Werke
Rückzuge begriffen, und sind erbittert Laßt uns das Tor wieder schließen, aber bei dem ersten Stoße an dasselbe es gerne und schnell öffnen. Bis dahin gehen wir wieder in die Gartenhalle.«
Die Knechte schlossen das Tor, taten den Eichenbalken vor, gaben dem Verwalter den Schlüssel, und man ging mit der Laterne wieder in die Halle.
Man war noch nicht lange dort, als sich Schläge an das Tor vernehmen ließen.
Die Mutter tat einen schwachen Schrei, und bewegte sich gegen den Vater hin. Dieser beruhigte sie, ließ das Tor öffnen, und ging selber den Eintretenden mit einem Lichte entgegen. Es waren zwei Vorgesetzte mit Begleitung von Soldaten. Der Steindamm war mit Soldaten bedeckt.
»Sind noch mehrere Feinde hier?« fragte einer der Vorgesetzten in ziemlich verständlicher deutscher Sprache.
»Es war der einzige, der eben hinaus geritten ist«, antwortete der Verwalter.
Sofort ließ der Krieger alle Aufgänge, alle Türen und die Ausgänge in den Garten mit Mannschaft besetzen. Die Schloßleute wurden in der Halle bewacht, und der Schloßherr und der Verwalter mußten unter Bedeckung von Soldaten in alle Räume des Schlosses gehen, daß man dieselben untersuchte. Der Schloßherr war viel geselliger, gesprächiger und freundlicher gegen die jetzigen vielen bewaffneten Soldaten, die ihn begleiteten, als er es früher gegen den einzigen gewesen war. Als man nirgends etwas Verdächtiges fand, kehrte man zu der Gartenhalle zurück. Den Garten untersuchte man nicht, nur wurden die Ausgänge aus dem Schlosse zu ihm sehr verrammelt, daß ein Feind, wenn einer im Garten wäre, schon dadurch gefangen war.
Dann schritt man zum Verhöre. Der Verwalter erzählte die Sache, wie sie sich begeben hatte. Er stellte die Vermutung auf, daß der Fremde durch den Garten gekommen sein müsse, weil das Tor gegen das Dorf geschlossen gewesen sei, und in dem Dorfe sich ja die Verbündeten befunden hätten. Wenigstens habe der Fremde durch den Garten fort gewollt, dies werde sich sehr deutlich in den Fußstapfen und namentlich in den Hufspuren im Grase zeigen, wenn man sie morgen bei Tag untersuchen wolle. »Man wird die Sache untersuchen«, sagte der Krieger.
Hierauf wurde der Schloßherr abgesondert vernommen, und dann alle andern, selbst die Kinder.
Als dieses vorüber war, wurden die Männer in ein Gewölbe des Turmes abgeführt, dort eingesperrt und bewacht. Die Weiber und die Kinder wurden in der Gartenhalle gelassen, wurden aber dort ebenfalls eingesperrt und bewacht.
Von da an verging die Zeit, die Ängstlichkeit und die Besorgnis abgerechnet, ruhig. Nicht ein Laut war zu vernehmen als zuweilen der Schritt einer Wache vor der Tür, las Rasseln eines Gewehres oder ein Kolbenstoß. An dem Himmel war kein Lüftchen, die Wolken schienen unbeweglich dort zu stehen, und die Wipfel der Bäume im Garten regten sich nicht. Unter diesen Betrachtungen brachten die Gefangenen der Gartenhalle die Nacht zu. Daß kein Schlaf in ihre Augen kam, ist begreiflich. Wohin man die Männer gebracht hatte, wußten sie nicht.
Als endlich das Morgengrauen anbrach, hörte man verworrenes Getöse, wie Fahren, Reiten, Gehen, Rufen, man hörte endlich Hörnerklänge, Trompeten und Trommeln, aber alles gedämpft, da es von der entgegengesetzten Seite des Schlosses herkam. Sehen konnte man nichts, da die Tür verschlossen war, und vor den Fenstern nur die Bäume des Gartens standen, deren dunkle Wipfel sich immer deutlicher gegen den grauen, lichter werdenden Himmel zeichneten.
Endlich geschah ein dumpfer, ferner Schlag, der aber so schwer war, daß die Luft beinahe erzitterte. Gleich darauf ein zweiter. Sie folgten nun schneller, und es war beinahe wie ein entfernter Donner, der so tief ging, daß manchmal die Fenster leise klirrten. Die Trompetenklänge, das Blasen der Hörner, das Wirbeln der Trommeln nahm in der Nähe zu.
Der Tag wuchs immer mehr dem Morgen entgegen.
Das Rollen des Donners kam näher, es ging in ein Krachen über, und hinter den Gipfeln der Bäume stieg ein weißer Rauch auf. Endlich krachte es auch ganz nahe an dem Schlosse, man konnte nicht erkennen, woher es kam, bald war es rechts, bald links, bald vorn, bald hinten, bald mehr, bald weniger, aber furchtbar war es, daß das Gemach sich zu rühren schien; und wenn der kleinste Zwischenraum eintrat, so hörte man einen Ton, wie wenn unzählige Hölzlein an einander geschlagen würden, es waren die Schüsse der kleinen Gewehre. Sogar die Trommeln konnte man zuweilen
Weitere Kostenlose Bücher