Werke
zu besuchen. Ich ordnete im Kargrat alles für meine Abwesenheit und Wiederkunft an, und begab mich auf den Weg.
Als ich in dem Asperhofe ankam, sagten mir der Gärtner und die Dienstleute, daß Mathilde, Natalie, mein Gastfreund, Eustach, Roland und Gustav in den Sternenhof fort seien. Die Rosen waren schon verblüht, und man hatte mich nicht mehr erwartet. Mein Gastfreund hatte gesagt, daß ich, weil ich ihm im Frühlinge mitgeteilt hatte, daß ich heuer ganz nahe an dem Simmieise wohnen werde, wahrscheinlich im Sommer von dorther den weiten Weg nicht werde haben machen wollen, und daß zu vermuten sei, daß ich im Herbste meine Arbeit abkürzen und auf eine Zeit bei meinen Freunden einsprechen werde. Sollte ich aber dennoch kommen, so hatten die Leute den Auftrag, zu sagen, daß man mich bitte, in den Sternenhof nach zu kommen.
Ich mietete also des andern Tages auf der Post einen leichten Wagen und schlug die Richtung nach dem Sternenhofe ein.
Als ich in der Umgebung desselben angekommen war, sah ich an Zäunen und in Gärten noch manche Rose frisch blühen, obwohl im Asperhofe weder auf dem Gitter noch im Garten eine zu erblicken gewesen war, außer mancher welken und gerunzelten Blume, die man abzunehmen vergessen hatte. Auch auf der Anhöhe, die zu dem Schlosse empor leitete, waren an Rosenbüschen, die gelegentlich den Rasen säumten, weil man im Sternenhofe die Rosen nicht eigens pflegte, sondern sie nur wie gewöhnlich als schönen Gartenschmuck zog, noch Knospen, die ihres Aufbrechens harrten. Diese Tatsache mag daher kommen, weil der Sternenhof näher an den Gebirgen und höher liegt als das Rosenhaus meines Freundes.
In dem Hofe des Hauses nahmen die Leute mein Gepäck und die Pferde in Empfang und wiesen mich die große Treppe hinan. Da ich gemeldet worden war, wurde ich in Mathildens Zimmer geführt, und fand sie in demselben allein. Sie ging mir fast bis zu der Tür entgegen und empfing mich mit derselben offenen Herzlichkeit und Freundlichkeit, die ihr immer eigen war. Sie führte mich zu dem Tische, der an einem mit Blumen geschmückten Fenster stand, wo sie gerne saß, und wies mir ihr gegenüber einen Stuhl an dem Tische an. Als wir uns gesetzt hatten, sagte sie: »Es freut mich sehr, daß Ihr noch gekommen seid, wir haben geglaubt, daß Ihr heuer den weiten Weg nicht machen würdet.«
»Wo man mich so freundlich aufnimmt,« antwortete ich, »und wo man mich so gütig behandelt, dahin mache ich gerne einen Weg, ich mache ihn jedes Jahr, wenn er auch weit ist, und wenn ich auch meine Beschäftigung unterbrechen muß.«
»Und jetzt findet Ihr mich und Natalien nur allein in diesem Hause,« erwiderte sie, »die Männer, da sie sahen, daß Ihr nach dem Abblühen der Rosen noch nicht gekommen waret, meinten, Ihr würdet im Sommer nun gar nicht mehr kommen, und haben eine kleine Reise angetreten, die auch Gustav mitmacht, weil er das Reisen so liebt. Sie besuchen eine kleine Kirche in einem abgelegenen Gebirgstale, deren Zeichnung Roland gebracht hat. Die Kirche wurde in der Zeichnung sehr schön befunden, und zu ihr sind sie nun unter Rolands Führung auf dem Wege. Wo sie nach der Besichtigung derselben hinfahren werden, weiß ich nicht; aber das weiß ich, daß sie nur einige Tage ausbleiben und in den Sternenhof zurückkehren werden. Ihr müßt sie hier erwarten, sie werden eine Freude haben, Euch zu sehen, und ich werde mich bemühen, alles Erforderliche einzuleiten, daß Ihr indessen hier die beste Bequemlichkeit haben könnet.«
»Der Bequemlichkeit«, erwiderte ich, »bin ich weder gewohnt, noch schlage ich sie hoch an. Ich möchte nur nicht eine Störung in Euer jetziges einsames Hauswesen bringen. Das Höchste, was mir zu Teil werden kann, habe ich empfangen, eine freundliche Aufnahme.«
»Wenn auch gewiß eine freundliche Aufnahme das Höchste ist, und wenn Ihr auch eine Bequemlichkeit nicht begehret,« antwortete sie, »so ist die Freundlichkeit in den Mienen bei der Aufnahme eines Gastes nicht das Einzige, so schätzenswert sie dort ist, sondern sie muß sich auch in der Tat äußern, und es muß uns erlaubt sein, unsere Pflicht, die uns lieb ist, zu erfüllen und dem Gaste eine so gute Wohnlichkeit zu bereiten, als es die Umstände erlauben, er mag sie nun benützen oder nicht.«
»Was Ihr für eine Pflicht haltet, will ich nicht bestreiten,« antwortete ich, »ich will es nicht beirren, nur wünschen muß ich, daß es mit so wenig eigener Aufopferung als möglich verbunden
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