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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Versammlung rufe ich diejenigen, die ihre Stimme in der Sache zu erheben verzeichnet sind, auf, zu sprechen, wie sie meinen, daß es der Augenblick erfordert. Es ist groß wichtig und entscheidend, was hier geschieht, und von der heutigen Stunde hängt es ab, ob das Glück des Landes auf viele Zeit aus demGemache dieses Hauses hervorgeht, oder ob sogleich der Anfang unabsehlichen, unentwirrbaren Elendes gemacht wird. Ich habe die Einleitung zu dem Gegenstande gesprochen.«
    Nach dieser Rede erhoben sich in der Versammlung die Rufe: »Sehr gut gesprochen«, »sehr richtig«, »wahr gesprochen«, und andere unverständliche Laute des Beifalls.
    Zdik ging wieder zu seinem Stuhle zurück, und setzte sich auf denselben nieder.
    Als die Ruhe eingetreten war, erhob sich Ben, und rief: »Es ist an der Zeit, daß die, welche angemeldet sind, über die vorgelegte Sache in ihrer Ordnung reden.«
    Er setzte sich wieder nieder.
    Es war eine kleine Zeit still, und es erhob sich niemand. Dann stand in der Mitte des Saales ein Mann auf, der zum Oberkleide ein schwarzes Bärenfell und auf der schwarzen Haube eine blaue Feder hatte. Er rief: »Ich bin Rowno aus dem Mittage Böhmens, und bin auf dem Reichstage in Sadska gewesen. Dort war der Wille nicht frei. Die groß sind, erhielten Versprechungen, und wir die Kleinen fürchteten die Macht. Ich kann nicht für Wladislaw den Sohn des erlauchten Herzogs Sobeslaw streiten.«
    Nach ihm stand ein Mann auf, der ein grobes schwarzes Oberkleid und eine Hahnenfeder auf der Bärenhaube hatte. Er rief: »Ich bin Diet von Wettern aus dem Mittage Böhmens, und stimme mit meinem Landsmanne Rowno.«
    Nach diesen beiden Männern erhob sich Milhost, und rief: »Jetzt ist wohl die Reihe der Rede an mir, und ich sage: Es ist eine Schmach, daß Männer, welche Weiber und Kinder, Schwestern und Bräute haben, und welche die Waffen in der Hand tragen, und auf ihren Höfen stehen haben, einem Herrn dienen, ihm ihr Gut geben, wenn er es verlangt, ihr Blut lassen, damit er ihnen wieder befehlen, und ihren Sinn beugen kann. Die hohen und niederen Herren des Landes Böhmen und Mähren sollten herrschen; denn sie sind das Land. Ich trage an, daß die Versammlung, die in diesem Saale ist, Satzungen entwerfe, die der künftige Herzog beschwöre, und die ihn durch unsere Macht binden, daß er, wenn er auf dem Stuhle sitzt, nur unsern Willen zum Heile der Länder ausführen, unsere Kraft nicht brechen, und uns nicht zerstören kann, wie Swatopluk mit den Wrsen tat. So sage ich, und weiche nicht davon.«
    Nach diesen Worten erhob sich in dem Saale ein tönender vielstimmiger Beifallsruf.
    Als er geendet hatte, stand Bogdan auf, und sagte: »Ich bin in Sadska gewesen. Dort haben alle das nämliche gesagt, und ein einzelner konnte nicht anders sagen. Der Herzog hat unser Wort gebunden; aber wir sollten die voreiligen Bande zersprangen, und frei wählen, wie unser Inneres gebietet.«
    »Es ist so, wir sollten frei wählen«, riefen mehrere Stimmen.
    Nun stand der rothaarige Benes auf, und rief: »Ich spreche nur, daß der junge Wladislaw nie unser Herzog werden kann; denn Sobeslaw hat uns immer unterdrückt, und endlich hat er uns nach Sadska gelockt, um uns dort unsern Willen zu rauben.«
    »Sobeslaw hat uns unterdrückt, ja, er hat uns unterdrückt«, rief eifrig und drohend eine Anzahl von Stimmen.
    Hierauf erhob sich Domaslaw, und sagte: »Ich füge nur bei, daß Sobeslaw sehr oft wider uns war. Ist nicht Konrad von Znaim, weil er sein Gegner war, sechs Jahre verhaftet gewesen? Mußte nicht auch Wratislaw von Brünn ein Jahr in Gefangenschaft zubringen? Ich rede nicht von dem unglücklichen Bretislaw, dem Sohne jenes Herzogs Bretislaw, der so traurig im Walde bei Bürglitz endete, und der ein Bruder Sobeslaws war. Und hat er nicht Herren, die diesem freundlich zuhielten, in feste Burgen geführt? Und sind sie nicht auch sonst in Haft gehalten worden, wenn sie gegen ihn waren? Hat er nicht gewollt, daß Bauern Kaufherren Münzer Juden Fiedelspieler schwelgen? Darum ist dieses Volk gegen uns so übermütig geworden. Der Sprößling eines solchen Mannes kann nicht der Herzog der Herren von Böhmen und Mähren werden.«
    Es folgte wieder ein langer Beifallsruf auf diese Rede.
    Da es ruhiger geworden war, stand Kochan auf, und sprach: »Nicht bloß der Herzog Sobeslaw hat den Herren des Landes entgegen gehandelt, sondern alle Herzoge, darum stimme ich Milhost bei; aber nicht, daß Satzungen entworfen werden, die der

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