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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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einmal vorwarf, tötete, und dadurch Mißtrauen zwischen sich und seinem Vater und sogar einen sündhaften Sohneskrieg entzündete, hat es getan. Er hat mit seinen Lechen und Zupanen seinem Bruder Boriwoy gegen das Alterserblichkeitsgesetz die Nachfolge gesichert, weil er dem gesetzlichen Nachfolger seinem Vetter Ulrich zürnte. Ihr wisset, wie er geendet hat. In dem Walde von Bürglitz ist er von einem Manne ermordet worden, wie man sagt, aus Rache der Wrse Bozey und Mutina, die er verbannt hatte. Wer durch Totschlag zeigt, daß er das Leben eines Menschen nicht achtet, gibt andern die Lehre, das seine auch nicht zu achten. Und doch war er sonst ein guter Mann, er herrschte zur Wohlfahrt des Landes, und da er auf so traurige Weise gestorben war, weinte Jung und Alt um ihn. Nach seiner Herrschaft kam, wie sie kommen mußte, eine völlige Unsicherheit in die Nachfolge. Dem vonihm eingesetzten Boriwoy entriß Swatopluk die Herrschaft, nach der Ermordung Swatopluks im Kriegslager wählte das Heer auf fremdem Boden für sich einen Herzog und zwar Otto den Bruder Swatopluks, ein Wahllandtag zu Hause wieder für sich Wladislaw den Bruder Boriwoys und Halbbruder Bretislaws, und es kam zu einem Vergleiche, in welchem Otto seinem Anspruche entsagte. Wladislaw aber gab aus eigenem Willen auf seinem Sterbebette die Nachfolge Sobeslaw unserm jetzigen Herzoge, der unter der Freude des Volkes den Fürstenstuhl bestieg, und nun, da der Herzog noch lebt, da der nächste Herzog schon belohnt und anerkannt ist, sind wir wieder versammelt, einen Herzog zu wählen. Was kann aus diesen Dingen werden? Durch die Ungewißheit der Nachfolge sind von jenem Bretislaw an mehrere Hunderte der hervorragenden Männer der Länder um das Leben gekommen, und viele Tausende des Volkes in das Grab gesunken, es sind Städte in Asche gelegt, Dörfer dem Erdboden gleich gemacht, und saatreiche Fluren in Einöden verwandelt worden, und das Land ist immer mehr in die Abhängigkeit von Fremden gekommen, weil jeder, der den Herzogstuhl verlangte, gerne auswärtige Hilfe suchte, wie Boriwoy Swatopluk und wie Otto und wie selbst der edle Wladislaw. Diese Übel, die jetzt in unserer Zeit sind, gehen tiefer, und fassen mehr alle Bestandteile der Länder an als die, welchefrüher gewesen sind. Und wenn sie fortdauern, so wird der Herzogstuhl zittern, wird ein Schatten werden, und in die Macht eines fremden Mannes fallen. Nicht die Frage ist jetzt die größte, wer soll Herzog sein, sondern die, wie soll die Nachfolge bestellt werden? Und wenn ihr heute in unserer Versammlung den Besten wählt, welcher auf dem Erdboden ist, und wenn er ein langes Leben führt, und während dieses langen Lebens die Länder wohl beherrscht, so ist das Unglück nur aufgeschoben, und es bricht nach seinem Tode aus, es wäre denn, daß dort wieder der Beste gewählt werden könnte, und so immer fort, und daß jeder Gewählte die Macht habe, die, welche die Wahl als kein Gesetz erkennen wollen, nieder zu halten. Wie ich zu erkennen meine, neigen sich die Herren der Länder Böhmen und Mähren dahin, die Herzoge nach dem Tode der Vorgänger von nun an durch die Wahl zu bestellen; aber dann wäre es besser, zu dem verlassenen schlechten Alterserblichkeitsgesetze zurückzukehren, als alles auf diese Spitze zu setzen. Es scheint glaublich, daß man durch die Wahl immer sollte den Besten erkiesen können; aber ich habe lange gelebt, und viele Menschen gesehen: wie wenige gibt es, die zu wählen verstehen, und wie wenige, die wählen dürfen. Wenn auch die Herren der Länder Böhmen und Mähren das Land sind, so sind doch auch die Bauern da und die anderen, derer sie gedenkenmüssen; aber auch wenn sie ihrer gedenken, so ist die große Zahl der Menschen so, daß sie zuerst ihrer selbst gedenkt, und auch nicht recht ihrer selbst sondern ihrer Lust. Die, welche nach dem Fürstenstuhle trachten, werden Versprechungen machen, und wenn der gewählte Herzog einigen zuwider handelt, so werden sie sich verbinden, einen neuen zu wählen, der gefügiger ist, und wieder einen andern, und dieses werden sie gerade desto mehr tun, je mehr sie durch Kriege, die diese Dinge begleiten, wild und begehrlich geworden sind. Sie werden sich teilen, bis ein Fremder den geschändeten Stuhl nimmt, wie in den traurigen Zeiten des rothaarigen Boleslaw schon der polnische Boleslaw getan hat. Möge dann der Fremde eine milde weise und mächtige Hand über die Länder strecken. Diese meine Augen, so alt sie sind, können

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