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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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dem Willen meines Bruders in einem steinernen Sarge nach Speyer gebracht. Der Diener des Vaters, Erkenbald, wollte sie mit Priestern und Volk in der Kirche der heiligen Jungfrau Maria, welche der Vater gebaut hatte, begraben; aber der Bischof von Speyer gestattete es nicht. Von da stand sie fünf Jahre in einer ungeweiheten Kapelle. Nach dieser Zeit wurde sie begraben, und der Bruder feierte das Begräbnis. Er waltete nun fortan als das weltliche Haupt der Christenheit. Heute ist der Tag des Gedächtnisses an jenen Tag, an welchem mir endlich nach vielem Beten von Gott die Gnade verliehen worden ist, meinem Bruder gänzlich verzeihen zu können, was er an dem Vater gesündigt hat. Darum war feierlicher Gottesdienst, und darum erzähle ich davon. Es ist meinem Bruder auch die Gnade zu Teil geworden, seine Schuld noch hier ein wenig büßen zu können. Der Schoß seines Weibes blieb unfruchtbar, er wurde in den Bann der Kirche getan, und er starb in den Mannesjahren an einem kleinen Geschwüre, das sich vergrößerte, und ihn dahin raffte. Die deutsche Krone ist auf den SachsenLothar übergegangen. Rothart, der Erzbischof von Mainz, der den Namen von Hartesberg trug, starb drei Jahre nach dem Vorgange in Bingen, Adalbert, der Bischof von Worms, zwei Jahre darauf, Friedrich, der Erzbischof von Köln, der den Namen Ortenberg hatte, lebte noch über zwanzig Jahre, ist aber jetzt auch tot. Eben so ist jener Markgraf von Meißen dahin gegangen, der so schnell gestiegen ist, und dessen Geschlecht dann so Unglückliches erlebte.«
    Agnes schwieg nun. Die Mutter Witikos nahm das Wort, und sagte: »Hohe Frau, lasse diese traurigen Dinge nicht in deinem Gemüte empor leben, sie sind vergangen, Gott hat sie geschehen lassen, und richtet über sie. Denke an die Gegenwart. Du bist verehrt wie eine der Frauen, die im Leben heilig gewandelt sind, das Volk in diesen Ländern heiligt das Andenken deines Gemahles, und du hast wohlgeratene Kinder. Der Kaiser Lothar, der Sachse, ist tot, und die Herrlichkeit der deutschen Königskrone ist auf das Haupt deines Sohnes Konrad gekommen, und auf die Königskrone wird die Kaiserkrone folgen. Das neue starke Geschlecht der Hohenstaufen wird von der Krone geziert, und ziert die Krone bis in Zeiten, die in der entfernten Zukunft sind. Dein Sohn anderer Ehe, Heinrich, herrscht als Markgraf in diesem schönen Lande, er hat sich die Witwe seines Feindes in Liebe verbunden, er wird den Herzoghut tragen, und die Österreicher werden mit den Hohenstaufen in Freundschaft des gleichen Weges gehen bis in die Zeiten, von denen ich gesagt habe.«
    »O Wentila«, entgegnete Agnes, »die traurigen Dinge leben nicht in meinem Gemüte empor, sie leben in demselben immer fort, und wenn sie auch vergangen sind, und Gott über sie richtet, so ist die Vergangenheit doch in mir, und ich bin in ihr. Und heilig kann ich nicht wandeln, ich kann nur für meine Sünden büßen, und für die Lebenden und Toten beten. Die Macht und die Kronen aber sind Dinge, welche tauglich sind, mit ihnen Gutes zu tun, sonst sind sie nichtig.«
    »Und die Deinigen haben mit diesen Dingen schon Gutes getan«, sagte Wentila, »Konrad hat den wilden Krieg des trotzigen Mannes aus Baiern beendigt, er hat die Kraft des deutschen Landes viel befestigt, und wird sie noch mehr befestigen, und dann seine Augen auf Jerusalem und Bethlehem richten. Heinrich waltet in seiner Mark. Er wird der erste Herzog derselben sein, und die Dinge in den heiligen Ländern können durch ihn auch an Gedeihen gewinnen.«
    »Mögen die Hohenstaufen die Macht immer zum Guten wenden«, sagte Agnes, »und durch sie nicht in Verwirrung geraten, wie die, welche die Macht vor ihnen gehabt haben. Ich habe Taten genug gesehen, die gepriesen worden sind, und Übles gestiftet haben. Wer seine Ehefrau liebt, seine Kinder in Gott erzieht, seine Habe ehrbar mehrt, und seine Untertanen schützt und fördert, hat rechte Taten getan. Und wer weiß es, ob es nicht eine bessere Tat ist, wenn wir hier dieses Tuch zum Dienste der Kirche sticken, oder auch nur zum weichen Fußtritte eines Greises, als wenn wir Herzogtümer eroberten oder zertrümmerten.«
    »Hohe Frau«, sagte Wentila, »es sind der menschlichen Dinge unzählbare, wie es unzählbare Bäume und Kräuter gibt.«
    »Sie sind«, sagte Agnes, »und Gott leitet sie. Witiko, meine Schwiegertochter hat von dir geredet, mein Sohn hat von dir geredet, und deine Mutter hat mir erzählt, wie gut du bist. Ich habe dich gesehen. Gehe

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