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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Männer da, die Witiko gestern nicht gesehen hatte. Auch Frauen und Mädchen waren da. Die meisten von ihnen standen. In der Nähe eines Fensters stand Rowno. Er hatte das schwarze Kleid an wie gestern; aber heute war es gegürtet. Auf dem Haupte trug er eine graue Filzhaube. Neben ihm stand eine Frau mit sanften Wangen. Sie war in ein fließendes lichtgraues Gewand gekleidet, das ein blauer Gürtel hielt. An ihrer Seite stand ein Knabe und ein Mädchen. Dann stand eine schöngewachsene Jungfrau in einem dunkelblauen Kleide mit einem veilchenblauen Gürtel. Ihre Haare waren schwarz, ihre Augen waren schwarz, ihre Wangen tief gerötet und ihre Lippen rot wie die Kirschen in dem Felde. Dann standen die Männer und Jünglinge. Sie waren meist alle in weite dunkle Gewänder gegürtet. Sämtliche Männer trugen keine Waffen. Dann waren die Frauen und Mädchen, die entweder dunkelgraue oder braune weite Gewänder hatten. Ihre Gürtel waren schön gearbeitet.
    Auf dem Tische stand ein sehr großes Gefäß mit warmer Milch, aus dem in Becher geschöpft wurde, die man herumreichte. Ein Mann reichte Witiko einen solchen Becher. Witiko trank ihn aus, und setzte ihn auf den Tisch. Dann näherte er sich Rowno. Dieser grüßte ihn, führte ihn zu der Frau mit den sanften Wangen, und sprach: »Das ist Ludmila, mein Eheweib.«
    Dann wies er auf die Kinder, und sagte: »Das ist Mis mein Söhnlein und Durantia mein Töchterlein.«
    Dann führte er ihn zu der Jungfrau mit dem dunkelblauen Kleide, und sprach: »Das ist Dimut meine Schwester.«
    Dann wies er auf die Männer, die weiter hinab standen, und sagte: »Das ist Jaros mein Oheim mit seinem Erstgebornen Luta und seinen andern, das ist mein Oheim Stan mit seinem Erstgebornen Branis und seinen andern, das ist mein Oheim Detleb mit seinem Sohne Porey, das ist mein Vetter Wenzel, das ist mein Vetter Misek, das ist mein Bruder Duda, und das ist mein Bruder Welis.«
    Dann wies er auf die Frauen, und sprach: »Diese ist Swatislawa das Eheweib Stans, diese ist Mlada das Eheweib Detlebs, diese ist Richsa das Eheweib Brunis', und diese Jutta das Eheweib Poreys. Die jüngeren Männer und Mädchen nenne ich dir nicht, du wirst sie kennen lernen. Sie sind alle gekommen, dich zu begrüßen, und werden dann an ihre Geschäfte gehen.«
    Hierauf rief er gegen die Versammelten gewendet: »Das ist Witiko von Plana unser Nachbar und unser Gast.«
    Nach diesen Worten kamen viele herbei, und reichten Witiko die Hand. Andere neigten sich bloß, und man fing an, sich aus der Stube zu entfernen.
    Witiko schritt gegen Ludmila Rownos Gattin, und sagte: »Ich bin zu Rowno, den ich auf dem Wahltage auf dem Wysehrad gesehen habe, und der mein Nachbar ist, gekommen, um ihn zu besuchen, und mit ihm zu sprechen.«
    »Ihr seid in unserem Hause und bei unseren Sippen willkommen«, antwortete Ludmila.
    Dann wendete er sich an die Jungfrau, und sprach: »Ihr werdet wohl auch den Fremdling in der Gastlichkeit dieses Hauses nicht unhold ansehen.«
    »Die Freunde meines Bruders sind auch die meinigen«, sagte das Mädchen.
    Nach diesen Worten war der Morgengruß geendigt, und man zerstreute sich.
    Rowno führte Witiko in das Freie. Sie gingen durch das Tor auf die Erdzunge, die von ihm wegführte. Da sah Witiko, daß der große viereckige dunkle Turm von Moorgrunde umgeben war. Dann kamen sie über den Damm auf nasse Wiesen, in welchen hie und da kleine Teiche und andere Wässer waren. Endlich, wo der Boden sich hob, fingen die Felder an, auf denen die Getreide schon die Farbe der beginnenden Reife bekamen. Hinter ihnen war der Wald.
    Als sie auf den breiteren festen Boden kamen, standen mehrere Hütten und Häuser. Von einigen ging Rauch auf, vor einigen spielten Kinder, und hie und da trat eine Frau aus der Tür, und sah ihnen nach.
    Außerhalb der Häuser gingen sie durch die Felder, auf denen Menschen an verschiedenen Stellen arbeiteten. Wo die Felder zu Ende waren, ging noch Weidegrund empor, auf welchem zerstreut verschiedene Bäume standen, und auf welchen sich Herden von Rindern Schafen Schweinen und Ziegen befanden, die ihre Hirten leiteten. Dann erst begann der undurchdringliche Wald.
    »Wir pflegen die Güter, welche wir von unseren Vorvätern ererbt haben, ungeteilt und gemeinschaftlich«, sagte Rowno, »ich bin zum Haupte erwählt worden, nach meinem Tode wird ein anderer erwählt. Sie liegen vor dir ausgebreitet: der Turm die Wiesen die Felder die Weiden und der Wald. Der größte Teil des Bodens, der uns

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