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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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fortsetzen sollte, andere kamen gegen Witiko herauf, und gingen an ihm vorüber in den Wald. Manche gingen schweigend vorbei, andere sagten: »Gelobt sei der Heiland.«
    »Gelobt sei der Heiland«, antworteten Witiko und sein Führer.
    Endlich war keine der Gestalten mehr zu sehen, die drei Weiber standen auch nicht mehr auf ihrem Platze, und es regte sich nichts als der sanfte Wolkenzug, den der Mond durchschien.
    Jetzt nahmen Witiko und sein Führer auch den Weg wieder auf. Sie gingen auf dem Pfade am Waldsaume hinunter. Als sie den Grasplatz verlassen hatten, kamen sie wieder in dichten Wald. Aber der Weg war da breiter und ausgetretener. Sie gingen langsam auf demselben fort, und hatten manches Mal unter den Blättern eine durchbrechende Helle des Mondes.
    Da sie eine Stunde auf diesem Wege zugebracht hatten, gelangten sie wieder in das Freie. Es war ein breites Tal, von Wald umgeben. In dem Tale konnte man Gebüsche Felder und Wiesen unterscheiden, und hie und da glänzte es wie Wasser. Aus dem Wasserglanze stand ein großer viereckiger schwarzer Turm empor.
    »Wir haben länger gebraucht, als ich gedacht habe«, sagte Witiko.
    »Die Verschlingungen des Pfades und die Wurzeln hindern das Fortkommen«, sagte der Führer, »und die Irrgräser machen den Weg länger.«
    »Es ist schon gut«, entgegnete Witiko.
    Bei diesen Worten bestieg er wieder sein Pferd, und ritt auf dem Wege gegen den Turm zu. Sie konnten nur auf einem schmalen Erdstriche zwischen Schilf und Wasser zu demselben gelangen. Er war durch ein Tor geschlossen. An dem Tore hing ein Ochsenhorn. Der Führer nahm es, und blies in dasselbe. Eine Zeit darnach öffnete sich eine Luke im Tore, und ein Mann sah heraus. Er sprach: »Sei gegrüßt, Benedikt.«
    Dann öffnete er das Tor.
    Witiko ritt durch den Bogen hinein, und kam in einen Hof. Das Tor wurde hinter ihm wieder geschlossen. Im Hofe stieg er von dem Pferde. Der Führer und der Mann, der das Tor geöffnet und wieder geschlossen hatte, halfen ihm das Pferd in den Stall bringen. Da es dort angebunden und bedeckt war, führte der Mann Witiko und den Führer in eine Stube. Dieselbe war sehr groß, und hatte an ihrem oberen Ende die Leuchte. Von derselben ging ein sehr langer Tisch aus Tannenbrettern bis gegen die Tür. An der Leuchte saß ein barhäuptiger Mann in einem weiten schwarzen Gewande, dessen Gürtel gelöst war. Neben ihm saß ein anderer in grauem Gewande, das aber gegürtet war. Er hatte gleichfalls auf dem Kopfe keine Bedeckung. An dem langen Tannentische saßen mehrere Männer und Jünglinge vor Krügen. Sie waren auch in weite gegürtete Gewänder gekleidet, und trugen keine Bedeckungen auf den Häuptern.
    Als Witiko und der Führer eingetreten waren, erhob sich der Mann im schwarzen Gewande an der Leuchte, und rief. »Ich bin Rowno der Wladyk, was begehret ihr?«
    »Ich heiße Witiko«, antwortete Witiko, »stamme aus dem Mittage Böhmens, und bitte dich um Gastfreundschaft. Dieser da ist mein Bote.«
    »Komme an das obere Ende des Tisches, Witiko«, entgegnete Rowno, »und Benedikt soll sich an das untere Ende setzen.«
    Witiko ging an das obere Ende des Tisches, und als er bei Rowno angekommen war, reichte ihm dieser die Hand, und sagte: »Du bist willkommen, nimm dir einen Stuhl, und setze dich neben uns an den Tisch. Es wird dir sogleich eine Erquickung gereicht werden, und dein Führer wird auch Speise und Trank erhalten.«
    Witiko setzte sich nieder, wie es Rowno gesagt hatte, und dieser nahm auch seinen Platz wieder ein. Die Männer und Jünglinge an dem Tische waren vor Witiko aufgestanden, und setzten sich wieder nieder.
    Nun kam ein Mann, der auf einem großen Brette das Lendenstück von gebratenem Schweinfleisch trug. Er setzte es vor Witiko hin. Ein anderer brachte einen Krug mit Bier und einen Laib Brod.
    Witiko schnitt sich von dem Fleische ab, schnitt sich von dem Brote ein Stück herab, und begann, seinen Hunger und Durst zu stillen.
    Dem Führer hatte man auch am untern Ende des Tisches zu essen und zu trinken vorgesetzt.
    Da Witiko fertig war, hob Rowno sein Horn, und sagte: »Ich bringe dir den Willkommtrunk, Witiko.«
    Witiko hob den Krug, und erwiderte: »Ich bringe Bescheid.«
    Dann tranken beide.
    Dann sagte Rowno: »Du bist Witiko der Knabe, der auf dem Wahltage auf dem Wysehrad gesprochen hat, daß man ihn zu einer Botschaft an den Herzog Sobeslaw in der Versammlung belasse.«
    »Ich bin es«, antwortete Witiko, »ich weiß, daß du auf dem Wysehrad warst. Ich

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