Werke
habt nicht lange Zeiten vor euch, zwei Monate und etwas darüber. Was mir bis dahin obliegt, wird nicht auf sich warten lassen.«
Daß diese Maßregel Beifall hatte, ging aus der Sachlage hervor; die Zeit zur Vorbereitung aber wollte man etwas kurz nennen. Der Vater sagte, es dürfe nicht das geringste zugegeben werden, weil man es sonst der Wichtigkeit des Verhältnisses nähme. Das war einleuchtend.
Es ging nun an ein Arbeiten und Bestellen, und kein Tag war, dem nicht seine Last zugeteilt wurde. Die Mutter traf auch Vorbereitungen für den Fall, daß die neuen Ehegatten in ihrem Hause wohnen würden. Der Vater sagte ihr zwar, daß meiner Verbindung noch meine große Reise vorangehen werde; allein sie widerlegte ihn mit der Bemerkung, daß es keinen Schaden bringe, wenn manches früher fertig sei, als man es eben brauche. Er ließ sofort ihrem hausmütterlichen Sinne seinen Lauf.
Zu Ende des Märzes brachte der Vater einen sehr schönen Wagen in das Haus. Es war ein Reisewagen für vier Personen. Er hatte den Wagen nach seinen eigenen Angaben machen lassen.
»Wir müssen unsere Freunde ehren,« sagte er, »wir müssen uns selber ehren, und wer kann wissen, ob wir den Wagen nicht noch öfter brauchen werden.«
Er verlangte, daß man ihn genau besehe und in Hinsicht seiner Bequemlichkeit besonders für Reisegegenstände von Frauen prüfe. Es geschah, und man mußte die Einrichtung des Wagens loben. Es war Festigkeit mit Leichtigkeit verbunden, und bei einer gefälligen Gestalt bot er Räumlichkeit für alle nötigen Dinge.
»Ich bin nun fertig,« sagte er, »sorgt, daß Eure Vorbereitungen nicht zu lange dauern.«
Aber auch die Frauen waren zu der rechten Zeit in Bereitschaft. Der Vater hatte den Beginn der Baumblüte und des Blätterknospens als Reisezeit bestimmt, und zu dieser Zeit fuhren wir auch fort.
Ich fuhr nun einen Weg, den ich so oft allein oder mit Fremden in einem Wagen zurückgelegt hatte, mit allen meinen Angehörigen. Wir fuhren mit Pferden, die wir uns auf jeder Post geben ließen; allein wir fuhren zur Bequemlichkeit der Mutter und Klotildens, weshalb wir uns oft länger an einem Orte aufhielten und kleine Tagereisen machten. Ein sehr schönes Wetter und eine Fülle von weißen und rotschimmernden Blüten begleitete uns.
Am vierten Tage vormittags fuhren wir in dem Sternenhofe ein. Mathilde war von unserer Ankunft unterrichtet worden. Wir hatten das Wagendach zurückgelegt, und alle Blicke meiner Angehörigen hafteten schon von weiter Entfernung her auf dem Blütenhügel, auf dem das Schloß stand, sie richteten sich jetzt auf die Gestalt des Bauwerkes, endlich auf das Sternenschild über dem Tore auf die Wölbung des Torweges, und zuletzt auf Mathilden und Natalien, die da standen, um uns zu empfangen. Wir stiegen aus. Natalie wechselte die Farben zwischen blaß und purpurrot. Man wartete nicht weiter mit dem Gruße. Klotilde und Natalie lagen sich an dem Halse und weinten. Meine ehrwürdige Mutter war von Mathilden umfaßt und an das Herz gedrückt. Dann wurde der Vater von ihr anmutsvoll und herzlich gegrüßt, sie reichte ihm beide Hände und sah ihn mit ihren Augen, die noch immer so schön waren, auf das innigste an. Natalie hatte indessen die Hand meiner Mutter gefaßt und sie geküßt. Diese gab den Kuß auf die Stirne des schönen Mädchens zurück. Der Vater wollte wahrscheinlich etwas Heiteres oder gar Scherzhaftes zu Natalien sagen; aber als er sie näher anblickte, wurde er sehr ernst und beinahe scheu, er grüßte sie anständig und sehr fein. Wahrscheinlich hatte ihn ihre Schönheit überrascht, oder er erinnerte sich, wie es auch mir ergangen war, an die Pracht seiner geschnittenen Steine. Klotilde wurde von Mathilden auch an das Herz gedrückt. Auf mich dachte beinahe niemand.Ob dieser Empfang der strengen Umgangssitte oder irgend einer Rangordnung gemäß war, darnach fragte niemand. Wir gingen unter einander gemischt die Treppe hinan und wurden in Mathildens Gesellschaftszimmer geführt. Dort lieh man den Grüßen erst lebhaftere Worte und einen geregelten Ausdruck.
»So lange haben wir uns gekannt, und erst jetzt sehen wir uns«, sagte Mathilde zu meinen Eltern, als sie dieselben zum Niedersitzen auf ihre Plätze veranlaßt hatte.
»Es war ein Wunsch von vielen Jahren,« entgegnete mein Vater, »daß wir die Menschen sähen, die gegen meinen Sohn so wohlwollend waren, und die sein Wesen so sehr gehoben hatten.«
»Das ist nun Natalie, meine teure Klotilde,« sagte
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