Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Und die Boten brachten dann die Kleinode nach Mainz, und die Fürsten und die Priester und die Abgesandten des Heiligen Vaters verlangten, der Kaiser solle nun kommen, soll Buße tun, und freiwillig dem Reiche entsagen. Der Bruder ließ den Vater nach Ingelheim bringen, die Fürsten und die Versammelten gingen auch dahin. Sie droheten dem Vater, und sagten, er solle die Herrschaft freiwillig niederlegen. Der Vater fragte: Wenn ich das tue, werde ich dann Ruhe und Sicherheit haben? Darauf antwortete Gebhart, der Bischof von Konstanz, welcher der Gesandte des Heiligen Vaters war: Nein, du wirst so lange nicht Ruhe und Sicherheit haben, bis du eingestehst, daß du an der Kirche und an ihrem Haupte gefrevelt hast. Der Vater sagte: So setzet ein Gericht aus Fürsten und Priestern zusammen, daß es untersuche und entscheide. Gebhart sprach wieder: Du bleibest lebenslang gefangen, wenn du dich nicht sogleich entschließest. Der Vater sagte: Und wenn ich bekenne, und wenn ich die Herrschaft niederlege, wirst du dann den Bann von mir nehmen? Gebhart antwortete: Das ist nicht in meiner Macht. Der Vater sagte: Wer die Beichte hört, muß auch lossprechen können. Gebhart antwortete: Das wird vielleicht der Heilige Vater tun, wenn du nach Rom pilgerst, und Genugtuung leistest. Nach diesen Worten fiel mein Vater auf die Knie, und rief: Um derGnade und Barmherzigkeit des Himmels willen bitte ich euch alle um Milde und Gerechtigkeit, und an dich, Heinrich, mein Sohn, richte ich die Beschwörung, vollbringe nicht an mir das Unwürdigste und Entsetzlichste. Vielen Fürsten rannen nun die Tränen von den Wangen, Gebhart blieb bei seinen Worten, Heinrich, mein Bruder, sagte nichts, und blickte nicht auf den Vater. Da sprach der Kaiser: So entsage ich also dem Reiche, und werde der Kirche genügen, und nach dem Gebote der Verzeihung empfehle ich euch meinen Sohn. Sie wählten und weiheten dann darauf noch einmal meinen Bruder Heinrich zum Könige. Den Vater aber ließen sie nicht fort. Da eine Zeit vergangen war, bat er Gebhart, den Bischof von Speyer: Gib mir eine Pfründe in deinem Stifte, daß ich zum Chore gehen kann. Der Bischof verweigerte es. Und da der Vater dachte, daß sein Leben nicht sicher sei, so versuchte er die Flucht, und sie gelang ihm. Er floh nach Köln, und zog dann mit einem kleinen Geleite gegen Lüttich. Als sie auf dem Wege waren, hörten sie Jagdhörner, und der Herzog von Lothringen, den der Vater einmal abgesetzt hatte, trat ihm mit seinen Männern entgegen, und sagte: Du hast sehr unrecht an mir gehandelt. Der Vater antwortete: Ich leide jetzt dafür und für das andere. Der Herzog aber sagte: Ich will zu dir stehen, der du verfolgt bist. Und er ging darnach mit allen seinen Kriegsmännern zu dem Vaternach Lüttich. Und Köln und Jülich und andere Städte erklärten sich nun für den Vater, und es kam ein Kriegsheer zusammen. Da sandte nun mein Bruder Heinrich Boten zu dem Vater, ihn demütig zu grüßen, und zu sagen, daß er sich mit ihm aussöhnen, und daß er bei ihm in Lüttich das Osterfest feiern wolle. Der Vater antwortete: Ich vertraue dir nicht, ich bin an das Ende des Reiches gegangen, um Ruhe zu finden, und du bleibe fern, das Volk hier ist dir feindlich. Mein Bruder aber ging mit einem Heere gegen Lüttich, er wurde geschlagen, und rettete kaum sein Leben. Der Vater ließ einen Brief ergehen, darin stand: Ich klage Gott und den Heiligen mein Leid von der Kirche; aber ich will mich ihr unterwerfen, und ihr Genugtuung leisten, und so ist die Ursache gehoben, um die mein Sohn gegen mich ist, es müßte nur sein, daß er einzig nach der Gewalt strebt. Mein Bruder sammelte wieder ein Heer, und belagerte Köln durch lange Zeit, bis Hunger und Krankheit seine Leute dahin nahmen. Dann verließ er Köln, sammelte neuerdings Männer, und zog gegen Lothringen. Da kam eines Tages Burkhard, der Bischof von Münster, zu ihm, und sagte: Dein Vater, der Kaiser, sendet dir das Reichsschwert, welches damals nicht in Bingen gewesen ist, du sollst es hinfort führen; denn er ist am siebenten Tage des Erntemonates in Lüttich gestorben. Er läßt dich bitten, daß du ihn begrabest, und den Seinigen verzeihest.Aber Heinrich begrub den Vater nicht. Der Bischof von Lüttich begrub ihn christlich; aber er mußte ihn wieder ausgraben, weil er im Banne gestorben war. Die Leiche stand nun auf ungeweihetem Grunde auf einer Insel der Maas, und nur ein einziger Pilger aus Jerusalem betete und sang bei ihr. Dann wurde sie mit

Weitere Kostenlose Bücher