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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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herrichten. In dem Sternenhofe war viel Arbeit, bis alles zur gefälligenWohnlichkeit geordnet war. Und auch nach dieser Zeit wurde beständig geändert und umgewandelt, bis das Haus so war, wie es jetzt ist. Und selber jetzt, wie Ihr wißt, wird dort wie hier gebaut, befestigt, verschönert, und es wird wohl immer so fortgehen. Die Rosen, dieses Merkmal unserer Trennung und Vereinigung, sollten vorzugsweise auf dem Asperhofe bleiben, weil es Mathilden lieb war, daß sie dieselben dort gefunden hatte. Jede Rosenblütezeit verlebte sie bei mir, sie liebte diese Blumen außerordentlich, pflegte sie, und konnte sich freuen, wenn sie mir eine Art, die ich noch nicht hatte, zubringen konnte. Dafür ließ ich ihr in ihrem Schlosse die Geräte machen, die ihr so viel Vergnügen bereiten. Gustav wurde von Tag zu Tage trefflicher, und versprach, einmal ein Mann zu werden, woran seines Gleichen Freude haben sollten. Natalie wurde nicht bloß schön und herrlich, sondern sie wurde auch im Umgange mit ihrer Mutter so rein und edel, wie wenige sind. Sie hatte das tiefe Gefühl ihrer Mutter erhalten; aber teils durch ihr Wesen, teils durch eine sehr sorgfältige Erziehung ist mehr Ruhe und Stettigkeit in ihr Dasein gekommen. Zwischen Mathilden und mir war ein eigenes Verhältnis. Es gibt eine eheliche Liebe, die nach den Tagen der feurigen, gewitterartigen Liebe, die den Mann zu dem Weibe führt, als stille, durchaus aufrichtige, süße Freundschaft auftritt, die über allesLob und über allen Tadel erhaben ist, und die vielleicht das Spiegelklarste ist, was menschliche Verhältnisse aufzuweisen haben. Diese Liebe trat ein. Sie ist innig, ohne Selbstsucht, freut sich, mit dem andern zusammen zu sein, sucht seine Tage zu schmücken und zu verlängern, ist zart, und hat gleichsam keinen irdischen Ursprung an sich. Mathilde nimmt Anteil an jeder meiner Bestrebungen. Sie geht mit mir in den Räumen meines Hauses herum, ist mit mir in dem Garten, betrachtet die Blumen oder Gemüse, ist in dem Meierhofe und schaut seine Erträgnisse an, geht in das Schreinerhaus und betrachtet, was wir machen, und sie beteiligt sich an unserer Kunst und selbst an unsern wissenschaftlichen Bestrebungen. Ich sehe in ihrem Hause nach, betrachte die Dinge im Schlosse, im Meierhofe, auf den Feldern, nehme Teil an ihren Wünschen und Meinungen, und schloß die Erziehung und die Zukunft ihrer Kinder in mein Herz. So leben wir in Glück und Stettigkeit gleichsam einen Nachsommer ohne vorhergegangenen Sommer. Meine Sammlungen vervollständigen sich, die Baulichkeiten runden sich immer mehr, ich habe Menschen an mich gezogen, ich habe hier mehr gelernt als sonst in meinem ganzen Leben, die Spielereien gehen ihren Gang, und etwas Weniges nütze ich doch auch noch.«
    Er schwieg nach diesen Worten eine Weile, und ich auch. Dann fuhr er wieder fort: »Ich habe das alles mitteilen müssen, damit Ihr wißt, wie ich mit der Familie in dem Sternenhofe zusammenhänge, und damit in dem Kreise, in welchen Ihr nun auch tretet, für Euch Klarheit ist. Die Kinder wissen die Verhältnisse im allgemeinen, ein näheres Eingehen war für sie nicht so nötig wie für Euch. Ich wünsche nicht, daß Ihr gegen Eure künftige Gattin Geheimnisse habt, Ihr könnt Natalien mitteilen, was ich Euch sagte, ich konnte es, wie Ihr begreifet, nicht. Über Nataliens Zukunft sprach ich oft mit Mathilden. Sie sollte einen Gatten bekommen, den sie aus tiefer Neigung nimmt. Es sollte die gegenseitige größte Hochachtung vorhanden sein. Durch beides sollte sie das Glück finden, das ihre Mutter und ihren väterlichen Freund gemieden hat. Mathilde hat in Begleitung des alten Raimund, der seitdem gestorben ist, große Reisen gemacht. Sie hat auf denselben dauerndere Ruhe gesucht, und auch gefunden. Sie hat sie in der Betrachtung der edelsten Kunstwerke des menschlichen Geschlechtes und in der Anschauung mancher Völker und ihres Treibens gefunden. Natalie ist dadurch befestigt, veredelt und geglättet worden. Manche junge Männer hat sie kennen gelernt, aber sie hat nie ein Zeichen einer Neigung gegeben. Sogenannte sehr glänzende Verbindungen sind auf diese Weise für sie verloren gegangen. Ich hätte auch große Sorge gehabt, wenn ich unter unseren jungen Männern hätte wählenmüssen. Als Ihr zum ersten Male an dem Gitter meines Hauses standet, und ich Euch sah, dachte ich: ›das ist vielleicht der Gatte für Natalien.‹ Warum ich es dachte, weiß ich nicht. Später dachte ich es wieder, wußte

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