand, um sich eine nasse Strähne aus den Augen zu wischen. „Aber wir sind doch verheiratet …“
„Die Ehe kann annulliert werden. Ich habe dich zur Heirat genötigt.“
Und was wird jetzt aus mir? wollte sie rufen. Was wird aus uns?
Doch diese direkte Frage verkniff sie sich und fragte stattdessen: „Und was ist mit der jabalesischen Regierung? Wird man nicht versuchen, dir irgendwie zu schaden …“
„Keine Angst, das Verfahren wurde eingestellt. Es ist vorbei. Doch selbst wenn es anders wäre …“
Der Taxifahrer steckte den Kopf aus dem Fenster und rief: „Können wir endlich los, Herrschaften? Ich habe meine Zeit nämlich nicht gestohlen.“
Khalid zog die Augenbrauen hoch und sagte mit einem gezwungenen Lächeln: „Wie du hörst, hat er es eilig. Komm jetzt, steig ein.“
Liv konnte nicht glauben, dass das passierte. Jetzt wurde ihr verzweifelter Wunsch, wieder nach Hause zu kommen, endlich erfüllt. Doch sie konnte mit dieser neu gewonnenen Freiheit nichts anfangen. Sie wollte nicht weg … sie war sich nicht einmal sicher, ob sie sich jemals wieder von Khalid trennen wollte. Khalid hatte ihr nicht die Freiheit genommen, sondern ein neues, aufregendes Leben geschenkt. Er war ihr Retter, ihr Held.
Sie schüttelte benommen den Kopf. „Aber wie soll ich denn …“
„Lass dich zur amerikanischen Botschaft fahren. Dort erwartet man dich bereits. Sie kennen deine Geschichte. Du bist geflohen und hast nichts bei dir bis auf die
Weitere Kostenlose Bücher