Werke
sein solle, daß die andern zu ihrem Nutzen Gebietsteile in Mähren bekommen, und daß sie dem Herzoge gehorchen müssen. Aber bald wurde das Gesetz nicht mehr befolgt; denn wer die Macht hatte, suchte die Nachfolge dem zu gewinnen, den er liebte, oder den er sonst wollte. Da entstanden Kämpfe von entsetzlicher Art, und es kam noch größeres Unheil in die Länder, als früher gewesen war. Den Beginn machte Swatopluk, der ein wilder Mann gewesen ist, und er dauerte siebenunddreißigJahre, bis auf unsere Tage, und wir wissen noch das Ende nicht. Swatopluk ist ermordet worden, weil er gemordet hat, und sein Nachfolger, Wladislaw, der Vater des jetzigen Herzoges, ein gerechter und guter Mann, mußte sich den Fürstenstuhl gegen seinen Bruder Boriwoy erkämpfen, und Sobeslaw, der dann folgte, mußte mit dem deutschen Könige Lothar wegen des schwarzen Otto von Olmütz, der das Herzogtum anstrebte, Krieg führen. Als der starke und rechtgesinnte Sobeslaw herrschte, und als das Volk die Süßigkeit der Ordnung kennen lernte, wollten viele Männer der Länder, deren ich auch einer war, die Vorsorge treffen, daß bei seinem Ende nicht wieder das Unglück herein komme. Sobeslaw hatte einen Sohn, namens Wladislaw, den er sehr liebte. Wir, die Männer und ich, sagten, er solle ihn von Konrad, dem Könige der Deutschen aus dem Geschlechte der Hohenstaufen, mit den Ländern Böhmen und Mähren belehnen lassen, und Konrad belehnte den Knaben Wladislaw auf dem Tage in Bamberg, da derselbe achtzehn Jahre alt war. Und in einem Monate darnach schwuren auf unserem Tage in Sadska so die hohen wie die niederen Herren der Länder dem jungen Wladislaw. Als ein halbes Jahr vergangen war, erkrankte der Herzog Sobeslaw, und die Ärzte sagten, er werde sterben. Da riefen die Männer: Jetzt haben wir einen Knabenherzog, den sein Vater nicht mehrzu einem rechten Herzoge hat erziehen können, ein jeder wird ihn anfallen, und sie sagten: Nun müssen wir selber einen Herzog wählen. Der erwählte Bischof Silvester, der die weißen Haare des Alters auf dem Haupte hat, sagte aber: Tut das Gute, und bleibt bei eurem Schwure, alles andere wird kommen. Allein wir vermeinten klüger zu sein, und versammelten uns auf dem Wysehrad zur Wahl. Da war Wladislaw, der Sohn des guten vorigen Herzoges Wladislaw, von dem einige Macht und Ansehen, andere eine gute Regierung erhofften, und wir wählten ihn zum Herzoge. Im Frühlinge dieses Jahres aber wählten viele wieder einen andern Herzog, Konrad von Znaim, und zogen in Waffen gegen Böhmen. Auf dem Berge Wysoka ist eine Schlacht gewesen, und viele hundert Menschen, ja tausend, sind erschlagen worden. Und dann waren Kämpfe und die Belagerung von Prag. Die Saaten sind zerstört, die Häuser öde, weil die Menschen fliehen, die heiligen Bauwerke und kostbare Handschriften und Kirchenschätze sind verbrannt worden, und in die Geschlechter ist die Wildheit gekommen. Der Herzog Wladislaw ist zu dem deutschen Könige Konrad um Hilfe gegangen, und als die Hilfsheere heran zogen, haben sich die Feinde zerstreut. In Mähren sind die Fürsten gegen mich aufgestanden, sie haben die Kirchengüter genommen, und Zuchtlosigkeit gestiftet. Ich sprach die Worte des Bannes. Und als derBann in dem Lande war, als das heilige Opfer bei verschlossenen Kirchentüren gehalten wurde, als man die Toten nicht kirchlich beerdigen konnte, als die Gnadenspendungen nur den Sterbenden gereicht wurden, und als sich alle nach einem Zeichen auf die Erde werfen mußten, um Gott zu bitten, daß er das Unglück wende: da drangen sie gegen mich, sie suchten mich an dem Halse zu drosseln, daß ich das Übel wegnehme, und da ich darauf meine Männer zur Hilfe aufbot, boten sie noch mehr auf, und ich floh aus dem Lande durch ödes Gefild nach Böhmen, und ich wurde dann flüchtig in fremde Länder, wo die Zahl ihrer Anhänger nicht ist. Das ist Strafe, hochehrwürdiger Bischof, und Silvester hat gesagt, daß sie kommen wird.«
»Und wenn es Strafe ist, hochehrwürdiger Bruder«, antwortete der Bischof von Passau, »so bist du durch Gott beglückt, daß du hienieden noch büßen kannst, wenn du gefehlt hast. Die er züchtiget, die liebt er, und wenn deine Gedanken, die Gutes wollten, nicht zum Guten taugten, so wird er dich zu dem Guten führen. Ich würde mich an deiner Stelle preisen, und ich bete, daß ich meine Sünden auf dieser Welt abbüßen könne. Wie oft habe ich gebetet, daß ich auf jener Stätte Buße zu tun vermochte, auf welcher mein
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