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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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den Rhein kam. Bei Koblenz sammelte er ein neues Heer. Mein Bruder zog auch an den Rhein, und es standen wieder die Männer des Sohnes gegen die Männer des Vaters. Da schickte mein Bruder Boten an den Vater, welche die Worte melden mußten: Auf die heilige Weihnachtzeit ist ein Reichstag nach Mainz angeordnet worden, ich bitte meinen Vater demütig, daß wir vorher zusammen kommen, und bereden, was unserer beiden Sache ist, und daß wir uns versöhnen. Der Vater kam zu der Unterredung, und als er den Sohn erblickte, flossen Tränen aus seinen Augen, und er sagte: Heinrich, um Gott des Allmächtigen willen bitte ich dich, lade nicht die Tat auf dich, die weder in diesem Leben noch in jenem Leben verziehen wird. Wir müßten beide verzweifeln. Mein Bruder fiel auf die Erde, und faßte die Knie des Vaters, und sagte, er bereue alles, was er gegen ihn getan habe, er bitte um Verzeihung, er werde gehorsamen, der Vater möge sich mit der Kirche versöhnen, und beide wollen sie auf den Reichstag nach Mainz gehen, und dort die Versöhnung besiegeln. Der Vater verzieh. Dann sagte mein Bruder, er wolle nach Mainz gehen, und dort alles vorbereiten, der Vater möge indessen warten. Er ging fort, der Vater wartete. Er kam wieder zurück, und schwor, er sei bereit, für den Vater Leib und Leben zu opfern, und er wolle ihn weiter geleiten. Sie zogen fort, und kamen bis gegen Bingen. Ein jeder hatte dreihundert Begleiter. Auf dem Wege wurden die Begleiter meines Bruders immer mehr. Vor Bingen sagte er: Vater, meine Besorgnis wächst, daß Euch der Erzbischof von Mainz wegen des Bannes nicht in seine Stadt einlassen werde. Bleibet in Bingen, und feiert dort das Weihnachtfest,ich werde nach Mainz gehen, und für Euch wirken. Der Vater antwortete: Heinrich, Gott richtet zwischen mir und dir, ich vertraue auf dich. Mein Bruder schwor zum dritten Male, daß er das Leben für den Vater lassen wolle. Er zog nach Mainz, der Vater nach Bingen. Aber in Bingen wurde er von Männern meines Bruders Heinrich, welche dort waren, und von Männern Gebharts, des Bischofes von Speyer, welche sich zu ihnen gesellt hatten, umringt, die Männer des Vaters wurden besiegt, und er wurde gefangen genommen. Und in der Haft wurde ihm des Leibes Bedürfnis und Bequemlichkeit versagt. Und es kamen dann von Mainz die Erzbischöfe von Mainz und Köln, der Bischof von Worms, und der Markgraf von Meißen. Sie sagten zu dem Vater: Gib die Kleinode heraus, die Krone und den Purpur und den Ring, daß wir sie deinem Sohne Heinrich bringen. Mein Vater fragte: Wo ist das Recht zu dem Begehren? Sie sagten: Weil du priesterliche Stellen für Geld verkauft hast, weil du in dem Banne bist, und weil alle im Reiche an Leib und Seele Schaden leiden, so wollen der Heilige Vater und die Fürsten dich deiner Würde entsetzen. Der Vater rief: Du, Rothart, Erzbischof von Mainz, du, Friedrich, Erzbischof von Köln, und du, Adalbert, Bischof von Worms, was habt ihr mir für eure Stellen gegeben? Sie antworteten: Nichts. Der Vater sagte: Nun also bin ich hierin gerechtfertigt;denn ihr hättet mir viel für eure Stellen zahlen müssen. Euch aber sage ich, beflecket diese Stellen und die kaiserliche Würde nicht. Wollen die Fürsten über die andern Dinge einen Entschluß fassen, so werde eine Frist zur Untersuchung gesetzt, und werde ich schuldig befunden, so werde ich selber die Krone von meinem Haupte nehmen. Die Abgesandten sagten, eine Frist werde nicht gewährt, der Kaiser müsse sogleich willfahren. Darauf entfernte sich der Vater aus dem Gemache, und kam dann wieder in dasselbe zurück, angetan mit dem Purpur, die Krone auf dem Haupte, und den Ring an dem Finger. Er sprach: Der Kaiser hat sonst dem Verbrecher Frist und Gehör bewilligt, dem Kaiser werden sie nicht bewilligt. Wohlan, so nehmet, wornach euch gelüstet. Als er dieses gesagt hatte, standen die Boten, und regten sich nicht. Da sprach der Markgraf von Meißen: Unser König Heinrich hat gesagt, wenn der Kaiser schnell einwilligt, so kann sein Leben gerettet werden. Der Erzbischof von Mainz sagte: Wenn wir den Würdigsten auf den Kaiserstuhl setzen dürfen, warum sollen wir den Unwürdigsten nicht absetzen dürfen? Und da dieses gesprochen war, nahmen sie dem Vater die Krone von dem Haupte, zogen ihm den Ring von dem Finger, und entkleideten ihn des Purpurs. Er aber rief: Herr, ich leide für die Sünden meiner Jugend. Ihr aber habt das Amt des Rächers nicht, und die Strafe wird euchereilen wie den Verräter des Herrn.

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