Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
angekommen war, sagte der Fremde, daß ihn nun die zwei Männer auch durch den Garten bis zu dem Gitter, das auf das Feld hinaus führt, begleiten müßten. Wenn er außerhalb des Gitters wäre, könnten sie zurück kehren. Die Laterne müßten sie in dem Torwege, der an der Halle vorbei führt, stehen lassen.
    Der Schloßherr und der Verwalter gingen also in dem finstern Garten vor dem Fremden her.
    Nicht weit von dem Schlosse fand man ein Pferd an einem Baume angebunden. Der Fremde löste es los, schlang den Zügel um den Arm, und führte es hinter sich her. Er führte es nicht auf dem Gartenwege, auf dem die zwei Wegweiser gingen, sondern auf dem Rasen daneben, damit die Hufschläge nicht gehört würden.
    Als man in die Nähe des Gitters kam, zeigten sich dunkle Gestalten an demselben. Der Fremde näherte sich den beiden Vorgängern plötzlich und flüsterte ihnen zu: »Halt.«
    Dann schaute er sehr lange und, wie es schien, anstrengend auf die Gestalten.
    Endlich sagte er sehr leise, sie sollten ihn wieder zu der Halle zurück führen.
    Sie taten es, er zog sein Pferd hinter sich her.
    Da sie bei der Halle angekommen waren, befahl er ihnen, das Tor, welches den an der Halle vorbeiführenden Torweg schloß, und überhaupt das Haupttor des Schlosses war, zu öffnen.
    Der Verwalter ging um den Schlüssel, während der Schloßherr in der Gewalt des Fremden bleiben mußte, und da der Verwalter aus der Gartenhalle, in welcher sich der Schlüssel befunden hatte, heraus trat, folgten ihm auch neugierig die Leute, die in der Halle gewesen waren. Der Fremde hielt sich an sein Pferd, hatte den Schloßherrn immer im Auge, und die Pistole in der Hand. Der Verwalter und ein Knecht sperrten das Tor auf, taten im Laternenscheine den großen eichenen Querbalken weg, öffneten die beiden Flügel, daß man in den schwarzen Raum hinaus sah.
    »Tut die Laterne zurück«, sagte der Fremde.
    Als man das getan hatte, schaute er eine Weile scharf bei dem Tore hinaus, den Blick aber jeden Augenblick kurz auf den Schloßherrn richtend, daß derselbe sich nicht entfernen konnte. Dann, soweit man bei dem Scheine der Laterne beurteilen konnte, richtete er etwas an dem Pferde, prüfte anderes, und da es gut befunden war, schwang er sich hinauf. Da er einmal oben saß, war es nur ein Augenblick, in welchem er sich gleichsam fest zu setzen suchte, dann gab er die Sporen, tat einen Ruf, und mit einer so fürchterlichen Schnelligkeit, daß man kaum mit den Augen blicken konnte, daß die Funken in Schwärmen sprühten, flog er über den Steindamm hinaus. Als er jenseits war, wie man aus dem schwächeren Hufschlage schließen konnte, schoß er rechts und links einen Pistolenschuß ab, worauf sogleich Blitze hinter ihm sichtbar wurden, Schüsse krachten, Geschrei sich erhob, und sich ferner zog.
    »Das ist ein Mann«, rief Lulu jubelnd.
    »Du Scheusal, du kleine Ausgeburt,« schrie der Schloßherr, »du fällst in Bewunderung unsern Feinden zu.«
    »Er ist ja kein Franzose,« antwortete Lulu, »er spricht so schön Deutsch.«
    »Um so schlechter, um so tausendmal schlechter ist er,« sagte der Schloßherr, »als ein Deutscher sollte er lieber in die fernsten Gegenden ziehen und betteln, ehe er mit dem Erzfeinde sich verbindet, ja er sollte lieber den Tod leiden. So aber nimmt er von unserem Turme die Stellung der Verbündeten auf, verrät sie, und wir werden es morgen früh schon sehen, wenn sie ihn nicht nieder geschossen oder erwischt haben.«
    »Er rennt mit seinem Pferde an ein Haus an, und zerschmettert sich und das Tier«, sagte eine Magd.
    »Der rennt nicht an,« erwiderte ein Knecht, »er sieht sich die Sache gut zusammen, und versteht sein Ding.«
    »Er ist doch ein Mann, wenn er auch ein Feind ist«, sagte Lulu.
    »Warum hast du ihn denn nicht umgebracht, da er einen weißen Mantel hat?« fragte Alfred den Schloßherrn.
    Dieser schaute den Fragenden an, und antwortete nicht.
    »Kinder, Leute, wir werden hier bald ein anderes Schauspiel haben,« sagte der Verwalter, »dieser kühne Mann mag nun umgekommen sein oder nicht, er ist ein Feind, wie sich aus seinem Tun gezeigt hat, er ist aus unserem Schlosse in unsere Verbündeten gesprengt, bald werden sie da sein, und werden Rechenschaft fodern. Sehe jeder, daß er sich genau merke, wie die Sache, bei der er war, hergegangen ist, damit er die Wahrheit bekennen könne, daß sich keine Widersprüche finden, die uns arge Dinge bereiten könnten. Die Soldaten im Dorfe draußen sind auf dem

Weitere Kostenlose Bücher